Flusensieb #39 - 10 kurze Plattenreviews

Veröffentlicht am 10.01.2021

Das Flusensieb hat sich ins neue Jahr gerobbt, das erste Fresskoma überwunden und die ersten Jahresvorsätze schon gebrochen. Warum also nicht weiter machen wie bisher? Also dann, gibt es erneut zehn hübsche, spannende oder wundersame Beiträge aus den Bereichen, die es wert sind, geschützt, gerettet und vor dem Aussterben bewahrt zu werden. Hier also Flusensieb-Beiträge 618 - 627. Dieses Mal mit dabei: Die kleine melancholische Nachtmusik, Prog von der grünen Insel, EP-Einblicke in die Hammond-Motown-Welt, düstere Romantik aus der Slowakei, ein weiblicher Prog-Anstrich, Begleitmusik für Massenmörder und alle, die es mal werden wollen, nächtliche Laser, Cookie-Monster-Death-Metal aus Amerika, kuscheliger Post-Grunge und traditionelle Metal-Attacken. Gebt euch, hier werden Sie geholfen!

 


 

MIDNIGHT PRIEST - Aggressive Hauntings

Eigentlich schon letztes Jahr erschienen und damals eines meiner persönlichen Highlights, wurde MIDNIGHT PRIESTs Album „Aggressive Hauntings“ 2020 nun auch auf von Dying Victims Productions auf Vinyl veröffentlicht. Der mittlerweile dritte Longplayer der Portugiesen punktet mit astreinem, energiegeladenen, traditionellen Metal. Nach dem theatralischen Einstieg attackieren sie den Hörer gnadenlos wie die ominöse Figur im Spiegel. Von Sänger Lex Thunder, der perfekt zur Band und ihrem Sound passt und mit dessem Gesang sich wahrscheinlich auch Leute anfreunden konnten denen Vocals im King Diamond-Stil zu schrill wären, hat man sich heuer leider getrennt. 5/5 BS

 


 

GUNS FOR GIRLS - Blood Harmonies

Als bekennende Pazifistin bin ich gegen das Führen von Waffen, den Engländern ist dies natürlich voll egal und so ballern sie aus allen Rohren auf die Gehörgänge. Warum drei Männer diesen Bandnamen gewählt haben, wäre sehr interessant, ansonsten sollten sie Werbungskosten vom gleichnamigen Hersteller anfordern. Das erste Schulkind wird mit satten 13 Jahren Erfahrung auf den Markt geschickt und das merkt man auch sehr deutlich. Kuscheliger Post-Grunge mit Rock und ungenuschelten Texten. Klingt ein wenig wie BUSH in the good old times. Bei „Where Is The Sun“ reicht ein Blick nach draußen um festzustellen, da ist sie nicht. Völlig relaxt kommt „You Are The Gunfire“ daher gezuckelt, um mit „You Get What You Give“ eine große Wahrheit aufzuzeigen. (SV)

 


 

SHED THE SKIN - The Forbidden Arts

Album Nummer drei auch von der amerikanischen Death Metal Combo SHED THE SKIN. „The Forbiden Arts“ dürfte Freunde des Genres erfreuen, wer aber wenig mit Cookie-Monster-Gesang anfreunden kann, wird sich trotz der durchaus anspruchsvollen Songstrukturen und Melodien nach wenigen Songs schon langweilen. In Songs wie „Skeletal Firestorm“ oder „Glorified In Bloodsmoke“ sollte man trotzdem reinhören. Musikalisch entwickelt sich die die Band langsam immer ein bisschen weiter – ähnlich wie die Albencover, wobei es bei denen noch extremer ist. Da ist von Anfang an ein eigener Stil zu erkennen gewesen, der mit jedem neuen Release verfeinert wurde. (BS)

 


 

BASEMENT TORTURE KILLINGS - Lessons In Murder

Von Waffen zu Massenmörder-Fans. Die Engländer schrecken auch vor nix zurück. In Anlehnung an den BTK-Killer wurde wohl der Name etwas abgewandelt und schon werden ein paar Songs über die Abgründe der menschlichen Seele geträllert. Man erwartet regelrecht, die Geräusche der Kettensäge, die durch Knochen fräst im Hintergrund zu hören. Gut, ich sollte jetzt keine Anleitungen für solche Kulissen geben. Wer also auf Grindcore mit morbidem Hang zu plötzlichen Anfall von Tod steht, und evtl auch noch eine Idee zur Beseitigung von unliebsamen Zeitgenossen sucht, hört hier ziemlich richtig. Ob mit „Exercising Your Dominance“ oder „Erotophonophilia“ bis zu „Resolving The Body Problem“, trieft es hier vor Blut und geshredderten Stimmbändern. (SV)

