COLDWORLD - Isolation

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VÖ: 30.09.2022
Bandinfo: COLDWORLD
Genre: Black Metal
Label: Eisenwald
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Auch wenn draußen die Temperaturen eher einen späten Sommer proklamieren, musikalisch ist es Herbst geworden, mit der dritten Full Length Veröffentlichung von COLDWORLD. Aber das passt auch recht gut, da der November unmittelbar vor der Tür steht und über kurz oder lang Tristesse, Dunkelheit, Melancholie und die sichtbaren Zeichen der Vergänglichkeit auch in meteorologischer Hinsicht wieder Einzug in unser Leben halten werden. Den passenden Soundtrack zur dritten Jahreszeit liefert einmal mehr G.B. alias Georg Börner, seines Zeichens Kopf, Multitalent und einziges Mitglied des (mittlerweile) Leipziger Depressive Black Metal-Projektes.

Ich erinnere mich noch sehr gut an meine erste akustische Begegnung mit COLDWORD. 2008 drehte sich das Debütalbum "Melancholie²" auf dem Plattenteller. Ich war absolut hingerissen, von den ergreifenden Klängen, und doch ist mir bis heute ein ungetrübter Genuss des Erstwerkes aufgrund des unterirdischen Sounds der Veröffentlichung nicht möglich. Das ist sehr bedauerlich, denn zu welcher Größe hätten sich Stücke wie "Hymn To Eternal Frost" entfalten können, wenn sie nicht in diesem unterirdischen DARKTHRONE-Gedächtnis-Lo-Fi-Brei erstickt worden wären. Aber vielleicht läßt G.B. sich ja dazu hinreißen, irgendwann noch einmal eine soundtechnisch remasterte Version von "Melancholie²" zu veröffentlichen. Verdient hätten es die großartigen Songs allemal.

2016 erschien der Nachfolger zum Debüt, "Autumn" und war soundmäßig ein großer Schritt nach vorn, denn nunmehr waren Tracks wie "Woods Of Emptiness" in ihrer ganzen Pracht zu hören. Nach "Autumn" sollte es allerdings (von diversen EP- und Single-Veröffentlichungen abgesehen) geschlagene sieben Jahre dauern, ehe mit "Isolation" ein neues Studioalbum das Licht der Welt erblickte.

Der Albumtitel ist Programm. Die neue Scheibe entstand während der Pandemie 2020/21 und dementsprechend präsentieren sich die acht Stücke musikalisch und – sofern vorhanden – lyrisch als Ergebnis von Lockdown, Social Distancing und Isolation. Dabei ist das COLDWORLD-Drittwerk kein Album im klassischen Sinne. Vielmehr handelt es sich, wie der Titel des zweiten Stückes sehr treffend formuliert, eher ein Soundtrack der Corona-Zeit.

Die Hälfte der Nummern auf "Isolation" sind Instrumentals, zwei davon reine Ambient-Stücke. Doch auch in den Songs, in denen Georgs Stimme zu hören ist, werden die Lyrics eher sparsam, mehr als integriertes Instrument eingesetzt, das den COLDWOLRD-Sound unaufdringlich komplettiert

Musikalisch und stilistisch hat sich das COLWORLD-Klanguniversum im Vergleich zu "Melancholie²" und "Autumn" deutlich weiterentwickelt. Die einzelnen Tracks erklingen viel differenzierter. Der Einstaz von klassischen Streichinstrumenten wurde stark intensiviert und gibt Songs wie "Soundtrack To Isolation", "Walz", "We are Doomed" oder "Wound" eine ganz spezielle Note. Dazu gesellen sich Black Metal-fremde Stilelemente. So ist "We are Doomed" im Grunde genommen ein exzellenter Doom Death Song der Marke MY DYING BRIDE mit gelegentlichen schwarzmetallischen Einsprengseln. Der grandiose Albumcloser bedient sich zu Beginn kräftig aus der Gothic-Schublade.

 

Die Texte der vier Stücke, die Lyrics enthalten, sind kurz, prägnant und perfekt an den richten Stellen der Songs positioniert. "Hymnus" enthält Auszüge aus dem Gedicht "Solitude" von James Thomson aus dem Jahr 1725. Spiegeln die Lyrics in "Wounds", "Walz" und "We Are Doomed" eher die negativen Seiten von Isolation und Einsamkeit wider, so ist der Text von "Hymnus" bei aller Melancholie doch eher romantisch und eine aus Worten bestehende, warme Umarmung der Seele.

Fazit:

"Isolation" ist ein weiteres großartiges COLDWORLD-Album, das sich stilistisch etwas von seinen Vorgängern abhebt. G.B.s Aufarbeitung der Corona-Zeit zieht das Auditorium von der ersten bis zur letzten Sekunde in seinen Bann. Die wundervollen Streicher-Arrangements verzaubern die Hörerschaft, doch auch die schwarzmetallischen Wurzeln werden nicht vernachlässigt. "Isolation" ist dunkel, melancholisch und zuweilen schmerzerfüllt und ein perfekter Soundtrack für die kommenden November-Tage, wenn die letzten Blätter von den Bäumen fallen, der Nebel aus den Wiesen steigt und die feuchte Kälte durch alle Ritzen dringt. 

 



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Ernst Lustig (02.11.2022)

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