Equilibrium - Rekreatur

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VÖ: 18.06.2010
Bandinfo: EQUILIBRIUM
Genre: Pagan Metal
Label: Nuclear Blast GmbH
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Lineup  |  Trackliste

Nachdem die deutschen Pagan Metaller EQILIBRIUM im Jahre 2008 einen riesigen Überraschungs-Erfolg mit dem Epos "Sagas" feiern konnten, was wahrscheinlich auch an der im Moment sehr beliebten Pagan-Welle liegt, konnten sie auf etlichen Konzerten sowohl Fans als auch Kritiker begeistern. Warf man der Band vorher noch Ausverkauf vor, dürfte heute wohl die Klasse der Band, und auch natürlich die Ernsthaftigkeit – EQUILIBRIUM sind keine Saufband! - in aller Munde sein. Anfang 2010 jedoch trennte sich die Band urplötzlich von Sänger Helge und Drummer Manuel. Besonders ersteres dürfte viele Fans (Auch mich) extrem enttäuscht haben, da Helge einfach die ultimative Stimme für EQUILIBRUM war, sein Gesang passte einfach perfekt zu den Songs der Band. Glücklicherweise konnte die Band recht kurz darauf mit Ersatz für beide Positionen aufwarten: Ein neuer Drummer namens Hati, ein Israeli, soweit ich weiß, aber noch wichtiger, ein neuer Sänger: Der Mann heißt Robse, und ersten Songs zufolge konnten die Fans erleichtert aufatmen. Robse ist stimmlich sehr in der Nähe von Helge, auch wenn er ein wenig mehr auf Growl-Parts als Kreischgesang Wert legt. Nach Anhören des neuen Albums "Rekreatur" kann ich aber sagen: Das ist fast egal, da sich die beiden wirklich sehr ähnlich sind.

Erste Überraschung: Nur 9 Songs auf dem Album? "Sagas" war doch 79 Minuten lang, und hier so viel kürzer? Naja, in Maßen. Das Album ist mit seinen 67 Minuten immer noch überdurchschnittlich lang, und die einzelnen Songs haben zumeist auch Überlänge. Also, werte Fans von langen Alben: Da hat sich bei EQUILIBRIUM nichts geändert.

"Rekreatur" startet ohne direktes Intro, diesmal ist das Intro in den Song eingebunden und auch nicht so lang wie auf "Sagas". Das kann jeder finden wie er will, Vorteil ist auf jeden Fall: Es geht sofort in den Song und der Kopf muss bangen. "In Heiligen Hallen" ist ein sehr schneller Song, der natürlich mit den typischen EQUILIBRIUM-Folk-Elementen aufwartet, die aber gegen diese Gitarren- und Riffwand schon zu kämpfen haben. Es ist aber so: Der Sound ist ausgewogen und keines der beiden Elemente überwiegt noch sind die Songs überladen. Einfach perfekt, aber nach so einem Album wie "Sagas" kann doch nur was Gutes kommen. Dennoch muss ich einen Vergleich ziehen: "In Heiligen Hallen" kann mit keinem Song mithalten, der auf "Sagas" enthalten war. Und bedauernswerterweise muss ich zugeben, dass das keiner der Songs kann, bis auf drei. Man liefert mit den Heiligen Hallen jedoch einen ausgezeichneten Opener, der den Hörer sofort ins Geschehen wirft und alle typischen EQUI-Trademarks aufzuweisen hat. Einfach nur genial. Sicher einer der eingängisten Songs ist der schnelle "Der ewige Sieg", der meiner Meinung nach auch Ähnlichkeiten mit dem "Party"-Song EQUILIBIRUMs, "Met" hat. Robse kann richtig geil überzeugen mit einem sehr schnellen Gesang, von dem ich dachte, dass nur Helge ihn draufhat. Aber nein, auch Robse scheint ein außergewöhnlicher Sänger zu sein. Damit haben sich die Jungs wirklich einen guten Mann ins Boot geholt! "Der Ewige Sieg" wartet außerdem mit abwechslungsreichen, etwas langsemeren Passagen auf, auch im Refrain wird etwas Tempo rausgenommen. Das ist aber beileibe keine Nachteil, denn umso hymnischer ist der Song! "Der Ewige Sieg" ist der erste Song, der an das Sagas-Niveau herankommt. Gleich geht es weiter mit "Verbrannte Erde", welcher sicher der untypischste EQUILIBRIUM-Song ist. Sehr langsam und stampfend kommt er daher, Robse singt ausschließlich mit tiefem Growl-Gesang. Fand ich das bei den ersten Durchläufen noch ziemlich langweilig, bin ich jetzt begeistert. Die orchestrierten Melodien sind eher düster, aber sehr episch gehalten und der Refrain kann auch vollends überzeugen. Sicher kein Highlight, aber ein gelungenes Experiment. Wer offen ist, dem dürfte das auch sehr gut gefallen. Der vierte Song "Die Affeninsel" hat den bescheuertsten Titel des Albums, wird aber zum Glück dadurch nicht schlechter. Dieser Song war auch der erste, den die Fans hören durften, er fällt ebenso wie "Der Ewige Sieg" in die Richtung Spaß-Song, also ein Song, der richtig zum Abgehen und für Konzerte gedacht ist. Eingängiges, gutes Stück, klingt jedoch etwas zu durchschnittlich. Allein Robses mal wieder extrem schneller Gesang ist sehr ausdrucksstark, der Rest geht etwas unter. Das folgende Stück "Der Wassermann" zähle ich wieder zu den Songs, die an "Sagas" herankommen. Beim ersten Durchlauf fällt zwar die Stärke dieses Songs auf, aber erst mir mehreren 'Anhörungen' entfaltet er sein ganzes Potenzial. Hier regieren sehr melodische Gitarren-Leads und eine ruhige Strophe mit Folk-Elementen. Mit seinen Melodien und Arrangements kann man bei diesem Song auch wunderbar die Augen schließen und träumen, wie auch bei z.B. "Dämmerung" von "Sagas".

