Homo Metallicus - Metalberichterstattung, quo vadis!?

Veröffentlicht am 27.08.2018

Unlängst stellte Benjamin Fleddern/Seuche/Ernie Fleetenkieker auf seinem Krachmucker-TV-Kanal die Frage, ob es denn noch eine Metalpresse mit damit einhergehenden Plattenkritiken braucht. Im Besonderen bekritelte der FÄULNIS-Chanteur die bisweilen beliebigen 7/10-Punkte-Kritiken die eher vernachlässigbar wären. 

Dies möchte ich zum Anlass nehmen, um kurz die Berichterstattung über unsere Lieblingsmusik zu durchleuchten. Natürlich höchst persönlich und mit keinem Anspruch auf die absolute Wahrheit. Verschwörungstheoretiker möchte ich eher  Richtung Kopp-Verlag oder unzensuriert.at verweisen, ich werde nicht darüber reden, ob der Korpus einer Gibson Les Paul rund oder flach ist oder ob hinter dem Vinyl-Boom eine Verschwörung der OPEC steckt. 

Ich lese seit 1986 diverse Metal-Magazine, mehr oder weniger regelmäßig. Ich habe mit dem Juni 2018 Rock Hard meine Karriere als Leser von Print Medien beendet, weil, tja, warum eigentlich? Hat Ernie tatsächlich recht und ist die Relevanz der einstigen Leitmedien in der Musik oder aber auch der Fanzines am Ende? Und wie sieht es dann mit ihren Nachfolgern, den Myriaden an ´Zines im Netz aus? Und mit dem nächsten Schritt, den YouTube-Kanälen die sich langsam aber sicher vom ewig öden Unboxing neuer Erwerbungen und Top 10-Listen-Videos hin zu originellen Formaten entwickeln.

1986 war es der "Metal Hammer" und die Platte des Monats war VENOMs "Eine Kleine Nachtmusik", ein herrliches Livegerumpel welches für mich generell wie die Jahre 1986 und 1987 eine Wende hin zum härteren Metal brachte. Und von da an pilgerte man monatlich zum Schreibwarenhandel meines Vertrauens, der praktischerweise gegenüber der von mir mehr oder wenig erfolgreich besuchten Schule sein Refugium hatte und eben auch den "Hammer" führte. 1988 kam dann das erste "Rock Hard" welches in einer südweststeirischen Trafik entdeckt wurde, ab und an das "Horror Infernal" und immer wieder kleinere Magazine. Das "Crash" oder das "Heavy... oder was!" folgte, irgendwann dann das "Legacy" und das "Eternity" weil man eine lange Weile gern ganz harte Sachen hörte. Der "Hammer" wurde dank Bertelsmann zur Illustrierten, die "Rock Hard"-Mannschaft zerstritt sich und die Dissidenten gebärten das "Deaf Forever". Warum auch immer...

Im Fernsehen gab es einst auf RTL (!!!) "Mosh" mit Sabina Classen und Götz Kügelründ, auf Tele 5 "Hard´n Heavy" (Annette Hopfenmüller!!!) und dann auf dem einst noch Musikvideos ausstrahlenden MTV den legendären "Headbanger´s Ball". Dazu aber ein anderes Mal mehr.

Wie relevant, wie wichtig, wie notwendig ist eine monatliche Berichterstattung in analoger Form also noch? FÄULNIS-Ernie bemängelte in seinem Format die oft sehr beliebige Albumbesprechung und damit einhergehende Benotung? Das Problem liegt unter anderem  in der mit dem Druckwerk kommenden Platzbeschränkung. Rezis mit 200 oder 300 Zeichen können eben nicht wirklich allem gerecht werden und für begleitende Interviews fehlt bei der unpackbaren Veröffentlichungswut die mit der Digitalisierung der Musik mitgeliefert wurde auch der notwendige Raum. Aber sind es nur die bisweilen dürftig ausgepolsterten Reviews die Zweifel an der Relevanz von Musikmagazinen aufbringen? Man könnte anfügen,  dass es wohl nicht Teil 147 der IRON MAIDEN-History im Rock Hard ("Exklusiv-Interview mit dem ledigen Kind des Aushilfefahrlehrers von Steve Harris´ Jugendfreund!") braucht oder das Sich-Zurück-Besinnen auf jede alte Band die irgendwann ein Demo in Mono-Qualität auf einer 23 mal überspielten BASF-90 veröffentlicht hat. Schon gar nicht wenn es die beiden Dortmunder Magazine beinahe im Gleichschritt machen. Brauch ich zwei ROSE TATTOO-Features im selben Monat? Die Antwort ist zumindest für mich offensichtlich. Und muss ich schon wieder zehn Seiten über die unsäglichen ONKELZ raushauen? Oder müssen wir Veröffentlichungen, die in den 80ern und 90ern schon tausendmal besprochen wurden, als "Classics" dem Paarhufer ähnlich noch ein paar mal durch´s Dorf treiben? (ja, ich weiß, auch wir haben ein Metalmuseum, aber als virtuelles Feuilleton ist Platz für uns, im Gegensatz zum papierenen Pendant, kein volatiles Element). Klar, auch die Printpresse muss auf die Quote achten und wenn man sieht, wie massiv die Absätze in den letzten zehn Jahren eingebrochen sind wird auch hier um jeden Leser/jede Leserin gekämpft. 

Heißt das jetzt dann aber auch, dass wegen einer derartigen Berichterstattung Leute in veritablen Mengen ihren Status als Leser aufgeben, gleichzeitig aber wenigstens noch ein paar Verwegene dabei bleiben die eben Berichte über Früher lesen wollen, möglicherweise aus nostalgischen Gründen  oder weil man so herablassend präpotent ist und jedem sagen muss, dass einem "das haptische Erlebnis" wichtig ist? Sehen wir hier den Moment in dem sich lieb gewordene Institutionen überlebt haben. Sehen wir gar das Ende des Printjournalismus?

Wie steht ihr, geneigte LeserInnen dazu? Hat es sich mit dem gedruckten Magazin, dem treuen Begleiter im Eigenheim, am Häusl oder im öffentlichen Verkehrsmittel Eurer Wahl? Die Frage meine ich ernst und mich würde es in der Tat interessieren, ob ihr noch Print-Mags lest und vor allem warum?  Pro, Contra, Dortmund, Fanzine oder in the Internets? Wo holt ihr Euch den stählernen Kick?

 

 

 

 

 

 


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