Crowd Funding - Was ist das?

Text: Lady Cat
Veröffentlicht am 28.04.2016

CROWD FUNDING ...

... habt ihr das schon mal gehört? Oder vielleicht einen der folgenden Begriffe: „Kickstarter“, „Fundraising“, „Fund Me“, „Pledge Music“, „Schwarmfinanzierung“? Zumindest, wenn ihr regelmäßig auf Musik-Seiten unterwegs seid, wird euch der Begriff schon untergekommen sein.

Bei vielen Musik- und Kunst-Begeisterten ist eine ungefähre Ahnung über die Materie da: Crowd-Funding ist so eine Möglichkeit, durch die Bands an Geld herankommen, um zum Beispiel ein neues Album zu produzieren oder eine Tour vorab zu finanzieren. Aber was das wirklich genau ist – keine Ahnung. Geschweige denn, dass man das jemand anderen erklären könnte.

Deswegen möchte ich heute Abhilfe schaffen und die Thematik erläutern. Denn in Zukunft wird uns das noch viel öfter über den Weg laufen, als in den letzten Jahren. In Zeiten, wo immer weniger „handfeste“ Alben verkauft werden und ein guter Teil der Musik über das Netz gestreamt wird, haben es die tausenden Bands da draußen sehr schwer, das Geld für eine Albenaufnahme aufzutreiben. Verkäufe wie früher gibt es nicht mehr. Ein großes Label aufzutreiben ist auch nicht einfach. Über ausverkaufte Hallen / Konzerte an Geld zu kommen? – Eigentlich nur eine Chance für die ganz Großen.

Was vielen kleinen und mittleren Bands bzw. Leuten mit guten Ideen schließlich als Möglichkeit bleibt, ist das sogenannte „Crowd Funding“. Also eine Finanzierungsmöglichkeit, wie man über Otto-Normalverbraucher an das Geld ran kommt, das man benötigt bzw. das einem noch fehlt, um das heißgeliebte Projekt zu verwirklichen.

Leider geht die Rechnung – vor allem in unseren Breitengraden – nicht immer auf. Das Hauptproblem ist, dass viel zu wenig Menschen wissen, worum es geht und was sie zu tun haben. Sie halten sich zurück, weil sie die Chancen und Risiken nicht kennen. Das ist schade, denn grundsätzlich ist Crowd Funding etwas Tolles und in einem definierten Rahmen auch abgesichert. Dazu im Detail später. Starten wir mit einer Begriffserklärung…
 

Was ist Crowd Funding (CF)?

Ich zitiere aus Wikipedia:
„Crowdfunding [kɹaʊd fʌndiŋ] (von englisch crowd für ‚(Menschen-)Menge‘, und funding für ‚Finanzierung‘, selten auch Schwarmfinanzierung) ist eine Art der Finanzierung. Mit dieser Methode der Geldbeschaffung lassen sich Projekte, Produkte, die Umsetzung von Geschäftsideen und vieles andere mit Eigenkapital oder Eigenkapital ähnlichen Mitteln… versorgen. … Die Kapitalgeber sind eine Vielzahl von Personen – in aller Regel bestehend aus Internetnutzern, da zum Crowdfunding meist im World Wide Web aufgerufen wird.“

Die Idee hatte ihren Ursprung im englischsprachigen Raum, und macht sich nun langsam auch in Europa breit. Ihre Anfänge hat das CF interessanterweise in der Musikindustrie:
2003 startete der Musiker und Produzent Brian Camelio die Internet-Plattform ArtistShare als Reaktion auf die Entwicklungen des Raubkopierens und die Bestrebungen der Musikindustrie für ein digitales Rechtemanagement. Die Website ermöglichte es Musikern, das Geld für die Produktion eines Albums zu erhalten, bevor es veröffentlicht wurde.

