DIE PRINZEN - Krone der Schöpfung

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VÖ: 28.05.2021
Bandinfo: DIE PRINZEN
Genre: Pop
Label: Warner Music
Hören & Kaufen: Amazon
Lineup  |  Trackliste

Hmmm...
irgendwie scheinen mich in diesem Jahr die Veröffentlichungen, die nicht oder nur entfernt in die Kernkompetenz des Stormbringer Magazines passen, geradezu anzuspringen! BLACKMORE'S NIGHT, DEINE LAKAIEN, ein Roman über die Corona Zeit... Und nun DIE PRINZEN. Doch wenn die sächsischen Acapella-Blaublüter sich schon mal in unsere Promocorner verirren, dann siegt halt am Ende bei mir doch der Lokalpatriotismus. Und Metal hin, Pop her, die großen Hits des mit über sechs Millionen verkauften physischen Tonträgern zu den erfolgreichsten deutschen Musikgruppen gehörenden Septetts, dürfte auch weiten Teilen unserer Hörerschaft nicht unbekannt sein. Also los.

Mitte der Siebziger - Anfang der Achtziger in der DDR. Die vier Freunde Tobias Künzel, Sebastian Krumbiegel, Wolfgang Lenk sowie Henri Schmidt absolvieren ihre schulische Ausbildung am Gymnasium eines der berühmtesten Chöre der Welt, den Leipziger Thomanern. Derweil macht Jens Sembdner 112,73 km weiter südöstlich sein Abi an der höheren Lehranstalt des Pendants zum Thomanerchor, dem Dresdner Kreuzchor.

Zeitsprung. Ende der Achtziger. Alle bislang Genannten haben ein erfolgreiches Musik-Hochschulstudium absolviert. Sebastian Krumbiegel, Wolfgang Lenk, Henri Schmidt und Jens Sembdner haben eine späte Vereinigung der beiden großen Chöre vollzogen und feiern unter dem Namen DIE HERZBUBEN als Acapella Band erste Erfolge mit Fernsehauftritten und Rundfunkaufnahmen (u.a. mit dem heimlichen Hit "Der schönste Junge der DDR"), während Tobias Künzel mit seiner ersten Band AMOR & DIE KIDS sogar eine LP bei Amiga veröffentlichen kann. "No More Bockwurst" wird ein später Erfolg vor dem Ende der DDR.

Zeitsprung. 1990. DIE HERZBUBEN lernen die Sängerin und Produzentin Annette Humpe kennen. Die Chemie stimmt, und man entschließt sich zur Zusammenarbeit. Um eine Assoziation mit den immer populärer werdenden WILDECKER HERZBUBEN zu vermeiden, benennen sich die Acapella-Boys 1991 in DIE PRINZEN um, und mit dem Einstieg von Tobias Künzel ist die ehemalige Teenie-Clique aus DDR-Zeiten auch wiederverein(ig)t. Der ehemalige Schlagzeuger der DDR-Rocker KARUSSELL Ali Zieme und Bassist Mathias Dietrich (ab 1994) vervollständigen das Line Up, das mittlerweile seit über 25 Jahren (!!!) Bestand hat. Mit "Gabi und Klaus" entsteht der erste PRINZEN-Hit und mit "Das Leben ist grausam" das Debüt und gleichzeitig eines der erfolgreichsten Alben der Sachsen. 

In der ersten Hälfte der Neunziger werden DIE PRINZEN mit dem von ihnen faktisch erfundenen Genre Acapella Pop zu echten Superstars der Nachwendezeit. In Zusammenarbeit mit Annette Humpe erscheinen nach "Das Leben ist grausam" die Erfolgsscheiben "Küssen verboten", "Alles nur geklaut" und "Schweine". Diese vier Langrillen enthalten die bis heute größten und bekanntesten Hits: "Gabi und Klaus", "Millionär", "Mann im Mond", "Mein Fahrrad", "Küssen verboten", "Alles nur geklaut", "(Du mußt ein) Schwein sein". Immer wieder schaffen es DIE PRINZEN dabei, ihre oft hintersinnigen, humorvoll zweideutigen Texte auch visuell in ihren Videos äußerst markant in Szene zu setzen.

Nach einigen etwas schwächeren Scheiben, arbeiten DIE PRINZEN 2001 erneut mit Annette Humpe zusammen. Das Ergebnis ist das Album "D" mit einem weiteren Mega-Hit, "Deutschland". Seitdem haben die Sachsen in den letzten zehn Jahren vier weitere Langrillen veröffentlicht. Und auch wenn DIE PRINZEN natürlich bis heute hauptsächlich in ihrer Acapella-Pop-Nische zu Hause sind, beweisen sie doch immer wieder, daß sie auch gern mal über den Tellerrand hinausschauen, wie zum Beispiel mit der frühen Punk-Nummer "Bombe" oder dem für PRINZEN-Verhältnisse geradezu RAMMSTEINesken "Deutschland". Und nun liegt also das Jubiläumsalbum vor. Mit "Krone der Schöpfung" hält man im 30. PRINZEN Jahr auch eine Art Werkschau, enthält die Scheibe neben zwölf neuen Tracks doch auch fünf Neueinspielungen alter Hits mit verschiedenen Gastmusikern.

