Flusensieb #16 – 10 kurze Reviews

Veröffentlicht am 18.01.2018

Der Flohmarkt des Stormbringers ist wieder da: das Flusensieb. Hier gibt es allerlei spannende Platten-Erfahrungen bei minimalem Leseeinsatz von nur einigen Sekunden! Hier gibt es Post-Rock-Schiffswracks, schaurig-schöne Ruinen, die bluesige Sonne Kaliforniens, einen organischen Film über Trostlosigkeit, eine Wanne voller stinkendem Gedärm, eine Hodentorsion in die Fresse, ein Labyrinth auf Kreta, afrikanische Mythologie, eine Garagenparty und eine Panda-Party mit den übelsten Extrem-Schlagern. Da ist doch für jeden etwas dabei, oder? Viel Spaß!

 

SPECTRAL VOICE – Eroded Corridors of Unbeing

Manche Teile der längst schon unbewohnten Gebäuderuine sind recht einfache, rohe Death-Metal-Gänge mit solider, aber nicht übermäßig interessanter Architektur. Dann sind da die langgezogenen Flure des schnörkellosen Dooms, die in atmosphärische Hallen voller Noise-Rauschen münden und damit den Übergang in die geschwärzten Katakomben herstellen. SPECTRAL VOICE laden mit ihrem Debütalbum nicht in eine alberne Hounted-House-Kulisse ein, sondern lassen den Hörer beeindruckende Ruinen voller gewichtiger Geschichte erkunden. Welche Zimmer dabei beeindrucken und welche nur langweilen? Erfahre es bei einem Besuch in den „Eroded Corridors of Unbeing“! (jazz)

 

SLAMOPHILIAC – Slam Rehab

Gefühlt grunzt der Texaner Darryn Palmer von SLAMOPHILIAC alle paar Wochen irgendeinen Slamming Brutal Death Metal in die Welt. Ein solches Produkt ist das – mittlerweile wohl schon fast nicht mehr aktuelle – Album „Slam Rehab“. Vollkommenes Draufgeknüppel der sauber gespielten Art. Die vielen Features von beispielsweise GAPE und GOREMONGER fügen sich in die musikalische Grunzgurgelmasse ein wie angefaulte Organe in eine Wanne voller stinkendem Gedärm. Also eine gemütliche Platte für die ganze Familie zum gemeinsamen Mitsingen der klar verständlichen Lyrics zwischen den Gängen des Sonntagsmenüs – nicht. (jazz)

 

RIVERDOGS – California

Eine Blues-Rock-Band aus dem sonnigen Kalifornien. Die Band, die es schon seit den 80ern gibt, kommt mit einem Album zurück, das an die ersten Songs ihrer alten Tage erinnert. Keinesfalls heulen oder bellen sich die „Flusshunde“ hierbei durch ihre elf Songs, stattdessen kombinieren sie sanftere Rock-Melodien mit Blues und schicken den ein oder anderen unschädlichen Ohrwurm durch die Gehörgänge. Hier wird mit Classic Rock voll und ganz überzeugt. „California“ von den RIVERDOGS besticht durch sonnigen Sound und ist der perfekte Begleiter für die nun anstehenden, kalten Wintertage. (RV)

 

SUM OF R – Orga

Die zwei Schweizer, die sich gemeinsam SUM OF R nennen, reisen um den Erdball, um einen Film über die Trostlosigkeit zu drehen. Der Streifen hat keine Figuren, keine Handlung und erst recht keine Spannungskurve. Er besteht nur aus Aufnahmen, auf denen sich nichts ereignet. Rauschen, Dröhnen, Monotonie, Tiefe. Manchmal wird das Ziel, organisch zu klingen, erreicht, auf das der Titel „Orga“ hinweisen möchte, manchmal fühlt man sich jedoch eher an die anorganischsten Orte versetzt: Sandwüste, die Leere des Alls, Schneefelder, Tiefsee, Berggipfel, das Nichts vor der Entstehung der Welt. Gut eine Stunde affektarmer bis leicht düsterer Instrumental Ambient. (jazz)

 

UNCOMMON EVOLUTION – Junkyard Jesus

Aus den hohen Bergen von Nord-Montana bringen uns UNCOMMON EVOLUTION ihre neueste Platte, welche auf den Namen „Junkyard Jesus“ hört, mit. Eine Mischung aus Stoner- und Hard Rock macht sie aus. Schon beim Reinhören in den Opener wird man gedanklich zu einer Garagenparty verleitet. Gepaart mit einigen bluesgeschwängerten Elementen und dem erdigen Sound wurde hier etwas Neues, gut hörbares geschaffen. Qualitativ braucht sich die Scheibe nicht hinter ihren großen Brüdern von CLUTCH verstecken. (AB)

