ARDARITH - Home

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VÖ: 09.09.2022
Bandinfo: ARDARITH
Genre: Progressive Metal
Label: Eigenproduktion
Hören & Kaufen: Webshop
Lineup  |  Trackliste  |  Credits

ARDARITH: „Home“, die Idee zu diesem Projekt existierte bereits seit 2016. Als ich davon gehört habe: Rock-Oper, fünf Sänger*innen, vier davon drücken explizit Emotionen aus, es gehe um Fluchtbewegungen mit dem Fokus auf jüngste Entwicklungen, dachte ich an die Odyssee. Diese begann ja eigentlich nach dem Sieg der Griechen über Troja, dauerte viele Jahre und wurde eigentlich durch die Überheblichkeit im Siegestaumel einer der großen Anführer hervorgerufen: Odysseus. Wie bei Odysseus, der nach zehn Jahren Krieg einfach nach Hause wollte, wobei aber alles schiefging, weil ihm Poseidon nicht gewogen war, es folgte weiter zehn Jahre Irrfahrt, dachte ich. Dieser Stoff ist so sehr überladen, wie soll da ein deutscher, weißer Mann im Land, wo Milch und Honig fließen, 2022 mit diesen Tücken zwischen Skylla und Charybdis fertig werden? So gesehen ist Max Pfaffinger, der Kopf bzw. Komponist von ARDARITH ein mutiger Mann.

Der Terminus Ardarith bezieht sich auf Tolkines „Arda“ (die Welt) und Spirit (den Geist). Der eigentliche Beweggrund, ARDARITH auf eine Reise zu schicken, war laut Max Pfaffinger, die Menschen zum Nachdenken zu bringen. Wir alle seien gleich an Bedürfnissen, Emotionen, das eint uns. Ich finde, das ist ein schöner Gedanke, andererseits, als gelernter Historiker, bleibt mir keine andere Möglichkeit, als widersprechen zu müssen. Nicht, weil Pfaffinger nicht Recht hätte, sondern die Geschichte das Gegenteil lehrt, es ist also aus ihr nicht zu lernen. Ja eh, wieder ein Widerspruch.

Die Ouvertüre finde ich überladen und zwar von Beginn an. Meeresrauschen, Fluglärm, Maschinengewehrfeuer. Für die Bilder im Kopf, die dadurch entstehen, ist dieser Beginn vortrefflich, wenngleich tückisch. Verweise einmal mehr auf Jimi Hendrix, dessen wunderbaren Lieder „Machine Gun“ bzw. „Star Sprangled Banner“ genau den Puls der Zeit trafen.
Musikalisch ist sie gut umgesetzt. Querflöte, toll ausgewählte Sänger*innen, eine Klimax, die einen Spannungsbogen von einer Low-Tempo-Ballade über rockige Gefilde bis hin zu Metal mit Death-Metal Gesang erklingen lässt.

Enter The Void“ würde ich als Metal-Nummer kategorisieren wollen, wobei das Riffing, Interludien und mehr eher unspektakulär über den Äther gejagt werden. Die Geschichte, die hier von den Sänger*innen entwickelt wird, scheint im Vordergrund zu stehen. Sehr abwechslungsreiche Nummer, die gefällt.

Moment Of Silence“: Metallastige bis balladeske Nummer, wobei auffällt, dass die Orgel, die verflucht noch mal sehr nach John Lord klingt, tatsächlich gut integriert wurde. Bei vielen Bands läuft das ja nicht.

Hope“: Weiterhin balladeskes, das Prinzip Hoffnung wird von den Sänger*innen bestens umgesetzt. Es steht die Frage im Raum, ob die musikalische Umsetzung dieses Themas in der Form adäquat ist, ob überhaupt eine Format stimmig ist.

Lay Down To Sleep“: Ist musikalisch ebenfalls gelungen, diese leichte Schlagseite Richtung Flamenco bzw. arabischer Musik, die mehrmals durchklingt, bezieht sich auf den Ursprung der Fluchtbewegungen, nehme ich an.

Awakening“: Es ist ein böses Erwachen voll Angst und Zweifeln, das durch die beiden Sänger*innen tatsächlich gut dargebracht wird und das, derweil der Protagonist in einem Land  von Frieden und Freiheit angekommen ist. Der Leadgitarrist muss hier mal explizit gelobt werden, denn ich finde seine Soli sehr zweckdienlich.

Open The Lock“: Driftet ein wenig Richtung Death Metal ab, wobei die Klavierklänge, die im Hintergrund integriert wurden, tatsächlich für eine interessante Malaise sorgen. Einen Kritikpunkt möchte ich anführen: So sehr die Geschichte, das Gesamtkonzept, im Vordergrund zu stehen scheint, hätte ab und an das Riffing etwas knackiger rüberkommen können.

The Key“: Bei der vorletzten Nummer hat sich das Konzept ein wenig selbst überholt.

Disclosure“: Das Ende kommt mit 10:08 Minuten um die Ecke und startet mit einem Intro, das an Simon & Garfunkel erinnert. Die Sänger*innen dürfen ein letztes Mal unter Beweis stellen, warum sie an Bord geholt wurden. Musikalisch wird die Tendenz verfestigt, dass es mehr um die Geschichte geht, sozusagen den Überbau, die musikalische Grundsubstanz, nehmen wir die Power-Chords nach etwa Minute zwei mit dem überaus guten männlichen Growling bzw. weiblichen Gesang wirkt nicht 100%ig ausgegoren. Hier hätte etwas mit mehr Esprit besser gepasst. Ich weiß nicht, ob der Protagonist von ARDARITH, Max Paffinger, je Musical gemacht hat, aber in etwa daran erinnert mich der Duktus, bzw. ja, an Oper, Pfaffinger führt die Langrille ja selbst unter dieser Flagge. Pfaffinger scheint wirklich etwas anzustreben.

Fazit: Eine Bewertung, sozusagen eine Gesamtnote unter Berücksichtigung aller Aspekte abzugeben, ist hier nicht die einfachste Übung. Das Album hat wahrlich seine Stärken, die Schwächen wirken zwar schwächer, aber sie lädieren sozusagen das Gesamtbild ein wenig.  Alle Musiker*innen samt Sänger*innen sind ideal besetzt. Dafür hat Max Pfaffinger ein Händchen. Der Grundgedanke, die Einheit des Menschengeschlechtes ist ein Widerspruch in sich, weil er zwar stimmig ist, Rassismus etc. sind Konstrukte, Vehikel, andererseits wird das Gegenteil seit Anbeginn bestätigt und ich wage zu behaupten, dass dieser Ausgang bis zur Tilgung des Menschengeschlechts keine Veränderung mehr erfährt.

Es bleibt meinerseits die Empfehlung: Anhören und sich selbst ein Bild machen. 



Ohne Bewertung
Autor: Richard Kölldorfer (07.09.2022)

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