Watain - The Wild Hunt

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VÖ: 16.08.2013
Bandinfo: WATAIN
Genre: Black Metal
Label: Century Media Records
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Stillstand ist Rückschritt. Frei nach dieser – durchaus passenden – Maxime wirbeln die schwedischen Satanic Black Metaller WATAIN seit mittlerweile 15 Jahren durch den metallischen Kosmos und haben sich über die Jahre hinweg tatsächlich an die Speerspitze einer meist innovations- und ideenlosen Musikrichtung setzen können. Mit dem 2010er Masterpiece „Lawless Darkness“ gelang Frontmann Erik Danielsson und Co. der endgültige Sprung in den sogenannten „Underground-Mainstream“. Ein Top-Slot in Wacken, Headlinertouren durch die USA und Europa und schlussendlich sogar ein schwedischer Grammy ließen bei den Die-Hard-Fans erste Zweifel ob der vorherrschenden Trveness aufkommen. Aber das ist ja eh egal – WATAIN stehen seit jeher für Andersartigkeit, für musikalische Relevanz und gepflegte Provokation und Gesetz ihrer treuen Prämisse geriet auch das fünfte Studioalbum „The Wild Hunt“ zu einem schwer fassbaren und vor allem durch und durch überraschenden Bastard, der der Szene mit frohlockender Ideenmannigfaltigkeit freudig den Mittelfinger entgegenstreckt.

Warum viele das opulente Intro „Night Vision“ als direkte Fortsetzung des „Lawless Darkness“-Superclosers „Waters Of Ain“ sehen, ist dank der Instrumentierung zwar nachvollziehbar, würde aber der erneut fein nuancierten Stilverwandlung WATAINs nicht vollständig gerecht werden. Zu atmosphärisch und episch leiten die Schweden in eine gute Stunde beinharten Luziferanismus. „De Profundis“ ist somit der erste richtige Track auf „The Wild Hunt“ und fährt gleich mal ordentlich ins Mark. Tempomäßig irgendwo zwischen VENOM und 80s-Black-Thrash angesiedelt, fahren WATAIN hier schon ordentlich Feuer auf und verweben auch memorable True-Norwegian-Black-Metal-Riffs – fett! „Black Flames March“ ist gleich darauf ein akustisches Manifest der kompromisslosen Boshaftigkeit. Horrible Chöre vermengen sich mit rollenden Instrumental-Angriffen. Der Track bleibt lange im Kleinhirn verankert.

Die Single-Auskoppelung „All That May Bleed“ rückt dann erstmals richtig stark in progressive Sphären vor und vermengt in gewisser Weise DISSECTION-Atmosphäre mit URGEHAL-Urwüchsigkeit und Eriks schmerzend-intensiven Vocals. Definitiv ein zähflüssiger Brocken, der einige Anläufe benötigt. „The Child Must Die“ galoppiert anfangs mit einem astreinen AMON-AMARTH-Riff davon und entwickelt sich dann zu einem melodischen Schweden-Kracher der Früh-90er-Schule – hier ist mehr Death Metal, denn je zuvor begraben. Der sensationellste und polarisierendste Track folgt mit „They Rode On“ auf dem Fuß. Ein Slow-Tempo-Track mit einem herzdurchdringend starken Solo, Erik acht Minuten lang mit nachdenkwürdigem Clean-Gesang und einer kompakten Instrumentierung. Die absolute Sensation des Albums, die WATAIN-Fans aller Art spalten und mit Sicherheit noch lange für Gesprächsstoff sorgen wird.

Auf „Sleepless Evil“ finden die Schweden wieder zurück in die Spur und gehen das Ganze genau umgekehrt an. Ultrarasante Blastbeats, aggressives Keif-Gekrächze und eiskalt flirrende Gitarrenspuren klingen fast so wie zu WATAINs Karriere-Beginnzeiten und sollten vor allem die Old-School-Klientel befriedigen. Der Titeltrack „Wild Hunt“ hingegen ist so etwas wie das geheime Albumhighlight. Mit seiner grenzenlosen Epik und der majestätischen Gitarrenriffs klingt der Song tatsächlich wie BATHORY zu „Hammerheart“-Zeiten und offenbart einmal mehr Eriks ungebrochene Ehrerbietung dem schwedischen Metalgott Quorthon gegenüber. Der „Outlaw“ wildert wieder verstärkt im Old-School-Thrash-Bereich und erweist sich als dissonant-spannende Highspeed-Bombe, die auch völlig WATAIN-untypisch aus dem Äther holzt. „Ignem Veni Mittere“ sollte eigentlich als beruhigendes End-Instrumental überzeugen, dem ruhigen Stück wird aber noch das überraschende „Holocaust Dawn“ nachgelegt. Auf mehr als sieben Minuten zelebrieren WATAIN sich selbst und ihr Können, verbreiten eine bedrohliche, oft ungemütliche Atmosphäre und packen in diese instrumental anspruchsvolle Walze eine Vielzahl arabischer Folklore-Elemente. Bahnbrechend!

Summa summarum ist „The Wild Hunt“ eine musikalische Tour de Force, eine Herausforderung für die Sinne und ein Manifest der bandeigenen Variabilität. Das neue Werk ist mit Sicherheit das am schwersten zugängliche und in vielen Bereich überraschendste der Bandgeschichte, doch auch wenn die WATAIN-Jünger hier mehr Zeit und vor allem mehrere Durchläufe benötigen, tut sich – beim einen früher, beim anderen später – ein weiteres absolutes Meisterwerk auf, dass dem Trio Infernale auch weiterhin den Platz am Black-Metal-Thron garantiert. Doch bedenkt! Geduld ist hier gefragt.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Robert Fröwein (09.08.2013)

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