Flusensieb #19 – 10 mal Metal

Im Auffangbecken für übersehenen Metal finden sich erneut zehn Platten. Fünf Autoren möchten einen kurzen Einblick verschaffen in Welten von chilenischem Oldschool-Todesdoom, ruhiger werdenden Italienern, einem wiedererweckten japanischen Psychedlic-Doom-Monstrum und kanadischen Metallicanern. Bunt geht es weiter mit US-Rap-Metal, italienischem Breitwand-Oldschool-Death und finnischer guter Launen mit Tod und Melodie. Schwedischer Dreampop-Shoegaze-Drone-Stuff, norwegische Depressionen und ein Fußbad aus Art-, Post- und Psychedelic Rock komplettieren dieses Flusensieb. Viel Spaß!

 

EXCORIATE – … Of The Ghastly Stench

Da kommt etwas aus dem chilenischen Untergrund gekrochen, das gar fürchterlich nach Tod stinkt. Doch selbst ist es nicht tot, sondern beeindruckend lebendig für EXCORIATE, die seit über 15 Jahren existieren und noch immer kein Album herausgebracht haben. Der Sound ist roh und schmutzig, lässt aber nichtsdestoweniger auf präzise und hingebungsvolle Musiker schließen, die zu mindestens zwei Dritteln Old-School-Death und zu einem knappen Drittel Doom Metal produzieren. Eher wie ein hässlich eiternder, schleppender Virus als wie eine Walze schlurft die Demo „… Of The Ghastly Stench“ durch die Gehörgänge und verlangt ein zutiefst anerkennendes, aber grimmiges rhythmisches Nicken ab. (jazz)

 

ADIMIRON – Et Liber Eris

Nach einigen Veränderungen im Line-up, unter anderem am Mikro, melden sich die Italiener ADIMIRON mit ihrem fünften Album „Et Liber Eris“ zurück. Das Album kommt etwas ruhiger daher als das, was man von den Italienern in den letzten Jahren gewohnt war. Der neue Frontmann Sami El Kadi beweist sowohl bei den gutturalen als auch den cleanen Vocal-Parts ein kraftvolles Organ und auch der Rest der auf vier Köpfe geschrumpften Band versteht ihr Handwerk – viel mehr weist „Et Liber Eris“ aber leider nicht auf. Ein technisch einwandfreies, aber unaufgeregtes Album, das recht spurlos an mir vorbeizog. (AO)

 

ETERNAL ELYSIUM – Searching Low And High

Nach 12 Jahren neu aufgelegt: Das japanische Psychedlic-Doom-Monstrum „Searching Low And High“ aus der Feder der (in speziellen Kreisen) berühmt-berüchtigten ETERNAL ELYSIUM erlebt hier in seiner Neufassung ein eher unspektakuläres Revival. Bis auf zwei angehängte Bonustracks bietet das Reissue der Platte kaum merkliche Neuerungen. Genrefans und Psychonauten dürfen trotzdem bedenkenlos zugreifen. „Searching Low And High“ zieht auch nach 12 Jahren mit seiner hypnotischen Kombination aus Psychedlic und Doom in seinen unwiderstehlichen Bann und schafft es auch ohne eingeworfene Substanzen, eine eigene Hörerfahrung für sich zu sein. Ich wäre aber auch mit der 2005er Platte zufrieden gewesen. (L.P.)

 

NERVCAST – Locked and Loaded

Toronto, Kanada, nicht lang her, vier lässige Musiker diskutieren: „Lasst uns Musik machen!“ „Yeah! Heavy Metal!“ „Mit ordentlich Thrash!“ „So wie METALLICA!“ „Als sie noch gut waren!“ „Aber auch noch anders.“ „Ja, IRON MAIDEN, JUDAS PRIEST, GUNS N' ROSES und sowas!“ „Wenn wir das machen, dann aber ordentlich und nicht wie ein billiger Abklatsch!“ „OK!“ „OK!“ „OK!“ Gesagt, getan. NERVCAST rocken auf ihrer Debüt-EP „Locked and Loaded“ 15 überwältigend starke, im positivsten Sinne metallicaeske Thrash-Metal-Minuten mit überzeugendem Gesang – sogar im Falsett. Das ist ein Start, der mehr als nur eine Hommage an alte Größen bedeuten könnte. Kritik? Zu kurze Songs! Zu kurze EP! (jazz)

 

