MEGADETH - The Sick, The Dying...And The Dead!

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VÖ: 02.09.2022
Bandinfo: MEGADETH
Genre: Thrash Metal
Label: Universal
Hören & Kaufen: Amazon
Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Disclaimer: dieses Review enthält unpopuläre Meinungen und könnte insbesondere METALLICA-Fans vor den Kopf stoßen. Es sollte daher unbedingt und von jedem gelesen werden! Beim Verfassen dieses Reviews wurden keine Tiere gequält und niemand musste währenddessen Schlager hören!


Nach dem famosen "Dystopia" haben MEGADETH vor allem mit ominösen Bezahl-Fanservices und dem unrühmlichen Rausschmiss von Co-Dave Ellefson von sich reden gemacht. Neue Musik stand länger nicht zur Debatte, und als es mal soweit war, verschwanden die von Dave Ellefson bereits eingespielten Bassspuren medienwirksam von dem heute als "The Sick, The Dying...And The Dead!" bekannten Rundling. Und manchmal frage ich mich, wer von beiden Daves in besagter Gemengelage den größeren Hau weghatte. Aber was soll man sagen?! Auf seine eigene Art und Weise war unser werter Megadave schon immer ein Spaßvogel…einer, der auch live nicht immer den nötigen Zugang zur Muße findet und sich infolgedessen verpfeift (tief sitzt die Pein über die lustlose Performance am Summer Breeze 2017). Aber trotzdem – und manchmal weiß ich ehrlich gesagt nicht, warum – stehe ich bis heute zu meiner vehementen Behauptung, dass MEGADETH in Sachen musikalischer Quantität und Qualität längst über ihre alten "Freunde" von METALLICA erhaben sind und die eigentliche Speerspitze der berüchtigten "Big Four" [die im Grunde ja eigentlich schon immer nur "Big ONE" sind. Anm. eines der eingangs angesprochenen METALLICA-Fans in der Redaktion] bilden.

Ein neues Album – der Moment der Wahrheit

Wenn wir diese höchstwahrscheinlich unpopuläre Meinung zum Ausgangspunkt nehmen, stellt "The Sick, The Dying...And The Dead!" eine hervorragende Gelegenheit dar, vorstehende These zu untermauern – oder sie ein für alle Mal in der Tonne der Vergessenheit zu versenken. Doch was erwartet uns eigentlich auf Album Nummer 16? Cover und Albumtitel deuten auf einen Mix aus dem 1988er Klassiker "So Far, So Good…So What!" und dem 2016er Granatenalbum "Dystopia" hin – und der Schein trügt nicht! Denn obwohl die Vorab-Single "We'll Be Back" unverständlicherweise nicht auf Anhieb zünden wollte, schlug es mir beim ersten Durchgang des neuen Silberlings zuerst mal instant die Kinnlade auf die Latschen. Denn der Opener und Titelsong alleine verbindet bereits alle Qualitäten eines guten MEGADEATH-Tracks: hart thrashende Raserei, ein ultralässiger Flow wie bei einem altgedienten Outlaw-Rocker und die Eingängigkeit einer hochkalorischen Power-Metal-Nummer. SO muss MEGADAVE!

Und von diesen Perlen hat der Chef-Thrasher, wie die nachfolgenden Umdrehungen zeigen, noch einige mehr an Bord: "Life In Hell", "Night Stalkers" (by the way mit Ice-T als Gastsänger) und das hart rausschmeißende "We'll Be Back" gehen allesamt als hohe Weihen des Thrash Metal durch und haben live (entsprechend motiviert dargeboten...) das Zeug, einen Tanzrausch von prähistorischer Urgewalt zu entfesseln Da kommt man als Fan schon fast ins Schwärmen...wer da als fachkundiger Thrash-Banger nicht frohlockend vom Hocker fällt, dem...haben wohl andere Bands besser gefallen.

Neben den hochtourigen Nummern in der Tradition von "So Far, So Good…So What!" und "Endgame" haben es auch die im mittleren Tempo rangierenden Nummern in sich. "Sacrifice" und "Junkie" beispielsweise geizen nicht mit ohrgängigen Hooks, die man von "Rust In Peace" oder dem etwas verspielteren (aber grandiosen) "Super Collider" kennt, und "Célebutante" lässt unverschämte Heavy-Metal-Vibes im Stile von PRIMAL FEAR und Konsorten raushängen – zum Abheben…um nicht zu sagen: "oh lala!"

Auch "Mission To Mars" entpuppt sich mit seinem futuristisch-abgespaceten Flair als potenter Earcatcher und die beiden Bonus-Coversongs – "Police Truck" von den DEAD KENNEDYS und "This Planet’s On Fire (Burn In Hell)" von SAMMY HAGAR – sind ausgesprochen gut gelungen und laufen rein wie Rizinusöl. Fun Fact: bereits 1988 haben sich MEGADETH auf "So Far, So Good…So What!" an einem Punk-Klassiker versucht, in dem sie mit ihrer Interpretation von "Anarchy In The U.K." den SEX PISTOLS huldigten.

Nicht zuletzt hört man in den Coverversionen und Eigenkompositionen den Spaß an der Musik (der damals auf der Bühne leider zu kurz kam – ein Trauma…[Jetzt sollte es aber auch der Letzte kapiert haben! Anm. des Lektorats]) und die Liebe fürs Detail, was der Platte denselben besonderen Charme verleiht, der auch ihren Vorgängern innewohnte. Und in puncto Gitarrenarbeit sind Dave Mustaine und Kiko Loureiro einfach unfassbar großes Kino, was auch "The Sick, The Dying...And The Dead!" wieder zweifelsfrei belegt. Einzig die Drums sind wieder eine Ecke zu trocken geraten. Aber jedes noch so gute Album hat seine Schönheitsfehler…

Das Beste aus vier Dekaden

So erweist sich "The Sick, The Dying...And The Dead!" nicht nur als ebenbürtiger Nachfolger des gewichtigen "Dystopia", sondern auch als bocktypisches MEGADETH-Album, das die Stärken der besten Platten der Band bündelt und fabulös in Szene setzt. "So Far, So Good…So What!", "Rust In Peace", "Endgame" und "Dystopia" lassen grüßen – darauf noch eine Prise "Peace Sells...But Who's Buying?" und die Sache wäre perfekt. Majorlabel-Dave hin, bibelfestes Geseier her – mit dem musikalischen Gemächt, das der neue Dreher hier auf den Tisch legt, muss man sich erst einmal messen. Denn wie schon 2016 manifestiert sich unser Megadave trotz nicht unerheblicher Eigenarten wieder als thrash-technisch ahead of the game - wogegen sich manch andere Truppe beim Versuch, ahead of the dave zu sein, fruchtlos die Zähne ausbeißen kann. Unpopuläre Meinungen over and out!



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Lord Seriousface (05.09.2022)

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