JOHN WETTON - Raised In Captivity

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VÖ: 01.07.2011
Bandinfo: JOHN WETTON
Genre: AOR
Label: Frontiers Records
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Lineup  |  Trackliste

JOHN WETTON's Karriere-Zenit ist eigentlich schon längst überschritten. Damals, in den seligen Achtzigern, als alles nach pathosgeschwängertem Bombast roch und sich frühere Progressive-Rock-Bands plötzlich in den Pop-Charts wiederfanden, war der gute Mann ja Teil der "Supergroup" ASIA, und mit "Heat Of The Moment" kann er bis heute auf zumindest einen veritablen Gassenhauer verweisen, den wirklich jeder Mensch kennen sollte. Bei nicht nur in Insiderkreisen geläufigen Rockdinos wie U.K., ROXY MUSIC, URIAH HEEP, FAMILY und KING CRIMSON hat der Mann mitgemischt, und deswegen einen nicht unwesentlichen Einfluss auf die Populärmusik bis heute.

Dass Mr. WETTON daneben bereits fünf Solo-Alben aufgenommen hat, ist wahrscheinlich den Wenigsten bekannt. Aber das macht nichts. Hiermit folgt nun also Album Nummer Sechs, und die Zeitreise kann wieder mal beginnen. Der gute Mann fährt nämlich hier gleich schweres Geschütz auf, alte Bekannte, die allesamt im 70ies- und 80ies-Prog irgendwann mal Weggefährten von ihm waren: die ehemaligen YES/ASIA-Recken Tony Kaye und Geoff Downes, Robert Fripp von der Kultcombo KING CRIMSON, Tastenwizard Eddie Jobson und URIAH HEEP-Klampfer Mick Box. Und auch GENESIS-Veteran Steve Hackett veredelte mit seinem unnachahmlichen Gitarrenspiel einen der Tracks .

Um dem Werk ein wenig modernen Touch zu verpassen - was bei der geballten Ladung an Achtziger-Synthie-Stadionrock ein recht schwieriges Unterfangen gewesen sein dürfte - wurden noch Anneke Van Giersbergen (vormals bei THE GATHERING), der österreichische Multiinstrumentalist Alex Machacek und DEEP PURPLE-Axeman Steve Morse mit an Bord geholt. Das Ergebnis ist ein wenig durchwachsen, für Liebhaber älteren musikalischen Kulturguts jedoch nicht uninteressant. "The Last Night Of My Life" oder der flotte Opener "Lost For Words" ist eigentlich Achtziger-Rock in Reinkultur, und macht auch heute noch Spaß beim Hören.

Dass der Herr WETTON Songs schreiben kann die catchy sind, zeigt sich hier einmal mehr - obwohl das ja bekannt sein dürfte. Unter Einbeziehung der jeweiligen Gastmusiker entstanden hier elf kurzweilige Songs, die von unnötigem Füllmaterial wie dem schmalzigen "We Stay Together" über straight hämmernde Rockstandards wie den Titeltrack bis hin zu einigermaßen Anspruchsvollem (das wunderschön klassisch gehaltene "Mighty Rivers" mit Anneke Van Giersbergen, "Goodbye Elsinore" mit Steve Hackett oder das von Geoff Downes verschönerte "Steffi's Ring") rangieren.

Ist sicherlich nicht jedermanns Sache, aber Menschen mit einem weitgefächerten Musikgeschmack könnten hier die eine oder andere Preziose für sich entdecken. "Raised In Captivity" - das John übrigens gemeinsam mit seinem langjährigen Kumpel Billy Sherman (u.a. YES) eingetütet hat - ist beileibe kein schlechtes Album, aber für die meisten wahrscheinlich doch ein wenig zu überladen, zu pathetisch und zu "retro". Andererseits: auch endlich mal eine Platte, die nicht um jeden Preis modern und trendy klingen will - und das ist ja immerhin auch was.



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Mike Seidinger (26.07.2011)

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