PERISHING MANKIND - 'The Heritage…' Listening Session

Text: Reini
Veröffentlicht am 13.07.2010

Mehr als 40 Monate haben sich PERISHING MANKIND seit der „Wonderland“ CD Zeit gelassen, eine verdammt lange Zeit, aber PM Gitarrist Gernot hat eine passende Erklärungen parat: Der Besetzungswechsel (Drummer Vid ist neu in der Band) hat sicher 9 Monate, wenn nicht sogar mehr der PM‘schen Zeitplanung gekostet. Dann wollte man natürlich dem Vid nicht nur die Chance geben die alten Stücke einzustudieren, sondern war geradezu erpicht darauf zu erfahren wie sein Input in die bereits fertigen Songs aussehen würde. Kurz und knapp sagt Gernot: „Ich muss sagen, gerade im Schlagzeugbereich haben wir uns immens gesteigert.“

Aber nicht nur die Schlagzeugarbeit wurde verbessert, am meisten überrascht war der Rezensent über die Ausnahmeleistung von Sänger Holger Schantl. „Nicht nur Du warst überrascht, auch wir wurden von seiner Ausnahmeperformance geradezu überrumpelt“ meint Gernot, da der PM Sänger nahezu alle seine Parts im stillen Kämmerlein ausgetüftelt hat und seinen Bandkollegen das fertige Produkt dann quasi erst auf dem Silbertablett serviert hat.

Die Feststellung, dass man ein zehn Minuten dauerndes Instrumental auch nicht jeden Tag auf ein Album packt kommentiert Gernot mit einem trockenen „Wir machen alles“! Wobei er nicht vergisst darauf hinzuweisen, dass es sicher ein gewisses Risiko sein mag, aber der Track bewusst so aufgebaut wurde, dass er den Hörer zu keiner Sekunde langweilen wird! Hier spricht der Verfasser die Nähe zu diversen METALLICA Instrumentalnummern an und fügt hinzu, „Remember“ hätte perfekt auf „Death Magnetic“ gepasst, was Gernot ein kurzes „Geil“ entlockt!

Aber und darauf muss Gernot Oreski auch hinweisen, PERISHING MANKIND möchte auch berechenbar bleiben, darum findet man auf „The Heritage“ mit dem Track „Another Sad Day“ die quasi Fortsetzung des Ausnahmesongs „Sad Day“, der bewusst auf seinem Brudertrack aufbaut! Der heimliche Hit auf „The Heritage“ ist jedoch „Old Man“, was beim PM Gitarristen ein erstauntes „Wirklich?“ hervorruft, auch weil die Band den Song noch nie zusammen gespielt hat, was auch darauf hindeuten lässt, dass der alte Man wohl nicht wie von mir angekündigt der zukünftige Live Hit werden wird. Weil er – man höre und staune – gar vor Veröffentlichung schon als das ungeliebte Kind der Steirer bezeichnet wird…

Im weiteren Verlauf plauderten wir über Reifeprozesse, dass die Band sich nach der „Wonderland“ CD zusammengesetzt hat um die zukünftige Ausrichtung zu debattieren. Das Ergebnis dieses runden Tisches war die Einsicht mehr zu üben, sich selbst in den Hintern zu treten und das Ganze war schlussendlich auch der Auslöser für „The Heritage“! Die Band hat wie die Deppen geübt, die Ideen sind nur so gesprudelt und zu Beginn waren PM gar nicht in der Lage die Ideen umzusetzen! Was weitere Proben und Übungssitzungen mit sich zog und damit endete, dass man tatsächlich solange geprobt hat, bis man die selbstauferlegten Vorgaben auch exakt umzusetzen in der Lage war. Das sei der bandinterne Reifungsprozess gewesen, was auch zur Folge hatte, dass man ewig lange an den Songs herum getüftelt hat, bis jedes auch noch so kleines Detail gepasst hat.

Die Aufnahmen in den Hinterhof Studios in Wien hatte hauptsächlich den Grund um einen Tapetenwechsel herbeizuführen, nachdem die beiden Vorgängeralben in Zusammenarbeit mit Noisehead Records Labelboss Mario Jezik entstanden sind. Den angesprochenen Tapetenwechsel muss man aber insofern relativieren, dass Gitarren und Bass von der Band quasi zu Hause in Eigenregie aufgenommen worden sind und bei Norbert Leitner in den Hinterhof Studios nur mehr das Reamping passierte.

Selbstverständlich wurden alle Schlagzeugspuren und der Gesang zusammen mit Norbert Leitner umgesetzt, der gerade bei Ersterem einen immensen Input hatte und mit seiner Meinung zu den jeweiligen Parts nicht geizte. Das Thema Sound war sowieso bei der nun dritten Langspielplatte aus dem Haus PERISHING MANKIND ein immens wichtiges und daher wurde auch relativ zeitintensiv an selbigen gewerkelt, was darin gipfelte, dass man einen ganzen Tag dafür aufwendete nur an den schon gemixten Songs fein zu tunen.

Jetzt aber genug der langen Vorrede, hier sind sie die insgesamt 12 Songs von „The Heritage“ aus dem Hause PERISHING MANKIND, zusammengefasst nach einer einmaligen Listening Session in den ehrwürdigen Hinterhof Studios in Wien:

The Heritage
Der Titelsong ist ein gefühlvolles, klassisches Intro, der direkt übergeht in den ersten regulären Track

Warning
Fängt im Midtempo an, ist im Refrain sehr melodisch, Sänger Holger beweist Gefühl und sorgt für Eingängigkeit. Schon nach den ersten Takten erkennt man, dass es sich hier um PERISHING MANKIND handelt, die Band hat es mittlerweile geschafft so etwas wie ihre eigene Note zu erschaffen. Hoch melodisch das Teil, zumindest was den Refrain angeht, die Holger Screams sind aber trotzdem ein wichtiges Stilmerkmal geblieben.

