RED HOT CHILI SALT & PEPPERS

Text: Rokko Ramirez, Stefan Baumgartner
Veröffentlicht am 05.01.2016

Der handelsübliche, vor Fett nur so triefende Festivalfraß tut artig seinen Dienst und ist Präventivschlag für den drohenden Kater, die Nachwirkungen serviert er später. Anders am Nova Rock, das mit einer hochwertigen kulinarischen Vielfalt auftrumpft.


Vor einem Jahr habe ich im Printmagazin meines Brotberufs noch frohlockt, Bier sei auf Festivals Grundnahrungsmittel Nummer eins, habe im Reservat dieselbe Bedeutung, die Wasser und Brot in der „normalen Welt“ besitzen – flüssiges Brot eben. Die Kohlehydrate, Mineralstoffe und B-Vitamine halten den Motor in Gang.

Aber man darf das Gastronomieareal, das sich zumeist auf ein Fleckchen Wiese zwischen Bungee-Turm und Hauptbühne konzentriert und stets ein absurdes Geruchspotpourri verströmt, nicht gänzlich außer Acht lassen. Denn: Wer viel trinkt, will auch viel essen. Dass dabei der Heißhunger nicht nur kontraproduktiv für die Bikinifigur, sondern tatsächlich eine vernünftige Körperreaktion ist, sollte auch einmal erwähnt werden: mit deftiger Unterlage im Magen schnurrt der Kater am Folgetag leiser. Wer bei den traurigen Pizzascheiben mit Öl-Film (Refugio State Beach, anybody?) und dem abartigen Asia-Tohuwabohu genannt „Nudelbox“ innerlich nach Großmuttis Küche schreit, dabei aber verzweifelt versucht, auch nur irgendwie die absurde Sterneküche-Bepreisung nachzuvollziehen, darf sich dieses Jahr erneut auf die unter der Schirmherrschaft von PULS-4-TV-Koch Oliver Hoffinger stehende Genussarena am Nova Rock freuen.

Ganz gleich ob frühmorgens, zur Mittagsstunde oder in stroboskopgeschwängerter Dunkelheit: Hochwertige regionale Kulinarik steht auch dieses Jahr wieder auf den Pannonia Fields II im zentralen Fokus, da kann man sich unter anderem am Nova Rock Burger (Spanferkel, Zwiebelsenf, Krautsalat) oder dem HoffDog mit Steppenrindwürstel und Salsa laben, denn auch Oliver weiß ob der zuvor angesprochenen Zauberkraft der Nahrung: „Auf einem Festival würde ich keine Diät beginnen.“ Allerdings sollte man sich nicht nur deftig und fleischig ernähren, auch Bananen und Äpfel empfiehlt der Starkoch für die Energiezufuhr – und abgesehen davon: „Zu viel Fleisch ist ungesund.“ Deswegen wird auch Herbivoren eine Auswahl kredenzt, die über schnöde Beilagenteller hinausgeht.

Dafür, dass einem da nicht nur am Papier (selbiges ist ja bekanntlich geduldig) das sprichwörtliche Wasser im Mund zusammenläuft, dafür sorgen noch vor Oliver und seinem Team ausgesuchte Produzenten aus der Region, die sich seit Jahren als zuverlässige Partner für den anspruchsvollen Küchenmeister bewiesen haben. Aber Saliva ist nicht die einzige Flüssigkeit, die in der Genussarena fließen wird wie Nektar und Ambrosia: die Weingüter Tinhof, Zehetbauer und Salzl werden für den einen oder anderen edlen Tropfen verantwortlich zeichnen.

Fleisch gibt „Craft“

Dem Craft-Bier (siehe Buchtipp am Ende) wurde bereits letztes Jahr eine unglaubliche Bühne in Form eines riesigen Fasses geöffnet: Die Wiener Traditionsbrauerei Ottakringer und einige ihrer Freunde (darunter auch das sensationelle Brauhaus Gusswerk aus Salzburg und Bierol aus Tirol) gingen mit über 40 verschiedenen Sorten an den Start und dürften wohl selbst den allergrößten Bierproleten davon überzeugt haben, dass Gerstensaft nicht nur beduseln, sondern vorrangig auch mit tatsächlich interessanten Aromen brillieren kann.

Und weil zum Sommer nicht nur das flüssige Gold gehört, sondern auch der Geruch von von Flammen geküsstem Fleisch, gibt es dieses Jahr auch wieder zwölf Grillplätze, wo wahre Kerle (und natürlich auch Damen) mit fachkundigem Zutun der von Doppelgrillmeister Adi Matzekein geschulten Crew der archaischen Passion frönen können.

Der deutsche Aufklärer Immanuel Kant wurde dereinst im Grimm’schen Wörterbuch zitiert mit der Definition: „genieszen ist das Wort, womit man das innige des vergnügens bezeichnet“. Mich dünkt, auch der gute Kant aß schon mit Pommesgabel in Nickelsdorf.


Welches 3-Gänge-Menü würde Oliver Hoffinger wohl RED HOT CHILI PEPPERS, KORN und WANDA kredenzen?

