THE CHANT - A Healing Place

Wagen wir ein Gedankenexperiment: Was käme dabei heraus, wenn jemand die komplexen Prog-Rock-Arrangements von PORCUPINE TREE, die zerbrechlichen Gothic-Sensibilitäten von PARADISE LOST und die Kurz-vor-Sonnenaufgang-Stimmung von GHOST BRIGADE und Konsorten mischen würde? Ziemlich exakt das finnische Septett von THE CHANT – einer Formation, die seit 1999 unter dem Radar existiert und mit „A Healing Place“ bereits ihre dritte LP auf den Markt bringt.

Kompositorisch greifen THE CHANT dementsprechend in die Vollen – was in den ersten Sekunden wie eine nagelneue STEVEN WILSON-Kopfgeburt klingt, entwickelt sich auf acht angenehm überlangen Tracks zu einer der facettenreichsten Scheiben der Saison. Trotz disparater Elemente und Einflüsse gelingt es den Finnen nämlich, ihre ganz eigene Mischung zu kreieren und einen Eindruck von Homogenität zu erzeugen. Bereits der Opener „Outlines“ bewegt sich nahtlos von Progressive-Hymne zu Doom-Landschaft und wieder zurück – und das inklusive Bläser-Arrangements.

Mit derselben traumwandlerischen Sicherheit lassen THE CHANT auch bei den restlichen Songs Genregrenzen hinter sich, nur der Spannungsbogen flaut nach der Hälfte dezent ab – um sich gegen Ende des Albums wieder in schwindelerregende Höhen zu schrauben. Zugute kommt der Band dabei nicht zuletzt, dass die Produktion die richtigen Akzente setzt und den Kompositionen den richtigen Spielraum lässt.

Finnland hat es also wieder mal geschafft – THE CHANT ist für mich mit großer Wahrscheinlichkeit die Entdeckung des Jahres. Wer sich für die eingangs erwähnten Bands auch nur ansatzweise erwärmen kann, sollte sich „A Healing Place“ keinesfalls entgehen lassen.