Arstidir Lifsins - Jötunheima Dolgferd

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VÖ: 08.10.2010
Bandinfo: ÁRSTÍÐIR LÍFSINS
Genre: Ambient Black Metal
Label: Van Records
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Lineup  |  Trackliste

Es gibt Albumkonzepte, die mich, einmal abgesehen von der musikalischen Komponente, von Anfang an zu begeistern wissen. So auch der Versuch des KERBENOK Chefdenkers Stefán, die altisländische Geschichte möglichst detailgetreu und fern von aller Verklärung darzustellen und ihr ein adäquates Tongewand zu verpassen. Da Mastermind Stefán studiumstechnisch selbst einige Zeit in Island verbracht hat und dessen Historie auch Teil seiner Studien ist, versteht es sich von selbst, dass er dort einige metallische Bekanntschaften gemacht und gleich eine Horde Gastmusiker auf dem Erstwerk ARSTIDIR LIFSINS' 'Jötunheima Dolgferd' versammelt hat. Veröffentlicht wird die Scheibe vom deutschen Kultlabel Ván Records, welches von dem Konzept auch auf Anhieb überzeugt gewesen zu sein schien. Jetzt fragt sich nur, ob die Platte in musikalischer Hinsicht genauso zu verzücken vermag wie auf textlicher und gestalterischer Ebene.

DIe klangliche Gesamtausrichtung lässt sich wegen der schier unendlichen Details nur sehr schwer beschreiben. Doch um alle Schubladendenker zu befriedigen: Die Musik von ARSTIDIR LIFSINS bewegt sich von Ambient zu Pagan Black Metal bishin zu rein akustischen Folkpassagen.
Eine sehr interessante Mischung also, die technisch und soundmäßig auch perfekt wiedergegeben wird. Die große Anzahl an Gastsängern wie zum Beispiel Jorge Scholz alias Blutaar seines Zeichens Vokalist bei den Kieler Black Metallern von DRAUTRAN sowie HELRUNAR Frontkreischer Skald Draugir, verleiht dem Material die notwendige Abwechslung, auch wenn die gesprochenen Parts sowie manche Männerchorpassagen etwas zu überladen und künstlich wirken. Auf einzelne Songs möchte ich gar nicht eingehen, da 'Jötunheima Dolgferd' als Gesamtkunstwerk zu betrachten ist, welches möglichst am Stück gehört werden sollte. Positiv lässt sich die über das ganze Album aufrechterhaltene epische Grundausrichtung beurteilen. Man meint wirklich die unverkennbare isländische Landschaft vor Augen zu haben, was man schon einmal als Lob für die Band werten kann. Auch in Sachen Instrumentenbeherrschung und künstlerischem Anspruch macht den Jungs so schnell niemand etwas vor.

Doch trotz all dieser Punkte muss ich sagen, dass bei mir im Endeffekt nicht viel hängengeblieben ist, weder musikalisch noch textlich, was sich aufgrund der isländischen Sprache auch etwas schwierig gestaltet hätte. Alles in allem muss ich aber feststellen, dass es Stefán und seine Kollegen schlichtweg (noch) nicht vermögen einprägsame Songs zu schreiben. Dass daran die überlange Dauer des Albums nicht ganz unschuldig ist, erklärt sich von selbst. Um ein altes Sprichwort hervorzukramen, bei den meisten Stücken wäre weniger eindeutig mehr gewesen. Die Tracks platzen fast vor Details und selten ist ein Song dabei, der wirklich vollends zu begeistern weiß. Die vorhin schon angesprochene Überladenheit ist ARSTIDIR LIFSINS schlussendlich zum Fluch geworden. Trotz all dieser Kritikpunkte hat die Truppe mit 'Jötunheima Dolgferd' ein ordentliches Debut am Start, welches Genrefans sicher Freude bereiten könnte. Hier sollten sich besonders Anhänger vorhin genannter DRAUTRAN angesprochen fühlen, allein schon wegen der Vokalparts von Krächzer Blutaar.

Abschließend muss ich gestehen, dass ich aus diesem Sektor schon sehr viel bessere Scheiben gehört habe. Trotzdem will ich die Gruppe noch nicht abschreiben, da einfach ein gewisses Potential in ihnen steckt. Dies müssen die Jungs bei einem möglichen zweiten Album nur abrufen und sich mehr auf die emotionale als auf die geistige Seite der Musik konzentrieren. Darin könnte sich der Schlüssel zum Erfolg verbergen!



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Johannes Deml (16.10.2010)

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