Moijtnsula – Portrait einer Legende

Text: deimon
Veröffentlicht am 27.11.2006

Band Members
Wårb: Klåmpf (Guitar)
Mårentrichtn (Catering)
Luugi: Klåmpf (Guitar) , Gschråa (Vocals)
Hånsjörmg: Tåmpra,Tschanöön (Drums)
Mågg: Båss (Bass)

Discography:
Hoijbscheps Uglegg (1993; Rehearsal Tape)
Denganatsch (1995; Splittape with Bearcht)
Ztoija Glanggla ben Zåmrechna (1995; MCD)
Låstwångbattri Zlång kråast und Fråass kriagg (1996; A tribute to: Moijtnsula; Tape)
Gaitleng oglugst (1997; Best of; MCD)
Suubåanzn kåa Dawaiüj zan Baunggariwön (1997; Re-release of Denganatsch + Rehearsals; Tape)

Seit längerem gibt es ja schon die spürbare Nachfrage nach einem österreichischen Gegenstück zur Paganschwemme aus Schweden und Finnland. Zunächst kam mir dabei ernsthaft die Idee, so etwas selbst in die Hand zu nehmen und ein Demo unter dem Namen Naglschaar mit ein paar Jungs aus meinem Freundeskreis zu veröffentlichen. Wie so oft saß ich abends vor meiner CD-Sammlung und wusste nicht so recht, welches Album ich mir denn als nächstes reinziehen sollte. An diesem Tag wollte ich aber wieder mal richtig Old-School Geschrubbe hören, also entschied ich mich, meine alte Tapesammlung rauszukramen. Ich bin also so am Stöbern, als mir plötzlich zwei Tapes einer der wohl sagenumwobensten frühen Black-Metal Bands aus dem Tiroler Unterland förmlich entgegensprangen: MOIJTNSULA!!!

1991 gegründet und bis 1997 trotz ungefähr 4567 Splits und mindestens ebenso vielen Mitgliedern die wohl obskurste und traditionellste Pagan-Black-Metal-Band, die es innerhalb Österreichs jemals gab. Warum? Wegen der Protagonisten dieses völlig irren Haufens!!! Sie sangen im Dialekt und bei Konzerten bewarfen sie das Publikum nur allzu gerne mit Graukäse und Kuhfladen. Doch diese wohl verrückteste – jede Nu Metal und Black Metal Band sind im Vergleich dazu als einfühlsame Floristen und sanfte Sozialarbeiter zu bezeichnen - und im wahrsten Sinne des Wortes dreckigste Band Österreichs – ihr Gestank war unerträglich, dagegen riechen sogar Watain nach Waschsalon - war für immer verloren. So schien es zumindest. Ich zog mir also ihre legendäre letzte MC „Oåstn“ rein und dachte an die vergangenen Tage, als die Band bei kleinen Live-Gigs ihre Fans mit ihren heimischen Produkten frisch von der Alm, wie gesagt, bewarfen und Luugi, eine optische Mischung aus Gaahl (Schminke) und einem Almhüter (Kuhfladen wie Permanent-Make-Up im Gesicht), mit ähnlicher Stimme wie der heutige Abbath ins Mikro knurrte.

Der totale Wahnsinn, kann ich nur sagen!!! Und die Musik? Aus heutiger Sicht natürlich totaler Kult. Damals eine Offenbarung ...natürlich für die, welche dieselbe Sprache wie Mojtnsula sprachen. Denn als Deutsch konnte man das nicht bezeichnen. Sogar ich, als gestandener Unterländer *hüstel*, verstand schon damals nur die Hälfte von ihren Ansagen. Gesungen wurde natürlich, wie es sich für einen Tiroler gehört, über Kühe, Dreck, Berge, Kuhdreck, Schnaps, nochmal Dreck, Raufereien, Kuhstall und Graukäse. Ihre nicht sehr umgängliche Art machte sie zum Schreck einer jeder Konzertlocation. Und die Fans? Die stanken mindestens ebenso: nach Bier, Kuhstall und Schnaps. Dass sich diese Band irgendwann auflösen musste, war klar. Seit Mojtnsula ist eines offensichtlich, am meisten Rock ‚n’ Roll sind immer noch die Schützenfeste in den Tälern von Tirol. Mötley Crüe sind der reinste Kindergarten dagegen. Naja, genug geträumt von den truesten Göttern ever. Seither ziehe ich mir die Tapes fast jeden Tag rein, doch das Beste kommt erst.

