Flusensieb #35 - 10 kurze Plattenreviews
Das Flusensieb - Wieder glitzert es in der Ablage. Und wo es noch etwas Glitzerndes und Leuchtendes zu holen gibt, da machen sich unsere musikalischen Elstern an die Arbeit, denn hier wird nichts verschwendet. Diese Sondierungsarbeiten brachten nun Kurzreviews Nummer 578 - 587 noch einmal ans Tageslicht. Dieses Mal im Programm: Osteuropäer zum Ausklinken aus dem Alltag, maritimer NWOBHM, Death Metal-Frühsport, Synth-Kombi mit alles, irischer Guinness-Folk, belgischer Psychodelic Rock mit Metal-Schlagseite, Gummihammer-Power-Schlachtenbummler, grooviger Göteborg-Modern Metal, fröhlich-brasilianischer Goth Metal und noch irgendwas mit tödlicher Melodie und Sci-Fi-Metall.Viel Spaß!
MONUMENTUM DAMNATI - In The Tomb Of A Forgotten King
Die internationale (Osteuropa) Combo MONUMENTUM DAMNATI wurde 2018 gegründet und ist somit noch recht frisch auf dem Markt. Nach einer Single in 2019 hat man nunmehr sein Debütalbum veröffentlicht. In den 90ern haben wir diese Art der Musik Gothic Metal genannt, heute firmiert der Sound unter dem Label Melodic Doom/Death Metal. Und Anhänger von DRACONIAN, SWALLOW THE SUN oder auch THEATRE OF TRAGEDY (Alben eins und zwei) sollten hier wirklich ein Ohr oder mehr riskieren, denn MONUMENTUM DAMNATI machen ihre Sache auf dem ersten Langeisen erstaunlich gut. Traumhaft schöne, melancholische Melodien und tiefer Growlgesang laden zum Ausklinken aus dem Alltag ein. Weiter so, und mehr davon bitte! (EL)
ELIXIR - Voyage Of The Eagle
ELIXIRs zweiter Frühling brachte mehr Alben hervor als die erste Phase der Bandgeschichte. Nach einem zweiten Breakup 2012 tat man sich letztes Jahr (größtenteils in Originalbesetzung) wieder zusammen und Freunde der NwoBHM (Bands wie SAXON und SATAN) können sich auf das sehr gute „Voyage Of The Eagle“ freuen. Thematisch ist das Album maritim gestimmt. Was mit einem Trinksong, „Drink To The Devil“, beginnt wird zunehmend atmosphärischer, bevor mit dem finalen „Evermore“ die Reise wieder in neutralerem Sound beendet wird. „Whisper on the Breeze“ könnte auch Fans von Bands wie GATEKEEPER und DARK FOREST gefallen. (BS)
NECROPSY (FIN) – Exitus
Death Metal zum Frühsport – kommt sofort. Mit vier Tracks ist „Exitus“ recht übersichtlich, aber ein Ohrenschmaus für Tief-Ton-Fetischisten dank Tero. So tief komme ich nicht mit meinen Kniebeugen! „Fucking Dead“ schallt fröhlich aus den Boxen und lässt den Herzschlag auf ein Minium sinken – im Gleichklang des schön düsteren Drumsets. Wer eine kleine Anspornhilfe benötigt, lässt auf „Butcherado“ vorspulen und gibt es sich ordentlich stampfend und genießt einfach. NECROPSY haben in den vergangenen Jahrzehnten einiges an Veränderungen durchgemacht – vom Namen bis zur Besetzungscouch – und zwischendurch auch gerne mal eine künstlerische Pause von knapp 18 Jahren eingelegt. Die Finnen mögen es gemächlich. (SV)
SPACE OF VARIATIONS - XXXXX
Nach einer Tour mit JINJER (Tourbericht hier) und ihrer neuen, über Napalm Records veröffentlichten, EP "XXXXX" (kein Platzhalter, sondern tatsächlich der Titel) haben die Ukrainer SPACE OF VARIATIONS einen Karrieresprung gemacht und sind im Bekanntheitsgrad um einiges aufgestiegen. Moderner Metal, Metalcore, Synthesizer und Hardcore-Einschläge werden mit wütenden Growls zu einer treibenden Sound-Mixtur vermengt, Cleanvocals sorgen für Sing-A-Long-Charakter. Leider hat es die Band mit den Effekten an manchen Stellen zu gut gemeint, wodurch der eher generische Sound nicht wirklich Aufwertung erfährt. Einige gute Ansätze lassen sich aber finden, um die Vier weiter im Auge zu behalten. (AO)
ROME - The Dublin Sessions