RED HOT CHILI PEPPERS:
Garnelen in Chili und Koriander gebraten mit Limetten-Mangosalat
Poularde in Chili-Kakao-Bohnensauce
Flüssiger Schokopudding mit Chili-Kokoseis

KORN:
Maiscremesuppe mit Jakobsmuscheln
Rinderfilet in Rotweinsauce und Mais-Speckbuchteln
Kornpancakes mit Schokosauce

WANDA:
Weinschaumsuppe mit Knoblauchbrot
Spaghetti Bolognese
Schokobussis Baby


Rokko Ramirez kocht!

Immer wieder stellt sich ja von der kleinsten Würstelhütte bis zur Großküche auf den Festivals die interessante Frage: „Wie geht’s diesem Koch eigentlich?“ Schmeckt die vegetarische Spinatlasagne auf einem Rockfestival besser, wenn sich die Erzeuger live aus einem konservendosenähnlichen Lautsprecher mit dem Klang der Spülung eines Häusels am Zagreber Hauptbahnhof irgendwelchen Death Metal in die Weichbirne zelebrieren? Hört der Kebabwirt von Welt auch in unseren Gefilden eh Ibrahim Tatlises und Sertab Erener, bevor er die Würze richtig zwischen die Fladen betoniert? Steht in der Cosa-Nostra-Pizzenschleuder ums Eck in der richtigen Dosis AL BANO und ROMINA POWER sowie Ricci e Poveri auf der Jukeboxkarte? Kann man sich beim Würschtler des Vertrauens neben der berühmten Eitrigen mit Bugl „A Gulasch und a Seidl Bier“ vom W. AMBROS einepfeifen? Schmecken Buchteln im Café Hawelka auch ohne Nackerte?
Sie sehen schon, sehr geehrte Damen und Herren, die richtige Musik spielt in der Gastronomie nach wie vor eine wichtige Rolle. Hier sind Rokkos wichtigste Musiktipps, damit ihre klassischen Speisen auch weiterhin gelingen. Bei der Hauptspeise haben wir selbstverständlich auch ein vegetarisches Gericht zu Auswahl, wie es sich gehört. Wir wünschen guten Appetit.

Leberknödelsuppe
Natürlich nur in einer kräftigen Rindsuppe – der belebende Einstig in die Völlerei. Besonders gut geeignet für die Bekämpfung des Katers von gestern. Aus dem Küchenradio schallt TIM TOUPET mit „Eine neue Leber ist wie ein neues Leben“. Wir nehmen dazu Bier.

Wiener Schnitzel
Vom Kälbchen oder vom Schwein, je nach Geschmack kann’s beides sein. Zum Klopfen des Fleisches In-Ear-Kopfhörer einstöpseln. Dazu empfiehlt der Metal-Koch: „Hammer Smashed Face“ von CANNIBAL CORPSE und das Fleisch wird von allein richtig schön mürb. Dazu kredenzen wir uns schon beim Kochen eine Flasche Brünnerstraßler. Grün, resch, unkompliziert.

Spaghetti
Wichtig ist, die langen Schnüre aus Hartweizengrieß schön al dente zu kochen. Das geht am besten mit einem Soundtrack von ENNIO MORRICONE. Nicht umsonst benannte man den Western nach diesem formidablen Gericht. Und sind die Nudeln zerkocht, dann wird dich der Blitz beim Scheißen treffen, schlag nach bei Tuco Benedicto Pacifico Juan Maria Ramirez, auch Schwein genannt. Dazu trinken wir ein Vierterl Lacryma Christi oder zwei.

Kaiserschmarrn
Gott erhalte, Gott beschütze, unsern Kaiser, unser Land. Dem Franzl hat er schon damals gut geschmeckt, drum pfeifen wir beim Umrühren mit Begeisterung den „K. u. K. Infanterieregimentsmarsch Hoch- und Deutschmeister Nr. 4“ lustig vor uns hin. Zur Abrundung, auch wegen der schon etwas kalten Jahreszeit, gönnen wir uns ein Tässchen Schwarztee mit 80 Prozent Stroh-Rum. Wer’s mondäner mag, nimmt statt Tee Afri Cola.

Zur Verdauung empfiehlt der Küchenchef feinsten Marillenschnaps aus der Wachau. Dann könnt ihr verdammt noch mal singen und hören, was ihr wollt. Prost!


Ein Buchtipp noch zum Schluss:

Keine Frage – so viel Bier wie zurzeit war selten, dabei gewinnt der Gerstensaft zusätzlich auch an Renommee: Beinahe scheint die Zeit der uniformen „Fernsehbiere“ vergessen, erreichen die individuellen, nicht selten auch „frechen“, geschmacklich vielschichtigen Craft-Biere beinahe einen Exklusivitätsstatus – vergleichbar mit den Edelstoffen Wein oder Whisky. Ein Aspekt, der bei diesem willkommenen, ja beinahe herbeigesehnten Diskurswechsel nicht vergessen werden darf, ist der leibliche Kontext: denn was passt (außer angeregte Gespräche) besser zu einem guten Bier als gutes Essen? Diesem Thema widmet sich das kürzlich erschienene „Craft Beer Kochbuch“ aus dem Brandstätter Verlag mit Rezepten von Stevan Paul.


 

Vom 9. bis 12. Juni heißt es auf den Pannonia Fields II gut gestärkt durch den Tag zu gehen. Denn die Köche am Nova Rock kredenzen von scharf (RED HOT CHILI PEPPERS) bis alkoholisch (KORN) so einige Leckereien! Tickets gibt es bei unserem Ticketing-Partner oeticket.com!


ANZEIGE
ANZEIGE