Vor etwa fünf Wochen traf ich Luugi zufällig auf einem Fest, genauer gesagt auf einem Schützenfest. Natürlich lief ich sofort zu ihm hin, um ihm zu huldigen und ihn zu begrüßen. Leider war er gerade ein bisschen verhindert, da er einen Bauern aus seinem Nachbartal gehörig verdrosch. Wenig später kam dieser Typischste aller Bergler stampfend und dampfend (Alkohol? Aber sicher doch, was sonst!) auf mich zu. Ungelogen: Hemd zerrissen, Bier auf der Hose, zerzaustes halblanges Haar, 48 Tage-Bart, ein blaues Auge, Holzschuhe (Knoschpen sagen wir), Hosentüre offen, Stallgestank 10 Meter gegen den Wind - und umarmte mich wie ein Schraubstock. Leicht nervös fragte ich die 1,60 hohe und fast doppelt so breite alternde Legende nach einem Interview. Leider war der Kerl so angesoffen, dass ich diesmal von seinem Gelalle absolut nichts verstand, nur ein knappes “Jå“ aus dem ganzen Gekotze, das er wohl Sprache nennt, war herauszuhören. Dann ging er und ich stand verdutzt da. Eine knappe halbe Stunde später stapfte er - oder es? - wieder zu mir zurück, diesmal ohne Schuhe und aufgeplatzter Lippe. Scheinbar hatte er noch einen „Freund“ aus einem anderen Tal getroffen und drückte mir einen Bierdeckel mit einer Telefon-Nummer darauf in die Hand. Dann torkelte er zu seinem Suzuki-Jeep, den der irgendwo im nahegelegenen Gebüsch geparkt hatte... Zwei Wochen später rief ich ihn an und er lud mich in sein Sommerdomizil ein: Hütte auf dem Berg, kein Strom, kein fließend Wasser, Plumpsklo, haufenweise Kühe. Zur Begrüßung gab’s Schnaps. Alle zwei Fragen, von deren Antworten ich nur ein Drittel verstand (zum Glück spricht Jegger ein ähnliches Kauderwelsch, deshalb hatte ich vom Bergler-Geplärre in bisschen Ahnung) musste ich wieder ein Stamperl Selbstgebrannten trinken.

Ich hätte nie gedacht, dass ich so dermaßen kommunikative Schwierigkeiten mit meinem Gegenüber haben würde, da er ebenfalls Unterländler ist. Hier Auszüge aus dem Interview-Tape (war anders nicht möglich), die bei jedem Moijtnsula – Fan eine freudige Erwartungsstimmung hervorrufen wird. Lassen wir den totalen Oberkult beginnen, den ich für Ottonormalverbraucher leicht eindeutschen musste, hehehe!
(Besonderheit hier: bestimmte Wörter kursiv, ...=selbst nicht verstanden)

Luugi, zunächst die erste Frage, die zugleich eine Fanfrage ist, welche Chancen bestehen denn, dass ihr wieder eine Aufnahme rausbringt?

Luugi: Koan Ahnung. Also I hob ja schon mit da Wårb (Gründungsmitglied; 1994 ausgestiegen) drüber geredet, ober des Kaibl will nicht. Also die Original-Aufstellung gibt’s nimma. Dafür wär da Wårbä (Ersatz für Wårb, Gitarre) sehr interessiert. Die Liada stehen oba schun gmocht.

Fantastisch!!!

Luugi: Red ned so an Semmel. Augnommen is noch gar nix. Ausserdem bin ich jetzt auf da Alm und mein Suzuki ist gerade kaputt und mit meim Traktor will I auch ned immer ins Studio fohrn. Dauert mia zu lang.

Was bedeuten dir eure Fans?

Luugi: Dia Krippl hoben uns bei de Konzerte immer den Graukas und unsern Speck wegfressn. Ausserdem sind wir immer nochn Konzert zan Raufn kemmen. (Die nächsten Wörter möchte ich an dieser Stelle nicht abdrucken. Ausserdem versteh ich das Meiste sowieso nicht.)

Wenn ihr ein Tape oder eine CD aufnehmt, wie wird es/sie heißen und wann wird sie erhältlich sein?

Luugi: Heißen wird de Platte „s’Hunckzgriasleg beovoas’te Impmaijtrånghåm“...

Hä?

Luugi: Verstehst wieder amol nix, du Flachländer, hahaha. Wenn de Kassette oda LP rauskommt, weiss ich no nit, aber I glaub ... bald. Wir müssen noch schaugn, ob wir schon aus dem letzten Plattenvertrag wieder raus sind. Aber das ist ja schon 10 Jahre her, also, die Chancen stehen ganz guat. Ausserdem ist unsere Plattenfirma ja aus irgendeinem asiatischen Land gwesen und die haben wir nit verstondn, weil ich ja koan Englisch und koan Asiatisch oder so rede.

Aha… Wer managt euch dann?

Immer noch mei Mutter. Die kann nämlich a bissale Englisch, weil de arbeitet beim Tourismusverband als Putzfrau. Die hat in den 60ern mal einen Englisch-Kurs gemocht. Ausserdem hat de ja seit neuestens einen Computer, das ist so a grauer Kasten...

