DIE SO FLUID - The World Is Too Big For One Lifetime

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VÖ: 05.11.2010
Bandinfo: DIE SO FLUID
Genre: Alternative Rock
Label: Demolition Records
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Lineup  |  Trackliste

Optisch können mich die Briten gleich mal voll überzeugen. Da räkelt sich Frontfrau und Bassistin Georgina „Grog“ Lisee nämlich im hautengen Latex-Catsuit in wunderhübscher Goten-Bitch-Pose. Ok, ich bin halt auch nur ein Mann, aber mit so was kann man Punkte einfahren. Die Frau läuft übrigens immer so rum. Schön. Da wir hier aber eigentlich über Musik schreiben, sollte man auch mit dem punkten können, was man so ins Polycarbonat gelasert hat. Und da sollte man sich bei DIE SO FLUID nicht täuschen lassen: was von aussen noch aussieht wie die klassische Gothabilly-Sause, ist im Endeffekt eigentlich typische Alternative-Berieselung mit gelegentlichen Ausflügen in die diversen Teilbereiche.

Praktischerweise haben DIE SO FLUID auf diese Weise mehr mit Acts wie SKUNK ANANSIE, L7 oder den GUANO APES gemeinsam als mit irgendwelchen Gotencombos, was ja bei der mittlerweile schier unüberschaubaren Menge an solchen so schlecht nicht sein kann. Hinzu kommt, dass sich – wie bei den meisten Power-Trios auch – die Energie ziemlich geballt und komprimiert in die Songs injizieren lässt, heisst: kein unnötiger Schnickschnack und Songs, die meist sofort auf den Punkt kommen. Die Tatsache, dass die Drei sich normalerweise in mannigfaltigen anderen Musikprojekten ihre Brötchen verdienen (von den GORILLAZ über LEE SCRATCH PERRY bis XMAL DEUTSCHLAND), kommt diesem - übrigens bereits dritten - Output sicherlich auch zugute.

Alternative könnte man es nennen, oder vielleicht Post-Grunge. Der Heavy Metal wird nur peripher tangiert, die härteren Tracks wie „Mercury“ oder der Voll-in-die-Fresse-Rotzer „How Vampires Kiss“ gehen sogar richtig fein ab. „Raven“ vermengt Dark Wave á la JOY DIVISION mit Grunge-Riffing, der Opener „Figurine“ mit seinem göttlichen Refrain ist für mich hier der beste Song und die Geradeaus-Rocker „Storm“ und „What A Heart Is For“ sind ebenfalls recht nett anzuhören. Den etwas klebrigen L’amour-Hatscher "Themis" hätte man sich aber schenken können, ebenso wie „Hearts Are Hollow“, das zwar mit einem lecker Stoner-Part beginnt, später aber am Stimmungsbarometer gen Null abfällt.

„Sound In Colour“ erinnert abschliessend ein wenig an Neunziger-Britrock-Experimente, kann aber zumindest mit einem harten Refrain punkten. Und immerhin hat man hier auch noch einen wunderschönen Hidden Track platziert, der nach 19 Minuten beginnt und auf „The World Is Too Big...“ echt so ziemlich das einzige ist, was annähernd nach Gothic klingt: nur mit Piano und Stimme interpretiert ist diese Ballade fast zu schade, um sie zu verstecken. DIE SO FLUID spannen den Bogen also bewusst über mehrere Genres, was diese Platte fast schon zeitlos macht – ok, ein wenig Neunziger-Nostalgie hier und dort lässt sich nicht verbergen. Wenn diese aber ehrlich rüberkommt, und der Grossteil des Materials brauchbar ist, ist mir das noch immer tausendmal lieber als der wasweissichnichtwievielte EVANESCENCE-Aufguss.



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Mike Seidinger (27.10.2010)

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