Der erste richtig lange Track ist "Aus Ferner Zeit" mit 9 Minuten und 21 Sekunden. Er startet fast genauso wie "Snüffel" von "Sagas", entwickelt sich jedoch komplett anders. Zudem erschließt sich dieses Stück wirklich nur, wenn man es mehrmals hört und sich auch darauf konzentriert. Zu Beginn ist es sehr schnell, wobei immer mal wieder langsame Passagen eingeschoben werden, was sich durch den ganzen Song, zieht, wodurch er zwar abwechslungsreich ist, aber auch etwas an Eingängigkeit verliert. Aber das ist natürlich kein Nachteil. Nur muss man den Song recht oft hören, um ihn komplett zu verstehen. Im Mittelteil ist ein sehr langer Folk-Part vorhanden, der sehr melodisch und mittelalterlich überzeugen kann. Wirklich wunderbar, was EQUILIBRIUM hier abliefern. Aber leider kein Vergleich zu Stücken wie "Des Sängers Fluch", irgendwie fehlt ein wenig diese Atmosphäre. Aber vielleicht kommt die noch dazu, wenn man das Album im Original in der Hand hält – wenn es genau so gut aufgemacht ist, wie "Sagas", dann ist das wirklich toll. Der siebte Song nennt sich Fahrtwind und wird von dem Sound eines Motors eingeleitet – das passt nun wirklich nicht. Dennoch gibt der Song Gas und klingt ein wenig nach "Der Ewige Sieg" mit schnellen Keyboard-Melodien und einem sehr eingängigen Refrain. Durchaus ein starkes Stück, aber dieses geht auch etwas in der Welle unter. Der hymnische Refrain lässt aber wieder Erinnerungen an selige "Turis Fratyr"-Zeiten aufleben, perfekt.

"Wenn Erdreich bricht" ist wieder ein herber Abfall – sehr langweilig ist das Lied, es gibt auch keine besonders guten Melodien und Robse growlt irgendwie uninteressant daher. Zwar gibt es bei EQUILIBRIUM immer ein bestimmtes Niveau, aber hier ist die Untergrenze desselben erreicht. Okay, der Doublebass-Part in der Mitte des Stückes ist nochmal recht geil, auch das darauffolgende Keyboard, aber insgesamt sicher der schwächste Song des Albums.

Mit "Kurzes Epos" folgt der Song, der exakt an "Sagas" anknüpfen kann. Ein 13-Minütiges Epos, welches genau in der Tradition von "Mana" von "Sagas" liegt. Ein Wechselbad an Gefühlen spiegelt sich in dem Song wieder, eingängige Melodien treffen auf vertrackte Strukturen und Riffs liefern sich eine Schlacht mit Folk-Elementen – hiermit ist den Bayern mal wieder ein absolutes Götterstück gelungen. Wirklich unglaublich, wie die Band brilliert, als gäbe es kein Morgen und müsse sie mit diesem Stück jeden Menschen auf der Welt überzeugen. Das absolute Highlight des Albums. Somit wird "Rekreatur" auch würdig ausgeleitet. Man ist schon ein wenig traurig, wenn das Album vorbei ist. Aber das geile ist – man kann einfach nochmal auf 'Play' drücken und das alles nochmal wirken lassen, da das Album wirklich sehr abwechslungsreich ist und es nicht so schnell langweilig wird. Leider vermisse ich etwas: Die ruhigen, folkigen Songs wie zum Beispiel "Heiderauche", die wirklich perfekt ins Konzept passten. Dennoch dürfte, oder müsste, "Rekreatur" jedem EQUILIBRIUM-Fan gefallen, da sie ihren Stil wirklich nicht verändert haben und Robse am Gesang echt stark ist und auch Hati an der Drumposition sehr druckvoll daherkommt. Sehr empfehlenswert.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Steelbound (07.06.2010)

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