2008 wurde Indiegogo gegründet, 2009 dann in den USA die Crowdfunding-Plattformen KICKSTARTER und PLEDGEMUSIC, welche speziell auf die Musikbranche ausgerichtet sind. Diese Plattformen bieten einen Präsentationsrahmen, um das eigene Projekt zu präsentieren und zu verkaufen. Eine Gewinnbeteiligung gibt es bei Kickstarter & Co. nicht, es muss nur ein Beitrag für die Durchführung bzw. Nutzung der Plattform abgetreten werden. Als zahlender Fan kann man daher davon ausgehen, dass die Unterstützung, die man seiner Band willig ist zu geben, auch zum überwiegenden Teil wirklich bei ihr ankommt.

Was tut man als Band, Autor bzw. Künstler nun, um die Fans bzw. unterstützungswilligen Personen zu überzeugen: Man beschreibt sein Projekt, stellt die Pluspunkte und besonderen Leistungen dar - am besten in einem kurzen, aussagekräftgen Video - und bietet unterschiedliche Gegenleistungen an, die für Fans bzw. Unterstützer einen Wert haben. 
 

Bekannte Beispiele der vergangenen zwei Jahre für die Benutzung von Crowd Funding:

DORO führte im Herbsgt 2015 eine Kampagne auf Kickstarter durch, um das Video von "Love's Gone To Hell" zu finanzieren. 
https://www.kickstarter.com/projects/doro/loves-gone-to-hell?lang=de

Auch keine Unbekannten: OPETH: 
http://www.pledgemusic.com/projects/opeth-the-perpetual-journey

OBITUARY zeigten, wie man sich wirklich gut verkauft. Sie nahmen 2014 die kickstarter.com Seite zu Hilfe, um ihr 2015 erscheinendes Album zu finanzieren; durch den Vorverkauf von Alben und tollen Produkten wie speziellen Merchandise Packs, signierten Drumsticks etc. erreichten sie ein Budget von $ 60.000,-. Ihr Basisziel war $ 10.000,-. Sie hatten jedoch eine Zusatzliste, in der sie informierten, welche Projekte sie noch realisieren würden, wenn mehr als $ 10.000,- erreicht würden. ALLE Zusatz-Projekte wurden finanziert. Nachzulesen hier: https://www.kickstarter.com/projects/unation/help-fund-a-new-obituary-album?ref=category

Hier noch die Kampagne einer eher unbekannten Band: die Progressive-Rocker von DAYDREAM XI aus Brasilien. Bis Mitte Mai kann man von ihnen Poster, CDs, Songbooks, Lyricsheets oder auch ein Hauskonzert kaufen, damit sie ihr neues Album finanzieren können. Derzeit sieht es für die Jungs nicht so rosig aus, da erst 28 % des Finanzierungszieles erreicht sind und die nur mehr 20 verbleibenden Tage eine recht knappe Zeit sind:  http://www.pledgemusic.com/projects/daydreamxi

Manche Bands verwenden die CF-Seiten auch als eine Art Shop, um ihre Alben, Tickets, geplanten Bücher etc vorab zu verkaufen.

Beispiele:

ENTOMBED:
http://www.pledgemusic.com/projects/entombed-reissues  (abgeschlossen, 155 % des Zieles erreicht) oder

STATUS QUO bei ihrer aktuellen Tour. http://www.pledgemusic.com/projects/the-last-night-of-the-electrics

Auch Österreichische Bands nutzen diese Möglichkeit. PARASOL CARAVAN zum Beispiel, die vor kurzem ein neues Album auf den Markt brachten, haben dieses über wemakeit.com finanziert. https://wemakeit.com/projects/para-solem-albumproduktion

Natürlich gibt es nicht nur Musik-Projekte bei den CF-Kampagnen. Es werden genauso Bücher finanziert, Erfindungen in die Wege geleitet, Geschäfte eröffnet und andere Ideen verwirklicht. Alles funktioniert, solange man einen guten Plan hat, es verkaufen kann und Leute findet, die die Idee unterstützen bzw. Gefallen an den Gegenleistungen finden.