Army
Beginnt sehr basslastig, bevor er in PM bekanntes Melody Riffing übergeht. Holger singt zu Beginn mit leicht verfremdeter Stimme, bevor der Track ein wenig Fahrt aufnimmt! Der eher „strange“ Teil (die Strophe) kehrt wieder, dann wieder etwas flotter, bevor der Refrain wieder die dominierende Rolle übernimmt! Ein kurzes Bassinspiriertes Intermezzo mit Screams unterlegt, bevor der Refrain den Track ausfaden lässt.

Angel
Doublebass Hammer zu Beginn, wieder PM like, gerade Holger drückt der Band mittlerweile relativ dominant seinen Stempel auf, der fette, aber doch heftige Refrain thront über dem ganzen Song. Ziemliches weird Gitarrensolo, das erste wirklich auffallende auf der Scheibe, wenn gleich es relativ kurz ausgefallen ist.

Another Sad Day
Der Songtitel verrät es schon, die thematische Fortführung vom letzten Album, natürlich ist auch dieser Track „anders“, was aber so hört man, völlige Absicht gewesen ist. Holger gefällt mit tieferem Timbre und immensen Gefühl, dennoch kann der Track auch anziehen wenn man so will. Gerade im Refrain frappante Ähnlichkeit zu seinem großen (oder kleinen) Bruder! Obschon „Another Sad Day“ doch härter ausgefallen ist.

I Want
Hölle aber auch! Derartiges Getrümmer ist man von PM in dieser Form bis dato noch nicht gewohnt gewesen, natürlich lässt die Geschwindigkeit dezent, aber doch nach, trotzdem so heftig kennt man PM normalerweise nicht! Irgendwie ziemlich überraschend, aber auch irgendwie saugeil! Auch weil der Refrain sofort hängenbleibt, trotz aller Heftigkeit!

My Love Affair
Beginnt (wieder) mit sattem Bass, bevor Drums und lese Gitarren dazu kommen. Holger mit Sprechgesang, extrem tief und bösartig, idealer Kontrast zur lieblichen Ausrichtung. Der Gesang wird verrückter, die balladesken Gitarren bleiben weiter dominierend, ebenso diese verrückte Stimme. Hammer Refrain, auch weil das Grundgerüst darunter extrem catchy ist, dennoch enthält der Song neben der verrückten Ausrichtung noch genug Härte.

Baptism
Komplettes Gegenstück zur „Love Affair“, beginnt ultra schnell, lässt etwas nach, Holger kreischt um sein Leben, generell eine Hammerleistung des Vokalisten auf dem ganzen Album, ungemein variabel in seiner Ausrichtung, quasi die ideale Umsetzung der ihm vorgelegten Stücke.

Lullaby
Das (ich zitiere!) Wiegelied des Albums!
Dominante Double Bass Drum, die den Contrapart zu den immens melodischen Gitarrenlinien darstellt. Der Track bleibt eher verhalten, lediglich die Stimme versprüht unbändige Härte. So zuckersüß wie angekündigt ist der Track gar nicht, von der Grundthematik tief im hypermelodischen DM Bereich angesiedelt, ist es wieder einmal die Stimme, die dominiert. Zum Ende hin wird noch etwas mit verzerrter Stimme gearbeitet, bevor das eingängig-melodische Gitarrensolo das Heft in die Hand nimmt.

Remember
Ein 09:22 Minuten dauerndes Instrumental Stück. Völliges Neuland für PM! Hat gerade zu Beginn ziemliche METALLICA Tendenzen („Orion“ lässt grüßen!). Sicher ein gewagtes Experiment, es gibt wenige Bands, die auf knappen 10 Minuten lediglich instrumental zu überzeugen wissen, PM schaffen dieses Kunststück mit Bravour, zig Windungen, Gitarrensoli wohin das Auge reicht, immer wieder gibt es Neues zu entdecken, obwohl das Grundthema wird immer wieder gekonnt eingeflochten wird, natürlich darf auch ein verträumter Akkustik Part samt Synthies Untermalung (das erste Mal in der PM Historie!!!) nicht fehlen! Ohne Scheiß, das Stück hätte auch perfekt auf „Death Magnetic“ gepasst…

Old Man
Überrascht mit einem hoch melodischen Sangeseinstieg, im Midtempo gehalten, extremer Stampfbeat am Schlagzeug, wieder diese leicht psychotischen Züge in der Stimme, wunderbarer Refrain, wohl DIE Livehymne der Zukunft, auch weil der Track nach ca. 10 Sekunden sofort kleben bleibt!

…of Perishing Mankind
NICHT die Fortführung von „The Heritage…“, sondern ein Gitarren, Drum, Bass Outro mit zig Gitarrenspuren, der einen wieder runterkommen lässt, zwar leicht Fahrt aufnehmen darf, die akustische Schiene aber eine ungemeine Dominanz innehat, bevor die Streicher den finalen Akkord

Fazit: Dass es sich hier um PERISHING MANKIND handelt, erkennt man sofort in der Eröffnungsnummer „Warning“, dennoch haben es die fünf aus der grünen Mark geschafft den bandinternen Reifeprozess auch in dementsprechende Kompositionen und Arrangements umzusetzen. Wie wertvoll „The Heritage“ dann wirklich sein wird, das wird erst der Langzeittest aussagen können. Die Ersthörprobe sorgte schon mal für ziemliches Erstaunen!


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