Opeth - Watershed

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VÖ: 30.05.2008
Bandinfo: OPETH
Genre: Metal
Label: Roadrunner Records
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Mikael Åkerfeldt kann man getrost als eines der wenigen vor Intellekt nur so sprühenden musischen Genies in der Metalszene titulieren. Was des Schweden’s Kopf da so zeitweise an Irrwindungen entspringt ist rationell kaum in Worte zu fassen, wahrscheinlich ähnlich schwierig wie diesen tonalen Wahnsinn in Bits und Bytes zu verwandeln. Es mag des Weiteren kaum eine Band unter der Sonne geben, die es sich erlauben kann ein Album mit einem drei Minuten dauernden, wunderschönen Emotionsausbruch zu beginnen. So geschehen auf „Watershed“, dem neuesten Baby aus der kranken, aber musikalisch äußerst potenten Welt des Herrn Åkerfeldt. Eine Sehnsuchtsballade, reduziert auf wunderschöne Melodiebögen, Akustik Gitarre und Streicher, sowie als Zuckerguss einer betörenden weiblichen Stimme, vorgetragen von der schwedischen Folk Sängerin Nathalie Lorichs. Outstanding, anders, wohl nur von einer Band machbar, die mit acht Alben im Rücken vor Selbstvertrauen nur so strotzt.

Kategorisierbar ist der OPETH Sound ja schon seit langem nicht mehr, flüssige Übergänge zwischen Metal, klassischem Rock, viel, ja sehr viel Prog Rock – hauptsächlich 70ies beeinflusst – Folk Anleihen und auch schon irgendwie Free Jazz anmutende Passagen, all das wird in ein Konglomerat verpackt, das mit Worten wie atemberaubend, gütig, emotionell oder komplex-intensiv wohl nur an seiner Oberfläche beschrieben werden kann. „Heir Apparent“ (Danke für den Songtitel des Jahres Mr. Åkerfeldt!) donnert nach dem lieblichen Beginn gleich mal im Zwölfspur Format aus den Speakern, unglaublich breit, dabei aber auch gewohnt schräg, zig Windungen, dabei aber auch verträumt, schwer auszurechnen, schön nebenbei, dass Åkerfeldt das Gurgeln nicht verlernt hat.

Völlig von der Rolle „The Lotus Eater“. Unglaublich wie der Fronter da die Klarstimme über die Blastbeats legt und im konträren Vergleich die Grunts bei den eher behäbigeren Parts rausgrummelt. Abgefahren ist hier noch die Untertreibung des Jahres. Per Wiberg mit zig Keyboardvarianten, eine Windung nach der Anderen, Hirngewichse auf höchstem Niveau, und einem de facto Outro from outer Space. In dieser Tonart geht es weiter, obgleich Åkerfeldt relativ bald die deathigen Vocals ad acta legt ‚(sieht man von einem Kurzgegrunze in „Hessian Peel“ einmal ab) und sich mehr und mehr dem 70ies Progrock zu wendet. „Burden“, schaurig schön, prachtvoll und voller Erregung, die Hammondorgel als tragendes Element, die episch, verträumten Parts, eine Reise in eine heile, eine unverletzliche Welt voller Liebe, Sehnsüchte und Geborgenheit. „Porcelain Heart“ mit SABBATH ähnlichem, wuchtigem Beginn, bevor die Akustik Gitarre die Dominanz übernimmt. Wie so oft bei OPETH fällt auch hier der ProgRock vor gut 25 bis 30 Jahren, als vages, als zaghaftes Sinnbild des Gehörten, der SABBATH Touch rückt wieder in den Vordergrund, ein hin und her pendeln zwischen Emotionen und leicht gezügelter Brachialität, ein wundersames Nebeneinander dieser an sich so unterschiedlichen Elemente, Gänsehaut inklusive! „Hessian Peel“, mit über elf Minuten auch der längste Opus auf „Watershed“ beginnt wieder im Traumland, mit einem herrlichen Gitarrengrundthema, über das Flöten und derlei Dinge gelegt werden, betörend, fast süchtig machend bereiten einem OPETH auf die vor uns liegende Reise vor. KING CRIMSON, im Konnex mit anderen Prog Größen vergangener Tage hat hier definitiv Pate gestanden, leichte Assoziationen zu JETHRO TULL ohne Querflöte flattern im Raum umher, bevor die Neuzeit Progger das Heft in die Hand nehmen, eine meterdicke Gitarrenwand sich vor einem aufbaut, nur um nach kurzer Zeit wieder ins Land der Träume entweichen zu müssen, um den nötigen Platz für die bereits erwähnte Kurzgrunzerei frei zu machen. Als Abschluss Gourmethäppchen servieren uns Åkerfeldt’s OPETH mit dem „nur“ sieben Minüter „Hex Omega“ noch einmal eine betörende Reise in die schier unendlichen Weiten des progressiven Kosmos, eine nicht zu überhörende Bassdominanz, eine erneute Gefühlstrampelei, eine entzückende, ja und auch verzückende Verspieltheit, bei der sogar so was wie „moderne“ Vocals zum Tragen kommen dürfen, bevor man, gegen Ende, noch mal einen richtig schön vor den Latz geknallt bekommt.

„Watershed“ ist eines jener Alben, welches selbst nach zig Durchläufen noch immer wächst und wächst, in schier unendliche Weiten emporzusteigen in der Lage ist, eine Vielfalt und Abgefahrenheit offenbart, für die andere Combos ihren linken Arm, ihre ganze Karriere oder was weiß ich opfern würden, in der Gewissheit, derartige Genieblitze nicht mal ansatzweise auf zehn Alben verteilt offerieren zu können. „Watershed“ ist ein Album, welches – speziell unter dem Kopfhörer genossen – eine kaum nachzuvollziehende Stimmung darlegt, eines jener Werke, welches ein prächtiges Grundgefühl suggeriert, fast wie ein Gemälde, welches mit zig Nuancen auf Leinwand gebannt wurde. „Watershed“ ist genau solch ein Album geworden, welches in der Zukunft als Klassiker, als Meilenstein bezeichnet werden wird. Ein musisches Kleinod von einer der wenigen Ausnahmekapellen unseres Erdballes! Danke hierfür! Besten Dank nach Stockholm…



Bewertung: 5.0 / 5.0
Autor: Reini (21.05.2008)

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