Flusensieb #13 – 10 mal Metal

Veröffentlicht am 13.10.2017

Du! Ja, genau du! Wie, du hast keine Zeit für die komplexe Auseinandersetzung mit dem Metal von morgen? Dann haben wir genau das Richtige für dich. Das Flusensieb fasst kurz oder schnell, präzise oder humorvoll zehn Platten zusammen, die die in der letzten Zeit wahrscheinlich entgangen sind. Lust, deine Lebenslust aufzugeben? Lieber ein bisschen Punk'n'Cat'n'Roll feiern oder Speed-Thrash-Klassiker re-genießen? Auch einen Mathcore-Deathgrind-Fight und Glam sind im Angebot. Oder das tristeste Meeresrauschen, das du je gehört hast! Wühl dich durch die Auslagen! Viel Spaß!

 

CHELSEA WOLFE – Hiss Spun

Noisenah bis dronehaft entrückter ambient-blackened Doom aus Kalifornien – nur eine von schier unendlichen Beschreibungsoptionen für die aktuelle Musikkosmoskonstellation, in der CHELSEA WOLFE derzeit steht. Etwas experimenteller und metalliger als „Abyss“ lockt „Hiss Spun“ sirenenhaft in zwielichtige Alptraumwelten von zärtlich-morbider Schönheit. Bedrohlich, aber unwiderstehlich drängt es sein Opfer sanft, aber gewaltig in düstere Tiefen. Rettung – selbst der Wunsch danach – verblasst weichgezeichnet in der Leere, wenn CHELSEA WOLFE mit deiner Todessehnsucht flirtet. Ästhetischstes Siechtum! (jazz)

 

CRAZY LIXX – Ruff Justice

Seit 15 Jahren gibt es CRAZY LIXX, die mit „Ruff Justice“ ihr mittlerweile fünftes Album veröffentlichen. Darauf befindet sich Hair Metal im Stil von BON JOVI, DOKKEN, WHITE LION und SLAUGHTER. Während die erste Hälfte der zehn Songs durchaus solide ist, beginnt das Album ab dem extrem schmalzigen „Hunter of the Heart“ zu schwächeln (nicht, dass Schmalz nicht zu den Grundzutaten des Stils gehören würde). Selbst als mit „Kiss of Judas“ wieder Tempo aufgenommen wird, kann dies das Ruder nicht mehr rumreißen. Obwohl insgesamt ein passables Album, dürfte es außer vereinzelten Songs („Wild Child“, „Killer“) nur etwas für Fans dieses Stils sein. (BS)

 

ONRYŌ – Mūto

In der linken Ecke sehen Sie Deathgrind. Seine grindcorige Over-The-Top-Brutalität haucht im Heißmangel dem Oldschool-Metaller ungefragt die bierbeschleunigten Falten aus der Visage. In der rechten Ecke hockt mit krummem Rücken und Geierhals der Mathcore. Konzentriert starrt er ins Leere, um im richtigen Moment mit grandioser Technik und verrückter Tech-Verspieltheit Chaos zu stiften. Ready? Fight! Die beiden rennen einfach aufeinander zu, prallen mit gewaltiger Energie aufeinander und das Ergebnis ist die prächtige todesmetallene Tech-Grind-Debüt-EP „Mūto“ von den Italienern ONRYŌ – japanisch für „rachsüchtiger Geist“. Bitte mehr davon! (jazz)

 

VENDETTA – Go And Live … Stay And Die & Brain Damage

"Go And Live ... Stay And Die" und "Brian Damage", die ersten Studioalben von VENDETTA, wurden für ihren Re-Release remastered, wobei zum Glück auf Brickwalling verzichtet wurde. Eine wirklich großartige Verbesserung des Sounds ist aber nicht zu merken. Auch die beiden Bonustracks (Liveversionen von "Brain Damage" bzw. "War") werden niemanden, der die Alben schon besitzt, zum Neukauf bewegen. Die von der Band gemeinsam mit dem Kultproduzenten Harris Johns aufgenommenen Alben sind aber trotzdem etwas, an dem sich Freunde rohen Speed-/Thrash Metals erfreuen werden, wobei das 1987er Debüt "Go And Live ... Stay And Die" das stärkere der beiden ist. (BS)

 

MALAMORTE – Satan Goes To Heaven To Destroy The Kingdom Of God

Habt ihr einen Thermomix zuhause? Dann haben wir ein schmackhaftes Rezept für MALAMORTE für euch: Steckt doch mal fieses, oldschooliges Schwermetall und etwas tiefschwarzes Metall rein, dazu einen großen Löffel DEATH SS und eine Prise KING DIAMOND. Zerkleinert alles gut, bis sich die Zutaten zu sämiger Konsistenz verbinden, und backt die entstandene Masse anschließend auf mittlerer Hitze bis zum gewünschten Härtegrad. Sollte dem entstandenen Gebäck sodann ein kleines Teufelchen entspringen, welches mittels klagenden Tönen den göttlichen Entitäten den Kampf erklärt, dann habt ihr alles richtig gemacht. Lasst euch „Satan Goes To Heaven To Destroy The Kingdom Of God“ schmecken! (A.M.)

