MIKE PATTON & ICTUS ENSEMBLE - Laborintus II

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VÖ: 29.06.2012
Bandinfo: MIKE PATTON & ICTUS ENSEMBLE
Genre: Avantgarde
Label: Ipecac Recordings
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Lineup  |  Trackliste

Ein verrückter Vogel und Exzentriker war er schon immer, der gute Mike Patton. Zur musikalischen Unsterblichkeit ist der Kalifornier nicht nur durch die Crossover-Legenden FAITH NO MORE geworden, sondern auch durch seine durchaus anspruchsvollen Projekte MR. BUNGLE und FANTÔMAS. Seiner Vorliebe für Italien und den dort ansässigen Komponisten hat Patton schon mit seinem Soloalbum „Mondo Cane“ Tribut gezollt, doch mit dem Brüsseler ICTUS ENSEMBLE hat „Mr. Cool“ endgültig den Vogel der Experimentierfreudigkeit abgeschossen. Wer jetzt im weiteren Verlauf meines Schwafelns auf die Termini „Metal“ oder „Rock“ stoßen möchte – bitte woanders hinklicken.

Um den Sinn dieser Zusammenarbeit erfassen zu können, sei es mir erlaubt, kurz geschichtlich zu werden. Die Komposition basiert auf das Gedicht „Laborintus“ des 2010 verstorbenen Edoardo Sanguineti. Der bekannte – und leider ebenso verstorbene – italienische Komponist Luciano Berio hat „Laborintus II“ 1965 zu Ehren Dante’s 700. Geburtstags uraufgeführt. Vor zwei Jahren hat sich schlussendlich Mike Patton dazu entschlossen, das ICTUS ENSEMBLE und den holländischen Kemerkoor beim Holland Festival zu unterstützen und das historische Werk in erzählender Funktion zu begleiten. Das man durch die Einbindung von Patton auch jüngeres Publikum für die klassische Aufführung gewinnen wollte, hat der Generaldirektor des Festivals übrigens nie abgestritten. Patton selbst – bekennender Freund Italiens und seiner zig Kulturen – hat vor allem auch die sprachliche Herausforderung gereizt. Und ja – dem streitbaren Schönling beim nahezu akzentfreien Italienisch zu lauschen, hat durchaus was für sich.

Die dreiteilige Umsetzung der klassischen Komposition hingegen ist schwerer Tobak, der wohl am ehesten die Klassik und (Free) Jazz-Klientel begeistern dürfte. Die atmosphärisch orchestrierten Klangwelten, dissonanten Saxofon-Ausflüge und der ungeübten Hörern öfters in die Magengrube schlagende Frauenchor würden bei den Bregenzer Seefestspielen wohl ähnlich gute Figur machen, wie in der Wiener Staatsoper, doch selbst im extrem ausgeweiteten Stormbringer-Segment stoßt die professionell gefertigte Gedichtsausführung auf ihre Grenzen. Als Tribut an den legendären Herrn Berio perfekt geeignet, dürfte Patton damit eine weitere, ihm bislang abgewandte Zielgruppe erreichen. Damit überrascht er einmal mehr – auch wenn dieses Experiment, zumindest auf unserer familienfreundlichen Headbang-Seite, keine herkömmliche Punktevergabe bekommen kann. Hier hilft nur antesten und selbst entscheiden.



Ohne Bewertung
Autor: Robert Fröwein (26.06.2012)

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