…den Rest erspar ich euch jetzt lieber. Seine Hasstriade über die beschissene Technik dauert nämlich eine halbe Stunde und beinhaltet vor allem: kaputte Mähwerke und Melkmaschinen, dass früher alles besser gewesen wäre und dass er seit neuestem kein Radio mehr hat, weil er es versehentlich auf dem Holzherd stehen gelassen hat.

Also weiter zur nächsten Frage: Deine frühe Lieblingsband Celtic Frost gibt’s wieder, was hältst du von Reunions?

Luugi: Von was? Red nid so einen Blödsinn von wegen Lieblingsband, am liebsten horch i die Kirchtagmusig.

Der Wiedervereinigung von alten Bands wie Celtic Frost!

Luugi: Ach so. Ja, woas I nit. Seit es koane LPs mehr gibt, bringt a Wiedervereinigung und Gründung einer Band für mich eh nix mehr. Ausserdem hob I mein LP-Abspieler ja im Tal unten, wo ich im Winter bin und mein Kasseten-Recorder is mitm Radio draufgegangen. I hob zwor Bandeln von Helmhammer (er meint Hellhammer!, Anm. d. Verf.) und Bearcht und von meinen Liebling-Rock’n’Rollern Hoven Cloof do, aber de kann ich net abspielen. Ausserdem brauch ich noch ein paar neue Batterien. Von Celtic Frost hob ich oba zwei Lp’s dahoam.

Es ist fünf Uhr und Luugi muss in den Stall. Ich folge ihm zögernd. Er drückt mir ein Paar Knoschpen in die Hand, wirft das Melkaggregat an und holt seine Melkmaschine.
Zwischen zwei Kühen, ich sitze neben ihm auf einem Melkstuhl, geht’s weiter...


Was hälst du von CDs?

Luugi: I hob letztes Jahr auf einem Fest bei einer Tombola eine gwonnen. Aber wos soll I damit, I hob ja keinen Abspieler. Des neue Zeug interessiert mich nit. Des war ja ein Grund, dass wir uns aufglöst hoben.

Aber ihr habt dafür eine Myspacesite, das passt doch nicht zusammen, oder?

Luugi: Ja, da muast meine Mutter und an Wårbä frogn. De glauben, das des wos bringen soll. Eigentlich wollt da Wårbä ja seinen Graukas im Netz (er meint Internet ...) verkaffn. Aber, des hot mitm Verschicken nit so ganz hinkaut. Dann hot er gesagt, dass er ein paar Lieder von uns auf des Netz hinauftun will.

Was er bis heute noch nicht geschafft hat!

Luugi: Wie soll des auch gehen. Mich interessiert des alles überhaupt nicht.
(Anm.: Mittlerweile ist der erste Song auf deren myspace-Seite www.myspace.com/moijtnsula zu bestaunen!)

Wann habt ihr euer letztes Interview gegeben?

Luugi: Mitte der 90er. Des war lustig. Ein so ein schwarz angezogener Teufl wollt uns immer fragen, ob wir Norweger sind. Dem haben wir nach einer halben Stunde die Ohren langgezogen und dann wieder heim geschickt, hahaha. Mir war der sowieso viel zu neugierig! So ein Krippl.

Ich schlucke leicht, denn ich bin mir wohl bewusst, dass der Kerl zwar kultig bis dort hinaus ist, aber definitiv nicht immer Gesprächsmanieren wie heute an den Tag legt. Aus diesem Grunde war ich mir nicht sicher, wie es weiter gehen würde, aber Luugi lenkt ein und antwortet schroff: „Weida Naxte Frog!“

Nun ja, eine Frage, wer wird die Platte produzieren?

Luugi: Koan Ohnung!

Nun, ich hätte da ein kleines, aber feines Tonstudio…

Luugi: Echt? Kuu ma doda auch ordndlich ummanond krawaijn? (zu dt. „Lärm machen“)

Sicher, ist ja alles gut isoliert!

Luugi: Aha, najo, schaug ma amoi… (was dann auch tatsächlich geschah!)

Gibt’s wieder Live-Auftritte?

Luugi: Na, weil i meine Klampfe beim Wattn (Kartenspiel) verloren hab. Dann bin I mid dem ondan vor die Tür zan Raffen gegongen. Als wir fertig waren, bin i wieder rein gegangen, weil die Klampfe jetzt wieder mir gehörte, oba die war schon weg. Irgendein Krippl hod sie mir gstolln. Die neichn Liada hob I eh auf da Akustik-Gitarre geschrieben.

Also vielen Dank für das lange Interview Luugi, und...

Jetz kimm amol her, Birschal. Du hilfst ma jetzad die Zummeln in den Trog einezuheben und dann gibt’s noch a gemütliches Nåchtä (=Abendessen).

Na dann gute Nacht ;)


ANZEIGE
ANZEIGE