 


 

NIGHT LASER - Power To Power

„Power To Power“, das ist nicht der Titel eines neuen ANVIL Albums, auch wenn es danach klingt, sondern das neue von NIGHT LASER. Insgesamt vielleicht einen Tick schwacher als „Laserhead“, gibt es doch einige Highlights und zeigt sich das Talent der Beteiligten. Auch Neuzugang Tönjes (das wohl einzige Mal, dass man diesen Namen in einem positiven Zusammenhang hört) brilliert immer wieder mit geilen Soli, wie etwa in „Blind Man's Reign“ - eines der stärksten Stücke auf „Power To Power“. Da hätte es den Gastbeitrag von Gerre im Opener „Street King“ gar nicht gebraucht, um auf sich aufmerksam zu machen. 3.5/5 (BS)

 


 

GOLDRAY - Feel The Change

Auch auf seinem zweiten Album zelebriert das Londoner Duo GOLDRAY hervorragenden psychedelischen, phasenweise äußerst sphärischen 70s-Rock mit leichtem Prog-Anstrich. Sängerin Leah Rasmussen glänzt mit ihrer kräftig-klaren, stellenweise aber auch charismatisch-rauchigen Stimme. Die herrlich aus unserer aktuellen Zeit fallenden acht Stücke laden zu einer knappen Dreiviertelstunde schwelgendem Musikgenuss ein, den sich Retro und Psychedelic Rock Fans nicht entgehen lassen sollten. (EL)

 


 

GLOOM - Awaken

Mit „Awaken“ werfen die Slowaken GLOOM ihr drittes Album auf die Plattenteller. Im Fahrwasser des Gothic wollen sie ein wenig Düsternis mit viel Romantik verbreiten. Dramatische Melodien werden durch Martins angenehme Gesangsstimme gut untermalt und auch durch Chor-Einsprengsel wie bei „Broken“, oder weibliche Gesangsparts (Marcela in „Hollow“) aufgelockert. Die gut eingesetzten Gitarrensoli lassen das Ganze nicht zu sehr ins Jammertal abgleiten, und die Drums geben eine gehörige Portion Speed drauf. Also eher Melodic Metal? Tipp des Albums: „Bleeding In My Arms“ (SV)

 


 

MANDO DIAO - All The People

„All The People“ haben sicher nicht auf ein neues Album von MANDO DIAO gewartet, aber die noch verbliebenen Fans dürfen sich freuen. Die Erwartungen waren nicht hoch, aber die EP ist wirklich gelungen. Musikalisch gibt es hier viele Anleihen an die Musik der Mitte bis Ende 1960er Jahre: die Gitarrenmelodien, Reminiszenzen an den Sound de Hammond Orgel, ein klein wenig Motown. Auch Björn Dixgards Stimme, die ein bisschen an soulig-samtige Popstimmen wie Gary Puckett erinnert, passt ideal zu diesem Stil. Aber alles doch in neuem Gewand. Kein Mainstreamzeugs und keine rockigen Nummern, aber wunderschöne, gefühlvolle Musik. 4.5/5 (BS)

 


 

SECTILE – Falls Apart

Bleiben wir im Norden und springen auf die grüne Insel, auf welcher außer Schafen auch Progressive Metal gut wächst. SECTILE liefern mit „Falls Apart“ einen guten Mix von Prog mit Heavy Metal und einer guten Dosis Schwermut ab. Die Magennerven schwingen von entspannten „Black Cloud“ bis hin zu harten Parts („Boreal Void“) und alles bleibt im Fluss. Ohrwürmer wurden keine entdeckt, nur ein paar nervenzerfasernde Parts, aber für einen chilligen Abend ist es allemal zu empfehlen. (SV)

 


 


NACHTGREIF – Schattenwandler

Gothic meets Metal und deutsche Texten – ein Träumchen. Melancholie der härteren Gangart und Texte, die eine breite Empfindungspalette von „Angst“ bis hin zu sozialkritischen Themen bieten, lassen einen nicht nur die Musik hören sondern auch die Texte fühlen und ein wenig nachdenklich im Sessel zurück lehnen. Eigentlich braucht man bei NACHTGREIF nix mehr sagen, lasst einfach den Thorsten sprechen, „Bis kein Licht mehr scheint“. Tipp des Albums: „Eisige Schönheit“ (SV)

 


 

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