ANDREW W. BOSS – Invincible

Rap Metal, ein schwieriges Thema. Von den meisten verhasst, von anderen fast hysterisch verteidigt, liegt das Genre wohl irgendwo zwischen Genie und Wahnsinn. Totkriegen lässt sich das Ding aber sicher nicht, denn mit dem ambitionierten ANDREW W. BOSS und seiner Studioband im Schlepptau ist dahingehend wohl zweifellos für Nachwuchs gesorgt! Was ihr Machwerk „Invincible“ bietet? Nun, in erster Linie einige recht denkwürdige Riffs, teils wirklich hörbaren Rap und massenweise Hooks, die zwischen "Wow, echt toll!" und "Oh mein Gott, mach, dass es aufhört" liegen, ein paar nette Features gibt es auch zu hören. Hit or Miss, würde ich sagen. (DC)

 

EMBRYO – A Step Beyond Divinity

Auch auf ihrem vierten Album „A Step Beyond Divinity“ präsentieren die Italiener EMBRYO breitwandigen Death Metal mit atmosphärischen Parts, immer darauf bedacht, den Old-School-Flair beizubehalten. Mit den kraftvollen Vocals von Frontmann Roberto Pasolini, den (zu kurz gekommenen) Symphonic-Parts und dem erkennbaren Groove liefern EMBRYO durchaus gute Ansätze, die sich jedoch im Laufe der Songs irgendwie nicht so richtig entfalten wollen und den Hörer am Ende des Albums etwas ratlos zurücklassen. Genre-Kollegen wie SEPTICFLESH oder FLESHGOD APOCALYPSE legen die Messlatte aber auch einfach verdammt hoch. (AO)

 

DIMMAN – Guide My Fury

Es dürfte heutzutage ja auch in unseren Breitengraden bekannt sein, dass es in Finnland, besonders in den kalten Monaten, nur bedingt Möglichkeiten gibt, den Frust des Alltages effektiv abzubauen. Was macht man üblicherweise also? Genau, Metal. Etwas Ähnliches dachten sich vielleicht auch die Jungs von DIMMAN, als sie mit den Aufnahmen für „Guide My Fury“ begannen. Der spaßige Mix aus typisch finnischem Melodic Death Metal, vermischt mit ein paar progressiveren Elementen, macht in Wirklichkeit zwar nur wenig merklich „neu“, ist technisch aber mehr als nur gut dabei und macht ordentlich Laune, da könnte durchaus noch was draus werden! (DC)

 

ISON – Cosmic Drone

Schleppender Drone, verträumter Shoegaze/Dreampop, kalter Dark Ambient und ätherische Gesänge verschmelzen zu ISON, einem schwedischen Duo, das 2018 viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen könnte. Eigentlich ist der Sound mit dem Titel der Debüt-EP, „Cosmic Drone“, bestens umschrieben, aber wenn man jetzt noch dazu erwähnt, dass die beiden Protagonisten niemand Geringeres als Heike Langhans (DRACONIAN) und Daniel Änghede (CRIPPLED BLACK PHOENIX) sind, sollten sämtliche Bordalarmleuchten aufleuchten und Fans außergewöhnlicher Musik hektisch die Bandcamp-Seite ansteuern. Viel besser kann man die Kälte, die Schwerelosigkeit und die unendliche Finsternis des Weltalls schlichtweg nicht intonieren. (P.S.)

 

ATENA – Possessed

Mit „Possessed“ präsentieren ATENA ihr drittes Studioalbum, das als 35-minütiges Konzeptalbum angelegt ist und sich mit den Themen Depression, Angst vor dem Unbekannten und den dunkelsten sowie hoffnungsvollen Momenten hierbei auseinandersetzt. Das autobiographische Album wird als Wegweiser der norwegischen Metalszene angepriesen, was die Erwartungen entsprechend hochschraubt. Zwar bieten ATENA in 35 Minuten durchaus Abwechslung – selbst Sprechgesang und elektronische Parts dürfen hier nicht fehlen – die Rechnung der Hoffnungsträger Norwegens in Sachen Metal geht allerdings nicht auf. Technisch gut, reißt aber nicht vom Hocker. Glanzstück des Albums: „Oil Rigs“. (AO)

 

THE BLACK NOODLE PROJECT – Divided We Fall

THE BLACK NOODLE PROJECT klingt albern. Aber nur der Name, denn die Musik der Franzosen ist tief und ernsthaft. Jedenfalls tief genug, um sich nasse Knöchel zu holen. Zum Baden reichen die nur tendenziell angeproggten, mal der spacigen Leere zugeneigten, oft eher elegisch entgleitenden, immer ziemlich ruhigen Klänge zwischen Post-, Art- und Psychedelic Rock kaum. Nur vereinzelt gesellt sich zu den angenehmen, aber unauffällig bleibenden Melodieverwebungen auch Stimmeinsatz. „Divided We Fall“ ist eine eher unscheinbare Platte ohne echte Schwächen, aber auch ohne echte Stärken. Ein durchaus angenehmes Fußbad für zwischendurch. (jazz)

 

Mehr Flusensieb!

 


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