 

SATANINCHEN – Panda Metal Party

Satan + Kaninchen = SATANINCHEN. Black-Metaller sehen mit ihrem Corpsepaint aus wie Pandas. Katzen sind süß und böse. Und ein Hauch von Pink. Fertig ist aller Humor, den der vermeintliche Fun Black Metal auf „Panda Metal Party“ zu bieten hat. Wer besoffen mal die Party-Schlager-Edition von SingStar gespielt hat und es dabei witzig fand, statt des Singens schlecht guttural daherzurülpsen, braucht sich nun nur noch vorstellen, dass auch die Songs solide, aber unpointiert in einen Extreme-Metal-Stil konvertiert wurden. Das ist beeindruckend schlecht! Allerdings bin ich davon überzeugt, dass SATANINCHEN das auch weiß und genau daran Spaß hat. Meinen vollsten Respekt dafür, das so durchzuziehen! (jazz)

 

LOST DREAMS – Exhale

CHILDREN OF BODOM meets einen leichten Vibe von Viking Metal! Das umschreibt die Jungs von LOST DREAMS an und für sich ganz gut. Ohne Rücksicht auf Verluste wird auf „Exhale“ alles in Grund und Boden geknüppelt – No mercy! Schon der Opener „Ego“ beschallt uns mit einer Brutalität, die einer Hodentorsion gleichkommt! Nichtsdestotrotz geben die Österreicher ihrer Mucke stets genug Raum für Melodie, was schmissige Hits wie „Lethargy“ unter Beweis stellen (samt Black Metal Anleihen). Schön vielschichtiger Melodeath, um sich mal eben die Fresse wegzuballern! Ein absolut rundes Ding, das mit seiner knackigen Spielzeit von einer Stunde glücklicherweise nie überfordert! (Son.)

 

NEVBORN – Daidalos

Eine EP, ein Song, 18,5 Minuten. Die verbreitete Seichtigkeit des Post-Rock/Metal-Genres, die es zur Hintergrundmusik prädestiniert oder degradiert, wird von NEVBORN gewaltig kaputtprogressiviert, sodass mit „Daidalos“ ein mühsames Stück Musik entstanden ist, das nicht mal eben weggehört, sondern aufmerksam durchlebt, wiederholt und erneut durchlitten werden will. Das ist anstrengend, das muss nicht zufrieden machen, das kann stören, das darf sogar richtig nerven, aber es hinterlässt auch etwas – wie ein schweres Drama und kein tumber Blockbuster. Ob Ikarus der Sonne zu nah kam? Jedenfalls ist „Daidalos“ in THE OCEAN getaucht worden! (jazz)

 

SKINFLINT – Chief Of The Ghosts

Irgendwo zwischen BLACK SABBATH und den Klassikern von IRON MAIDEN pendelt sich das Trio aus Botswana ein. Durch eine außergewöhnliche Mischung aus Heavy Metal und Texten der afrikanischen Mythologie sind SKINFLINT auch international längst kein unbeschriebenes Blatt mehr. Ihr neustes Werk „Chief of the Ghosts“ weiß mit rauem Gesang und groovigen Rhythmen zu überzeugen. Leider wirken einige Passagen schon fast zu einfach und monoton – nichtsdestotrotz eine neue, hörenswerte Mischung! (AB)

 

SHIPWRECKS – Shipwrecks

Das Gerippe eines Segelschiffes, das vor Jahrzehnten auf einen Strand auflief. Seine traurige Geschichte voller Sehnsucht, Freiheit, Enttäuschung und Hoffnung. Das verwitterte Holz, der rote Rost, die toten Muscheln, der helle Sand, die Seepocken, eine eingebrochene Kiste, Algen und ein kleiner Krebs, der hier sein neues Zuhause gefunden hat. Das Kölner Quartett SHIPWRECKS zeichnet mit seinem gleichnamigen Debütalbum mit den Pinseln Post-Rock und Ambient ruhig und tief ein rein instrumentales Bild von beeindruckender Schönheit. Eines von jenen, die allein einen ganzen Tag im Museum rechtfertigen. Hier hat man eine knappe Dreiviertelstunde, um sich zu verlieren. (jazz)

 

Mehr Flusensieb!


WERBUNG: Innfield Festival
ANZEIGE
ANZEIGE