TIDE - Regeneration

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VÖ: 15.10.2010
Bandinfo: TIDE
Genre: Electro Rock
Label: CPZ Records
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Lineup  |  Trackliste

Slowenien – der unbekannte südliche Nachbar. Vor allem musikalisch, oder wem fällt ausser der Industrial-Veteranen LAIBACH spontan hier noch ein nennenswerter Export ein? Eben. Warum man uns TIDE bis jetzt vorenthalten hat ist mir unverständlich – „Regeneration“ ist bereits das dritte Langspielalbum, bereits 2009 erschienen und wird jetzt (endlich!) auch in Resteuropa vertrieben. Im ersten Moment klingen die vier Herren nicht so ganz Stormbringer-kompatibel. Electronic Rock? Power-Pop? Wo genau sich die Slowenen einordnen lassen, kann man nicht auf Anhieb sagen.

Nach dem ersten Durchgang fallen die einzelnen Teile aber alle an ihren richtigen Platz. Da ist einmal eine gehörige Portion New Wave. Dann finden sich immer wieder Elemente aus Dark Pop, Synth-Rock und Bombast-Rock, und den zwölf Songs ist allen eines gemeinsam: sie klingen ziemlich hitverdächtig. Beinahe schon zu hitverdächtig – so fressen sich etwa „Waste No Time“ oder „Best Friend“ umgehend im Gehörgang fest. Hier wird noch dazu so geschickt bei Anderen geklaut, und auch so offensichtlich in sämtlichen Genres der elektronisch verstärkten Musik gewildert, dass man TIDE ausser einer gehörigen Portion Dreistigkeit eigentlich nichts vorwerfen kann.

Bei „Reptiles“ glaubt man, THE CULT würden sich an „My Sharona“ vergehen, und auch das Riff im folgenden „You“ hat man offenbar von Billy Duffy geklaut, es jedoch noch mit einem Songkonstrukt vereint, das sogar U2 zur Ehre gereichen würde. TIDE sind in ihrem Aktionsradius nicht nur relativ weitläufig, sondern sogar richtig gut - aber nur solange sie keine Ballade spielen. So hätte man sich das schmalzige „Let Me Sleep“ schenken können, und die schwülstig-bluesige PRINCE/KRAVITZ-Hommage „So Lonely“ fällt auch ein wenig negativ aus dem Rahmen. Hier fehlt schlicht und einfach die Power der restlichen Songs.

Die Truppe aus Laibach (sic!) agiert genreübergreifend, was hier sicherlich zu den Pluspunkten zählt, und die Combo kann sich bei fast jedem Song irgendwie elegant aus der Affäre ziehen. Unterstrichen wird das durch die Tatsache, dass man hier doch tatsächlich nach einiger Zeit glaubt, man würde sich eine Compilation mit zeitgenössischer britischer Rockmusik reinziehen. Probiert es aus: „All The Things“ zitiert die STONE ROSES und KULA SHAKER, „To Be Your Lover“ erinnert mit seinem stampfenden Glam-Rhythmus an T.REX, „Waste No Time“ pumpt daher wie ein besserer DURAN DURAN-Hit, und „Best Friend“ schreit förmlich nach THE MISSION.

Ich fühle mich von „Regeneration“ echt prächtig unterhalten, auch wenn ich anfangs so meine Zweifel hatte und es nicht die Metalplatte ist, die man an dieser Stelle vielleicht erwartet. Ich meine, welche coole Band hat es schon mal fertig gebracht, auf einem Album nach mindestens acht verschiedenen anderen coolen Bands zu klingen, dabei noch witzige, unterhaltsame Songs zu schreiben und bei dem ganzen Treiben nicht ein einziges mal auch nur ansatzweise gekünstelt zu klingen? Eben. Grenzgänger mit Hang zum (Dunkel-)Rock britischer Machart sind mit „Regeneration“ bestens bedient, und alle die sich trauen können ja auch mal die (nicht minder interessanten) anderen beiden CDs anchecken.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Mike Seidinger (25.10.2010)

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