 

TYTAN – Justice: Served!

TYTAN – wieder mal eine Band der NWoBHM mit einem gewissen Kultstatus (alleine weil ex-JUDAS PRIEST Drummer Les Binks auf ihrem damaligen Album, "Rough Justice" spielte) und sich nach langer Pause in umbesetzter Form zurückmeldet. "Justice: Served!" ist aber kein "Rough Justice", sondern ein sehr durchwachsenes Album. Das liegt vor allem an den Vocals, die sich Bassist und Bandgründer Kevin Skiddles (ex-ANGEL WITCH) mit den Gitarristen Dave Strange und Tom Barna teilt. Das Ergebnis sind einerseits Songs wie "Spitfire", mit guter Musik und schwachem Gesang, auf der anderen Seite großartige Songs wie "Reap The Whirlwind" und "The Cradle". (BS)

 

AVERSIO HUMANITATIS – Longing for the Untold

Passend wie selten ein Albumcover, zeigt die EP „Longing for the Untold“ von AVERSIO HUMANITATIS einen trüben Tag mit Meeresgischt an schwarzen Felsen. So ist auch der Klang der drei spanischen nicht unatmosphärischen Black-Metaller nah am rauschenden Aufprall der gewaltigen See auf finsteres Gestein an einem Schlechtwettertag – nicht aufgeregt genug für ein Gewitter, aber steter Regen, kalter Wind und schlechte Sicht. Wer hier ein frohlockendes Jauchzen vernimmt, darf sich freuen, denn zu seinen Depressionen gesellen sich Halluzinationen – vielleicht helfen die aus den Trostlosigkeitsmaximierungsversuchen von AVERSIO HUMANITATIS heraus. (jazz)

 

SLEAZY ROXXX – Topless Suicide

Neue Glam Metal Bands werden gerne mit STEEL PANTHER verglichen, aber bei wenigen ist es so gerechtfertigt wie bei SLEAZY ROXXX. Stilistisch ähnelt, was die Band (mit Ausnahme des Bassisten in völlig neuer Besetzung) auf ihrem zweiten Album „Topless Suicide“ abliefert, nahe an Bands wie RATT und W.A.S.P., allerdings mit modernem Sound. Gepaart mit den Lyrics erinnert das Ergebnis sehr an die schlüpfrigen Stahlpanther. Neben schwachen Nummern wie „Sweet Suffer In Pain“ und „Nymphomaniac“ (wer hätte gedacht, dass man solch langweilige Lyrics zu dem Thema schreiben kann) wartet das Album vor allem mit mittelmäßiger Kost auf (Anspieltipp: „Riots!!!“). (BS)

 

KITTY IN A CASKET – Rise!

Punkiger Gute-Laune-Rock gefällig? Dann seid ihr bei KITTY IN A CASKET und ihrem neuesten Album „Rise!“ an der richtigen Adresse. Die Wiener verquicken gekonnt Punk und Rockabilly zu einer fetzigen Punk'n'Roll-Mischung, die die Schwänzchen aller Stubentiger im Takt zucken lässt. Zwar präsentieren sich die Kätzchen im Sarg etwas ruhiger als auf den bisherigen Alben, doch Frontmieze Kitty maunzt weiterhin gekonnt einen schmissigen Refrain um den anderen ins Mikro und die melodisch-fröhlichen Partysongs die teils den Geist der großen RAMONES atmen, fetzen weiterhin ganz ordentlich auf der Tanzfläche. „Kiss My Ass“, Baby! Das macht Laune! (A.M.)

 

HAREM SCAREM – United

Das neueste Studioalbum der kanadischen Rocker HAREM SCAREM, schlicht "United" betitelt, bietet Fans genau das, was sie erwarten: beschwingten Hardrock, der die Handschrift der Band trägt und eigentlich schon, als die Band in den frühen 90ern durchstartete, etwas verstaubt war. Für alle anderen dürfte "United" ein Album ohne bemerkenswerte Höhen oder Tiefen sein, einfach nett, durchaus zum Mitsingen, aber vergesslich (mit Ausnahme der Ohrwürmer "Gravity" und "Sinking Ship"). Zur Berieselung während der Hausarbeit bestens geeignet. (BS)

 

Mehr Flusensieb!


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