Vintersorg - Orkan

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VÖ: 29.06.2012
Bandinfo: VINTERSORG
Genre: Progressive Metal
Label: Napalm Records
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Lineup  |  Trackliste

Dass er ein Workaholic vor dem Herren ist, das weiß man vom schwedischen Individualisten Andreas Hedlund ja schon länger, doch in diesem Jahr scheint sich der 38-Jährige noch tiefer in die Arbeitsnesseln gesetzt zu haben, präsentiert er doch nach gerade mal 15 Monaten bereits den Nachfolger seines letzten – und überaus starken – VINTERSORG-Albums „Jordpuls“. Nachdem sich der gute Mann im Vorjahr also mit dem Festland („Jordpuls“ = Puls der Erde) auseinandergesetzt hat, lässt er für sein – ja, tatsächlich – bereits achtes Studioalbum die maritimen Wellen schlagen. „Orkan“ nennt sich das Werk schlicht, dass Monsignore Hedlund gewohntermaßen wieder in schwedischer Landessprache verfasst hat.

Was im Direktvergleich zum starken Vorgänger sofort auffällt, ist die Tatsache, dass die wirklich harschen Black Metal-Parts auf „Orkan“ nur rudimentär zu finden sind. Beim Opener „Istid“ vermischt Hedlung die spontan klingende Dunkelschwarz-Radikalität aber dennoch stark mit hymnischen Refrains und heroischen Backing Vocals. Wie bei VINTERSORG eigentlich gewohnt, geht das Ganze relativ entspannt und Laid Back über die Bühne – partielle Gitarrensolos fügen dem Song auch einen ordentlichen Rockvibe hinzu. Die Songs auf „Orkan“ sind auch wesentlich länger geworden, Hedlung räumt den episch-majestätischen Fragmenten weit mehr Platz ein.

Bei Parts wie etwa dem Beginn von „Polarnatten“ beschleicht den Hörer auch das Gefühl, dass sich der gute Herr mittlerweile stärker mit Klassik auseinandersetzt – zumindest werden diese Elemente breitflächig über „Orkan“ gestreut. Ansonsten erkennt man vor allem, dass VINTERSORG 2012 technisch und kompositionell noch um einiges anspruchsvoller geworden sind. Hedlund schont dabei weder sich selbst, noch seinen treuen Wegbegleiter Mattias Marklund, der auf „Orkan“ zwischen egozentrischem Sologeschrubbe und völlig entspanntem Akkordeschupfen im ruhig-akustischen Bereich pendelt. Im Endeffekt klingen die Kompositionen wie eine Mischung aus ruhigeren ENSLAVED und weniger heroischen THYRFING, mit einer fetten Portion skandinavischer Folklore. Wie bei VINTERSORG gewohnt, lassen sich die wahren Ohrwürmer aber erst nach dem x-ten Hör anständig verifizieren. Geduld und Konzentration ist auch für „Orkan“ nötig, dann bekommt der Liebhaber progressiver Schwarzfolk-Klänge hier eine kräftige Dosis Musikqualität. Mir war das etwas bissiger „Jordpuls“ zwar lieber, aber auch „Orkan“ hat seine Qualitäten – wenn eben auch etwas hymnischer und vertrackter.



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Robert Fröwein (25.06.2012)

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