PHRENESY - Fears Apocalypse

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VÖ: 03.08.2022
Bandinfo: PHRENESY
Genre: Thrash Metal
Label: Independent
Lineup  |  Trackliste  |  Credits  |  Trivia

Brasilien, ein Land, das mit Korruption und Kriminalität zu kämpfen hat, aber auch bekannt ist für seine Liebe zur Musik – in diesem Fall für Metal. SEPULTURA, SARCOFAGO und NERVOSA sind einer der vielen Bands, das gigantische Genre über Jahre geprägt haben und jetzt versuchen PHRENESY einen Fußabdruck zu hinterlassen. 2003 haben sie angefangen und klatschen jetzt ihr zweites Album ins Internet. Die Thrash Metalband schreit, zu Trommelsalven und Highspeed Riffs, ihren Unmut über Religion, Gesellschaft und Politik in das Mikro. „Fears Apocalypse“ bietet derbe Moralpredigten mit heftigem Thrash-Unterton.

Gleich zu Beginn fallen die Brasilianer gleich mit der Tür ins Haus: “Watching in TV, beaheadings and wars. We need to do something. This fucking gore. This stupid wars.” wenn Aires (Sänger) sich über Religionsfanatiker auslässt, werden heidnische Metalohren hellhörig: „They are drowning in their own lies, they´re dropping in like flyers. It´s amazing they´re still alive.“ Die Lyrics sind einfach, derb und aggressive, so, wie Thrash Metalmusik sein soll. Anfangs ist ihre Message klar, aber von Lied zu Lied geht es weniger um ernste Themen, dafür mehr ums Saufen. Zuerst hört man „Lost Generation“, „Fuck The Pain“ und „Mistakes“, danach dominiert das Bierthema mit „The Party Won´t Stop“ und „War Of Beer“. Liest man sich die Liedertexte durch, kann man sich schon vorstellen in was für einen Zustand der Schreibprozess der Band von statten ging: saufen, über die Welt philosophieren, dann noch mehr saufen – die klassische in-vino (oder besser cervisiae?)-veritas-Situation. Aber wen wundert es, dass PHRENESY den Bierkonsum thematisiert. Ihr Debüt von 2014 lautet „The Power Comes From The Beer” und hat schon damals Einfluss auf ihre Liedertexte genommen.
 
Die wesentlichen Bausteine eines Thrashalbums hat „Fears Of Apocalypse“ intus, präzise Riffs, gespielt in Höllengeschwindigkeit, Offbeats und wilde Gitarrensolos. Der absolute Neckbreaker des Albums ist „My Hate Is Gonna Speak For Me”. Die Bassline hat Gänsehautpotenzial und bereitet einen auf die stampfenden Riffsalven, die noch folgen, gut vor.  Mit „Lost Generation“ meistert die Band, schnelle Offbeats, groovy Midtempo Riffs und – die crème-de-la-crème des Metals – ein exzessives Gitarrensolo in das Lied hineinzupacken. Die meisten Solos im Album sind aber nicht von den Gitarristen der Band gespielt, für den Job haben sich Musikerkollegen aus dem brasilianischen Underground bereit erklärt: Gitarristen von MOFO (Solo „Lost Generation“), ALTO EXTERMÌNIO („Bring It On“), ESTAMIRA („Mistakes“) und DEVICE („The Truth Is All There“).
 
Aires (Sänger) hat einen interessanten Gesangstil für deren aggressive Spielweise. Er versucht melodisch zu schreien, was mehr Abwechslung bietet als ein monotoner Aggro-Schreihals, aber er übertreibt auch ein bisschen. Wenn das Saufthema sich in den Vordergrund drängt, wird auch die Musik im Allgemeinen melodiöser und bekommt zum Schluss des Albums einen Pagan Metal Anstrich verpasst. „Vultures“ beginnt schon der melodische Umschwung, bei „The Truth Is All There“ und „War For Beer“ ist er omnipräsent.
 
PHRENESY bringt viel Abwechslung und hat sich die Zeit genommen, um einen passablen Nachfolger für ihre Debüt zu produzieren. Sie fühlen der Gesellschaft auf den Zahn, was nicht neu in der Musik ist, aber immer wieder gerne gehört wird. Oberflächlich betrachtet könnte man sagen, dass die brasilianische Metalband sich über die Welt beschwert, während sie massiv Bier tanken, aber das ist zu kurz gedacht. Filtert man die derben Sprüche weg haben die (meisten) Liedertexte eine wichtige Message. Ihre Kritik an Politik, Religion und Gesellschaft verliert nicht an Glaubwürdigkeit, obwohl inhaltlich das Album mit Bier und Party endet, davon abgesehen gehört der Alkoholkonsum in der Thrashszene zum guten Ton. PHRENESY haben spieltechnisch und rhythmisch Einiges zu bieten, nur würde es nicht schaden, wenn sich ihre bandeigenen Gitarristen an Solos heranwagen. Mit so vielen Gastmusikern könnte man „Fears Apocalypse“ als Split bezeichnen, was das Album nicht schlecht macht, aber trotzdem einen seltsamen Eindruck hinterlässt. Zusammenfassend ist die Scheibe, mit ihren melodischen Sidestep, eine nette Thrash Metalexkursion und der ideale Musikbegleiter für in-vino-veritas-Sessions mit Freunden.



Bewertung: 2.5 / 5.0
Autor: Julian Dürnberger (04.08.2022)

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