Funeral-Doom-Reise: Etappe 26: Kanada I

Text: Jazz Styx
Veröffentlicht am 16.02.2023

Intro

Funeral Doom ist endlos traurige Langsamkeit, verzweifeltes Winseln aus einer schroffen Kluft, die von pfeifenden Winden durchrauscht wird, das tiefe Nichts der Wüste, des Alls, der Tiefsee und immer auch der menschlichen Seele. Funeral Doom ist Düsternis, Nihilismus, Tod. Funeral Doom ist wundervolle Musik!
Auf unserer Weltreise haben wir uns bereits dem Funeral Doom auf fast allen Kontinenten gewidmet. Nur die Amerikas fehlen noch. Und so schleppen wir uns qualvoll langsam durch die Weiten des endlos langen Doppelkontinents, um so viele Funeral-Doom-Bands und -Projekte zu hören und euch vorzustellen wie möglich.
Unseren Datensatz entnehmen wir der Encyclopaedia Metallum und versuchen jeder Band des Begräbnisgenres unsere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die grob in den letzten fünf Jahren aktiven Output produziert hat.
Haben wir eine Band vergessen? Hat sich eine Band in ihrer Trveness zu gut vor uns versteckt? Schreibt uns!

Kanada

Kanada scheint wie gemacht für Funeral Doom: Kälte, Weite, wenig Menschen und viel Natur, die so weit nördlich ziemlich unbarmherzig werden kann. Wir können also gespannt sein, was Kanada bereithält: einsame Schrate in verschneiten Wald oder auch ganze Bands auf Bühnen?

ALTARS OF GRIEF

ALTARS OF GRIEF (dt. Altare der Trauer) legen seit 2019 eine Pause ein. Davor haben sie – zuletzt zu fünft – in circa sechsjährigem Bestehen zwei Alben herausgebracht. Das letztere trägt den Titel „Iris“, erschien 2018 und bietet eine tief emotionale Stimmung, ohne sich allzu sehr in die Extreme zu begeben. Dem Funeral Doom, den sie selbst „Prairie Doom“ (dt. Prärie Doom) nennen, mischen sie zwar einiges an Black Metal hinzu, aber auch nicht weniger ruhige Rock-Elemente. So bilden die kontrastierenden Stimmen, kalter Klargesang und bittere Gutturalvocals, eine schmerzhaft schöne Harmonie. In ALTARS OF GRIEF reinzuhören, lohnt sich – auch mehrfach! Es wäre schade, wenn das Projekt für immer beendet wäre.

ATRAMENTUS

2012 entstand die Idee für ATRAMENTUS. Philippe Tougas, der Kopf der Band, soll die Idee für das wegen der langwierigen Suche nach passenden Bandmitgliedern erst 2020 herausgebrachte einzige Album „Stygian“ (Cover von Mariusz Lewandowski, R.I.P.!) bei einer Wanderung in einem Wintersturm gehabt haben. Doch auch wenn die Platte durchaus naturgewaltige Wucht besitzt, geben ihr Keyboardklänge eine sakrale Dark-Ambient-Stimmung und Schmerzensschreie etwas Verzweifeltes, dadurch aber Menschliches, also der nihilistischen Natur Entgegengesetztes. Man kann sagen, dass ATRAMENTUS die Dreiheiligkeit des Funeral Doom – Sakrales, Naturgewalt, Verzweiflung – vereint haben, aber man könnte ihnen auch vorwerfen, sich nicht entscheiden zu können. Entscheide selbst und hör' rein!

CREMATORY ASH

Suhlen wir uns in der Krematoriumsasche von CREMATORY ASH! Das Trio hat bis auf ihre Debüt-EP „Approach“ (2017) noch nichts veröffentlicht. Darauf geht es vor allem roh zu: Dröhnen, Drums und drakonische Vocals voller Schmerz. Das ist ein legitimer Ausdruck ungezügelter Emotion und dadurch durchaus wertvoll, aber künstlerisch scheinen mir CREMATORY ASH noch am Anfang ihrer eigenen Funeral-Doom-Reise zu stehen.

ETERNAL RUST

Über die Einordnung von ETERNAL RUST (dt. ewiger Rost) als Funeral Doom Metal kann man sich streiten, da die Klänge auf dem 2020er Debütalbum „Wood's White Mantle“ (dt. der weiße Mantel des Holzes) mehr nach Folk Rock als nach Metal klingen – mit viel gutem Willen Post-Metal. Regen und Trauer gibt es aber reichlich. Allerdings auch Geflüster. Wer Funeral-Doom-Stimmung mag, aber keinen Metal sucht, wird hier vielleicht fündig, jedoch nicht in allzu hoher Qualität. Das One-Man-Project von Rust Hammer nimmt mit der 2021 erschienenen EP „I Died Here“ eine Wendung hin zum Funeral Doom. Der ist in vielerlei Hinsicht typisch, solide gemacht und muss sich nicht verstecken, wenngleich er auch nicht herausragt.

EUPHEMISM

Auch bei EUPHEMISM handelt es sich um ein Soloprojekt. Und auch das dazugehörige 2020er Demo mit dem dadurch humorvoll anmutenden Titel „Gathered Here Together“ (dt. hier gemeinsam versammelt) steht noch solo da. Darauf ist reichlich kratzender Gitarrensound, Geklimper und eigenwilliger Gesang zu hören. In meinen Ohren klingt das halbroh und daher auch eher nur halbgar. Es fehlt wohl nicht an Tiefgang, aber doch an Tiefe, an Schwere, schlichtweg an Bass.

GOSPEL OF DEATH

Kirchengesang des Todes gibt es von GOSPEL OF DEATH. Dieser Vertreter der Beerdigungsmusik gehört zu denen, für die ein Musiker ausreicht. Der flüstert gerne, lässt sich gern mit ungewöhnlichen Musikinstrumenten ablichten und trägt gern Maske. Auf dem Debütalbum „We Are Only Here To Suffer“ (dt. wir sind nur hier um zu leiden) kommt naturgemäß wenig gute Laune auf. Dafür ist die Platte durchsetzt mit vielseitigen Vocals von Zischen und Grollen über gesprochenes Wort bis Schmerzensgeschrei. Bemerkenswert, wenn auch gewöhnungsbedürftig, ist bei GOSPEL OF DEATH der Einsatz eines ungewöhnlichen, mir unbekannten Saiteninstruments.

Das war der erste Abschnitt auf unserer Funeral-Doom-Reise durch Kanada. Da wir aber nur bis G gekommen sind, kann man sich ja denken, dass wir noch mehr als einmal hierher zurückkehren werden.

Alle Etappen unserer Funeral-Doom-Reise gibt es hier.


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