Eine recht witzige Sache möchte ich daher zum Abschluß noch vorstellen, die ebenfalls schon abgeschlossen ist und auch das Doppelte des geplanten Budgets erreicht hat: ein „vegan-satanisches“ Black Metal Kochbuch. (Ja, ich weiss, satanisch und vegan ist ein Widerspruch in sich – wahrscheinlich hat es deswegen soviele Unterstützer gefunden, weil alle wissen wollen, was der Typ in seinem Kochbuch treiben wird.) https://www.kickstarter.com/projects/127140694/vegan-black-metal-chef-the-seitanic-spellbook
 

Nachdem wir nun einiges über Aktionen gelesen haben, ein paar Worte zum Ablauf eines Crowd Fundings.

Jedes Projekt ist durch eine Mindestkapitalmenge gekennzeichnet, die durch die Masse fremdfinanziert sein muss, bevor die Aktion startet. Das heisst in anderen Worten: Man stellt als Unterstützer einen bestimmten Geldbetrag zur Verfügung. Diesen muss man aber erst zahlen, wenn sich genug Leute gefunden haben, die ebenfalls zahlen, sodass die Summe zusammenkommt, die benötigt wird. Geschieht dies nicht, wird aus dem Projekt nichts, und man muss auch nicht dafür zahlen! Die Abbuchung eines Geldbetrages vom Konto oder über Kreditkarte erfolgt erst, wenn das Projekt absolut sicher durchgeführt werden kann.

Ein weiteres kennzeichnendes Merkmal von Crowdfunding ist, dass durch Crowdfunding erzielte Gelder zweckgebunden an die jeweilige Aktion sind. Dies ist ebenfalls ein Sicherheitsfaktor für die Unterstützer.

Für den Geldbetrag, den man hergibt, erhält man natürlich eine Gegenleistung. Diese kann verschiedene Formen annehmen (z. B. Rechte, Geld, Sachleistungen), aber sie hat stets einen monetaristischen Wert. Vor allem Bands mit Sängerinnen machen sich dann gerne die Vorteile der Weiblichkeit zunutze und bieten Packages à la "In Gym with Kobra" an. Dies war ein Angebot um $ 500,- bei der Kampagne von KOBRA AND THE LOTUS. Nachteil - man muss natürlich in deren Nähe sein, um in den Genuss einer derartigen Trainingsstunde zu kommen.

Bei Bands und wenn es um die Produktion eines neuen Albums geht, handelt es sich zumeist um die CD, die produziert werden soll. Sehr oft wird als besondere Draufgabe die CD signiert angeboten. Viele bieten auch als Gegenleistung Poster, signierte Drumheads, signierte Gitarren oder – und da sind die Geldbeträge dann schon im Bereich über 1.000,- EUR – Einladungen ins Studio, einen Tag mit der Band verbringen etc. Und wenn man noch mehr ausgeben will, dann kommen die Musiker schon mal zu einem Privatkonzert.
 

Ablauftechnisch ist das Ganze für den Unterstützer recht einfach: man liest sich auf den einschlägigen Internet-Seiten durch die Angebote der verschiedenen Bands bzw. Projekte. Hat man etwas gefunden das man unterstützen will, dann sucht man sich die Gegenleistung aus die man haben möchte, gibt diese in den Einkaufskorb, gibt seine Daten bekannt – und wartet… bis zum Ende der Frist, ob das Projekt verwirklicht werden wird oder nicht.

Womit wir die nächste Info hätten: die Projekte sind zeitlich begrenzt. Meistens spielt es sich im Rahmen von 30 – 90 Tagen ab. Hat das Projekt bis dahin nicht das Geld beisammen, wird es nämlich sowieso nichts.
 

Der Ablauf für den- bzw. diejenigen, die das Projekt ins Leben rufen, ist um einiges umfangreicher. Man muss sich zuerst einmal für einen Anbieter entscheiden, auf dessen Homepage man das Projekt umsetzen will. Texte müssen geschrieben werden, ein Video gemacht, Gegenleistungen zusammengestellt und bewertet werden.

Hat man alle Unterlagen fertig, wird das Projekt auf Wunsch vom Anbieter geprüft, oder man kann es gleich online stellen. Üblichherweise wird von den Anbietern der Crowd-Funding-Seiten ein kleiner Prozentsatz (ca. 5 % der Summe) als Abgeltung der zur Verfügung gestellten Leistungen verlangt.

