Magician - Tales Of The Magician

ANGRA, anyone?! Das ist das Erste, was mir beim Durchhören des ersten Full-Length Albums von MAGICIAN in den Sinn kommt, und das nicht nur wegen des Promotexts. Nicht nur, dass die Herrschaften selbst Landsmänner der offensichtlichen Vorbilder sind und ebenfalls aus Brasilien kommen (aus Porto Allegre, um ganz präzise zu sein); nein, auch ihr Stil ist mehr als nur ein bisschen von der großen Progressive Powermetal Band aus Südamerika inspiriert!

Und so geht es nach einem kurzen Intro auch in bester ANGRA-Manier los; anders kann man es eigentlich gar nicht beschreiben. Anspruchsvolle Gitarrenparts mit vielen Breaks und progressiven Passagen, aufgelockert durch gezielt eingesetzte Keyboard-Arbeit, und dazu der starke Gesang von Fronter Dan Rubin, der ebenfalls ein bisschen an den gegenwärtigen ANGRA-Shouter Edu Falaschi erinnert - hier wird geklotzt, und nicht gekleckert!

Mit "Tales Of The Magician" legt der Fünfer zwar erst sein erstes volles Album vor, aber hier zeigt sich sofort, dass hier absolut erstklassige Musiker am Werke sind! Inhaltlich legen die Herren auch gleich ein Konzept vor, und zwar geht es laut Promotext um den Magier Zhaldor (was für ein GROSSARTIGER Name!), der sein Heimatland Zelgian (beinahe NOCH GROSSARTIGER benannt!) vor einer dunklen Bedrohung retten soll. Moment, gibt´s da ein Copyright drauf?! Aber eigentlich eh egal... Musikalisch lassen die Herren nämlich absolut nichts anbrennen!

Leider sind die großen Stärken von MAGICIAN für mich persönlich auch ihre Schwächen - denn wo sich die Band als hervorragende Instrumentalisten präsentieren, geht das für mich allzu oft auf Kosten der Songs. Das ist auch ein Problem, das ich schon seit langem mit ANGRA selbst habe; dass das alles hervorragende Musiker sind steht außer Frage, aber ich habe halt allzu oft das Gefühl, dass man die "Progressivität" nur mehr um der "Progressivität" Willen einbaut, und alles andere - sei es Riffing, seien es Melodien, seien es Songstruktueren - dem unterordnet. ANGRA schaffen die Gratwanderung dabei meines Erachtens noch ein bisschen besser, bei MAGICIAN hapert es auf dem Erstling noch ein bisschen an der Ausgewogenheit zwischen spielerischen Finessen und progressiven Elementen einerseits, und einfach nur eingängigen Refrains und melodischen Passagen andererseits. Viel zu oft kommen dann einfach irgendwelche Breaks und Stops mehr oder weniger erzwungen und regelrecht in die Songs "reingepresst" vor, und behindern damit öfters den Fluss der Songs, statt diese aufzuwerten.

Nichtsdestoweniger sind MAGICIAN jedenfalls allen ANGRA und SHAAMAN-Fans wärmstens zu empfehlen; hier kann jemand, der ANGRA vergöttert eigentlich auch nichts falsch machen. Und auch wenn sie ab und an meines Erachtens die Progressivität ein bisschen zu sehr in den Mittelpunkt stellen, und das Gefühl und die Emotion manchmal dabei auf der Strecke bleiben, haben auch MAGICIAN auf ihrem Debut "Tales of the Magician" einige sehr gelungene melodische Metal-Kracher vorzuweisen, wie etwa den Opener "Prime Evil", das akustisch eingeleitete "Minstrels Domain", den Speedkracher "Siege Of Zelgian" oder das abschließende, bombastische "Let The Harmony Endure", bei denen man sich dann zwischendurch doch noch einmal auf das Wesentliche im "melodischen Metal" - nämlich die Melodien - besinnt. Und in diesen Momenten zeigt sich dann die wirklich große Klasse der Band; wenn sie zeigen können, dass sie es sehr wohl verstehen, anspruchsvolle Parts mit eingängigen Melodien zu verbinden. Und wenn sie nun auf dem hoffentlich bald erscheinenden Nachfolger weiter diese Tugenden fördern, anstatt sich allzu sehr auf Gefrickel und Gefudel mit reinem Selbstzweck zu fixieren, dürften wir hier wirklich amtliche Nachfolger von ANGRA am Start haben! Fazit: MAGICIAN kann man sich jedenfalls ins Regal stellen, geht wirklich schwer in Ordnung!