Reviews, Benotungen, Besprechungen und stampfende Hobbits

Veröffentlicht am 12.12.2020

Ich kann mich noch Zeiten erinnern, in denen wir nach dem Kauf des Rock Hard zu aller Erst die Reviews mit den schlechten Benotungen durchgelesen haben, weil die einfach am unterhaltsamsten waren. Wahre Perle des Dortmunder Lokaljournalismus führten dazu, dass wir uns am Boden rollend die damals noch nicht vorhandenen Bäuche gehalten haben. Die einst kultige Redaktion spielte verbal mit den Veröffentlichungen auf eine Art, die zwar knallhart aber eben auch unpackbar lustig war.

Mittlerweile gibt es unzählige Zines im internationalen Netz und beinahe jedes bewertet ihre Reviews mit Noten. Ob das 0 - 5 oder 0 - 10 ist, ist egal, Im Endeffekt, ein Album, eine EP, eine Kassette, eine Schallfolie, eine Wachsrolle lässt sich einfach mit einer Note bewerten und der/die Leser*in weiß zumindest ungefähr, wo der Schreiberling seiner Ansicht nach den Release sieht. Gut, schlecht, mittig, wie auch immer.

Jetzt beobachte ich seit einiger Zeit, das vor allem auf YouTube Beiträge gelauncht werden, die sich äußerst kritisch mit Reviews beschäftigen (exemplarisch sei hier der Beitrag des Kollegen Hux Humaldo genannt) und diese sind durchaus legitim und interessant. Interessant weil man verschiedenste Blickwinkel betrachten darf und immer wieder Erkenntnisse aus diesen Beiträgen zieht, die einem, die mir vorher vielleicht nicht bewusst waren.

Es gibt hier mindestens Zwei, wohl aber mehrere Ansätze. Der Erste verlangt ein Review mit Benotung. Das sind klare Linien an denen man sich ohne eine möglicherweise ausufernde Interpretation des Textes erstmal orientieren kann. Damit bin auch ich aufgewachsen, im Rock Hard, im Horror Infernal im Metalhammer. Es gab Noten, ein paar Zeilen und man war entweder angefixt oder nicht. Oder es gab keine Benotung des Reviews. Das ist im Metal so gut wie nicht existent, eher in Zeitschriften wie es das Spex einst war. dort wurden halbseitige Abhandlungen über Alben verfertigt, die man nach dem Lesen des Reviews gar nicht wirklich als das besprochene Album erkannt hat. 

Das passiert natürlich auch in unserer Musik, man denke an angrymetalguy, eine von mir sehr geschätzte Seite, aber bisweilen bin ich mir nicht sicher, ob die besprochene Scheibe und der Inhalt dasselbe meinen.

Reviews, Rezensionen, Besprechungen gibt es in allen Arten und Formen der Kunst und seit die ersten Menschen ein Laienspiel aufführten und ein erzürnter Assyrer eine Tontafel in die Hand nahm und in Keilschrift harsche Worte über das Dargebotene niederschrieb. Diese hängte er dann wohl an eine Stelte und stampfte schnaubend davon. Oder, wenn eine gutaussehende Mimin die Bühne niederriss, einen 4-Kilo-Ton-Fließtext, der ihre sagenhaften Leistungen und die ebenso sagenhafte Figur bejubelt. [Anm. d. Lekt:. I see what you did there...] Wie auch immer.

Liest man Buchrezensionen bin ich ab und an beinahe neidisch, dieser Umgang mit dem Wort, dieses Formen eines Satzgewebes ist etwas, wozu man wohl einen größeren Geist als den Meinen bräuchte. Auch in der klassischen Musik ist das ähnlich.

In der Populärmusik, und dazu gehört der Metal auch, kann man da intellektuell schon etwas bodennäher agieren. "Bockstark", "granatenstark" oder "immersiv" sind Adjektive, die man gerne aus der Hand werfen kann. Das ist jetzt nicht notwendiger schlechter, aber eben anders. Musikreviews im Metal reduzieren sich halt leider manchmal auf wenige Merkmale. Und da nehme ich mich selber auch nicht aus. Der Sound, das musikalische Können, das Cover, möglicherweise die Lyrics. Passt.

Wozu also dieser Text? Ich hab mir eben Gedanken gemacht, ob es Sinn macht, Reviews zu schreiben, diese zu benoten oder eben nicht.

Benotungen sind mittlerweile beinahe sinnlos, bei uns Stormbringern ist mittlerweile ein 3,5/5 schon ein Totalverriss und es gibt Leute die wohl nie unter 4/5 benoten. Nicht mein Problem, auch wenn es mich ärgert und die Leser die Noten immer weniger ernst nehmen.

Keine Reviews? Gut, dann brauche ich auch keine Zines mehr, sind doch Rezis der Großteil des Portals. 

Ich für mich behalte es gleich, verwende das volle Spektrum der Noten und schreib mir meine Gefühle beim Hören des Albums vom stählernen Herzen.

Gerne aber würde ich euch, meine lieben Leser fragen, wie ihr das seht. Es würde mich freuen, wenn ihr die Kommentarspalte benutzt oder mir direkt eure Ansichten zum Thema Reviews schreibt.

Euer CW aus BS

 

 


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