Ein Guiness am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen, wussten schon die alten Iren. Wer sich wie im Pub fühlen möchte, ohne den gemütlichen Sessel zu verlassen, liegt mit ROME goldrichtig. Heimelige Musik rinnt förmlich die Kehle hinunter und das von einem Luxemburger (Jerome Reuter), der aber definitiv nen irischen Barden im Blut hat. Kein Rock, kein Metal – astreiner Folk mit Herz und Statement und ohne Brimborium. Für „Evropa Irredenta“ hat sich der schwedische Superstar THALSTRÖM an Bord geschwungen. Goosebumps garantiert – ohne Nightmare. Bei „Vaterland“ werden düstere Gedanken über einen kommenden Krieg thematisiert. Hoffen wir, dass dies nur eine Reminiszenz der Vergangenheit bleibt. Sláinte na bhfear agus go maire na mná go deo!! (SV)
BATTLE BORN - Battle Born
Wenn da nicht die Trveness höchstselbst neidisch wird! BATTLE BORN marschieren auf wie eine Fünf-Mann-Armee, mit musikalischen Plastikschwertern und Gummihämmern in den eisernen Griffen, während sie auf ihrer gleichnamigen, von Skyrim inspirierten EP lauthals, mit ordentlich Zucker und einem gewissen künstlich-plastischen Anteil um Anhängerschaft rufen. Der Sound wirkt zum Teil etwas künstlich, aber der Unterhaltungswert liegt dennoch auf hohem Niveau, sodass BATTLE BORN keinerlei Sorge haben sollten, die nächste epische Schlacht gegen alle allzu Trve-Jünger zu gewinnen – oder zumindest den nächsten Trinkwettbewerb beim „Glory, Battle, Hammer, Sword“-Saufen. Glorreich unterhaltsam! (lisi)
PSYCHONAUT - Unfold The God Man
Wenn MASTODON, BARONESS und AMENRA eine heiße Nacht miteinander verbringen würden, die nicht ganz ohne Folgen geblieben ist, würden PSYCHONAUT aus Belgien als Produkt daraus hervorgehen. Eigentlich im Psychedelic Rock angesiedelt und von PINK FLOYD und LED ZEPPELIN inspiriert, weist das Trio aber auch ordentlich Metal-Schlagseite auf und präsentiert sich mit Post- und vielen weiteren Elementen mal brachial-mitreißend, mal atmosphärisch-nachdenklich. Das Konzeptalbum um die Erkundung des menschlichen Bewusstseins ist philosophisch, hypnotisierend und einnehmend. Anspieltipps: "Sananda" und "Halls Of Amenti". (AO)
WOE GOTHENBURG - Too Late Too Loud
WOE aus Göteborg (nicht zu verwechseln mit den Black Metal Amis WOE) zocken schon seit 2008 fetten Stoner Rock, scheuen sich aber auch nicht, moderne Metal-Versatzstücke in ihren erdigen Sound einzubauen. Nach dem Debüt „It's Woe Time“ aus dem Jahr 2015 ist der aktuelle Longplayer das zweite Studioalbum der Schweden. Und hier regiert der Groove! Ein mitreißendes Riff nach dem anderen hauen uns WOE auf „Too Late Too Loud“ um die Ohren, während man neben klassischem KYUSS-Sound auch Hardcore Elemente und TRIVIUM-Anleihen zu einem schmackhaften Gebräu zusammen mixt. Anspieltipps sind der Groove-Hammer „We Play For You“, der flotte Feger „Bring Me Down“ und der Album-Closer „Your Demons. (EL)
DELIVER THE GALAXY - The Journey
Was die Death Metaller von DELIVER THE GALAXY auf ihrem Zweitwerk „The Journey“ abliefern, ist etwas durchwachsen, von Songs wie „Mind Conflict“, die selbst beim vierten Hördurchgang an einem vorbeiprasseln bis zum Meisterwerk „Setius“, das mit großartigem Arrangement und Melodie aufwartet. Den Song als Single auszuwählen war definitiv die richtige Entscheidung und wird bei einigen das Interesse am Album wecken. Zu den Sci-Fi Lyrics hilft die Hintergrundinfo: „Ihre Alben folgen dabei in einem übergreifenden Konzept dem Protagonisten Natham [?] quer durch die Tiefen des Weltalls bei seinem epischen Kampf gegen die feindselige Alienarmee von Sularis.“ Insgesamt ein gelungenes Album. (BS)
SEMBLANT – Obscura
Brasilianisches Temperament trifft auf Gothic Metal und schwupps klingt das untypisch fröhlich. Da würde selbst der Sensenmann im Takt mitschwingen. Angenehmes Tempo mit Cleanvocal – Growl – Duelleinlagen lassen „Obscura“ nicht nur in der Dunkelheit glühen. Gegründet wurden SEMBLANT 2006 von Sergio Mazul (Sänger) und durchwanderte diverse Stilrichtungen, um schlussendlich mit Melodic Metal und einem Hauch Death dieses dritte Album rauszuhauen. Manchmal sollte man einfach „Left Behind“ wörtlich nehmen und mit „Dethroned the Gods, Control the Masters“ fegt ein wundervolles Intro durch die Ohren. Dass Sergio auch sanft kann zeigt er bei „Mere Shadow“ - sehr sexy. Definitiv kein „Wasteland“!