Wenn man dies liest, mag es recht einfach klingen, eine Kampagne zu starten und somit Geld zu bekommen. Das täuscht. Der Start ist einfach, stimmt. Aber auch bereits die erste Hürde. Legt man hier nicht sein Herzblut hinein und gibt zuwenig bzw. die falschen Infos, bekommt man keine Leser. Und keine Leser bedeutet, keine Unterstützer und im nächsten Schritt -> kein Geld.

Am schwierigsten ist es, die echten Unterstützer zu finden. Ein sicherer Teil sind eigene Freunde, Bekannte und Familie. Es ist also ganz wichtig für einen Projekt-Ersteller, diese Menschen auf die CF-Seite zu lotsen.
Und dann hat kann man noch all diejenigen ansprechen, die man nicht persönlich kennt, die aber vielleicht Interesse haben das gute Stück zu kaufen, bzw. zu unterstützen. Da man nie genau weiß, wer und wo diese sind, muss man die Werbung für die CF-Kampagne breit streuen. Und hier schließt sich unser Kreis. Werbung für eine Kampagne wird in allen Medien gemacht die mit dem Projekt in Zusammenhang stehen, also online Magazine (wie Stormbringer, wenn es sich um eine Metal oder Rock-Band handelt), Print-Magazine, Radio etc. Und natürlich die eigenen Social-Media Seiten wie Facebook, Twitter und Andere.
Laufend Marketing dafür machen und die Info zu teilen ist wichtig. Nur so kann man das Interesse der Leute wecken und sie auf die CF-Seite lotsen, in der Hoffnung, dass sie vom Inhalt des Projektes angesprochen werden, bzw. sie an einer angebotenen Gegenleistung Gefallen finden.

Bei den Funding-Seiten wird pro Projekt der Zwischenstatus angegeben, sprich, welcher Anteil des benötigten Kapitals erreicht wurde. Leider sieht man dann doch regelmäßig (ich schätze die Zahl sogar auf über 50 %), dass Projekte aufgrund mangelnder Beteiligung nicht realisiert werden konnten, weil das entsprechende Budget nicht erreicht wurde. Woran es im Endeffekt lag, ist nicht immer einfach festzustellen. Hat man zu wenig Werbung gemacht? Wussten die angesprochenen Leser nicht, was zu tun ist? Waren die Gegenleistungen nicht interessant genug? Oder gab es andere Gründe?

Aus persönlicher Erfahrung (ich habe zwei Fundings begleitet - beide erreichten das Ziel nicht), kann ich sagen, dass eines der größten Probleme ist, zu erklären, was man damit bezwecken will, vielleicht weil das Funding in unseren Breitengraden noch sehr unbekannt ist. Insofern hoffe ich, heute mit diesem Ausflug in die Welt der Finanzierung einen kleinen Beitrag dafür geleistet zu haben, dass mehr Künstler die Möglichkeit bekommen ihre Projekte zu realisieren.


Ihr wollt euch das einmal näher ansehen? Nachfolgend ein paar Links zu Funding-Seiten.

Sehr beliebt bei Musikern ist Pledgemusic: www.pledgemusic.com/

Auch noch gerne von Künstlern verwendet wird Kickstarter: www.kickstarter.com

Oder europäischer bei We Make it! www.wemakeit.com

Kleiner und regionaler: Für Veranstaltungen zB gigflip, crowdfans; Für CDs und Videos: sellaband

Allgemein / themenoffen: fundraiser.at, visionBakery, Startnext

ALSO liebe Leser: Beim nächsten Mal, wenn ihr vom „Crowd Funding“ einer Band lest und ihr wollt diese Jungs oder Mädels auch unterstützen, dann klickt auf deren Seite und schaut, was sie bieten. Wenn etwas für euch dabei ist, dann tut es! Unterstützt das Werden eines Albums, eines Buches oder eines anderen Projektes. Die Künstler werden es euch danken!

 

 


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