"Krone der Schöpfung" startet mit einer klassisch-typischen PRINZEN Nummer. "Dürfen darf man alles" ist ein Spiegel der momentanen (Social Media)Welt, greift die Gender-, Rassismus-, Sexismus- und Extremismus-Probleme und Diskussionen dieser Tage auf und setzt sich auch mit der Thematik der Denk- und Sprechverbote auseinander. All das wird in dem ureigenen Wortwitz und mit einem Augenzwinkern präsentiert und aufs Korn genommen. Das zu dieser Single-Auskopplung gedrehte Video passt dabei wie die Faust aufs Auge. Man schaue sich nur die denkwürdige Szene ab Minute 2:15 an!

"Entscheidungsschwierigkeiten" ist nach dem Opener ein weiterer Höhepunkt des Albums. BeSwingter Easy Listening Pop mit einem Gott-Chorus und einem Text, der auf höchstem Niveau mit der deutschen Sprache spielt. "Dumme Ideen" hat diese lässige Leichtigkeit, die ein wenig an Jan Delays großartigen Song "St. Pauli" erinnert, während "Das Schicksal ist manchmal 'ne Drecksau" eine durchaus gelungene Fortsetzung zum ersten PRINZEN Hit "Gabi und Klaus" darstellt.

"Alles nur geklaut 2021" ist die erste von fünf Neueinspielungen von alten PRINZEN-Klassikern. Dass die Band bei den Aufnahmen, die gemeinsam mit jeder Menge Gastkünstlern entstanden, jede Menge Spaß hatten, soll hier nicht in Frage gestellt werden. Doch im Falle von "Alles nur geklaut" kann die neue, auf Dancefloor getrimmte Version dem Original leider nicht das Wasser reichen.

Das nächste Stück offenbart seine Botschaft nicht sofort in den ersten Textzeilen. Erst im Chorus versteht man die Liebeserklärung an die Zukunft des Hoffnung, Mut und Optimismus ausstrahlenden Tracks. DIE PRINZEN bezeichnen "Geliebte Zukunft" als ihren Corona-Song, der positiv sein sollte und keine Jammerei über die Pandemie und ihre (natürlich unzweifelhaft vorhandenen) negativen Auswirkungen. Mission erfüllt - würde ich sagen.

"Küssen verboten 2021" klingt nett. Ansonsten siehe "Alles nur geklaut 2021". Dagegen ist "Das sind wir" eine erstklassige, vertonte Quasi-Autobiografie der PRINZEN mit jeder Menge augenzwinkernder Selbstreflektion und etlichen Insider-Verweisen auf die Historie der Band.

Es folgt der Titelsong. "Die Krone der Schöpfung" (man beachte das erstklassig animierte Video!) ist eine erstaunlich ernsthafte, aber auch immer wieder mit Ironie gewürzte Abrechnung mit dem von uns Menschen verursachten Raubbau an der Natur. Musikalisch präsentiert uns das Septett einen urtypischen PRINZEN Song, der schon jetzt das Zeug zum Klassiker hat.

"Millionär 2021" ist die erste von zwei Neuaufnahmen, die tatsächlich einen gewissen Mehrwert bringt. Hier machen die Gaststars EKO FRESH und MOTRIP die Nummer zu einen Hip-Hop Track, der sich doch deutlich vom Original unterscheidet und ihn gerade dadurch erst interessant macht.

"Leicht" plätschert genauso wie der Titel es sagt aber auch ein wenig belanglos vor sich hin. Und dieses Plätschern setzt sich auch bei "Gabi und Klaus 2021" fort. Da ist mir das Original wesentlich lieber. "Männer machen alles kaputt" ist ein Song über Vorurteile und Klischees, die eigentlich schon seit Ewigkeiten widerlegt sind, sich aber hartnäckig bis heute halten. Kenner der deutschen Musiklandschaft werden sich darüber hinaus über jede Menge Zitate freuen.

"(Du musst) ein Schwein sein 2021" ist die fünfte und letzte Neueinspielung. Und im Gegensatz zum meisten recycelten Altmaterial (außer "Millionär 2021") ist diese Version ein echtes Highlight. Was sicher nicht zuletzt daran liegt, dass sich für diese Nummer zwei der besten deutschen Spaß-Kapellen Deutschlands zusammengetan haben und extra für diesen Song sozusagen die "Supergroup" DIE DOOFEN PRINZEN ins Leben gerufen wurde. Vielen Dank an Olli Dittrich und Wiegald Boning für diese geniale Kooperation.

Aus dem Schluss-Trio sticht besonders "Der Mann im Mond ist ein Mädchen" hervor, die zweite Fortsetzung eines PRINZEN-Klassikers aus den Neunzigern auf "Krone der Schöpfung". Der Track wird ebenso, wie der Vorgänger "Mann im Mond" von Tobias Künzel vorgetragen und enthält diverse Reminiszenzen an den ersten Teil, wie das altbekannte "Luna-Lu".

Den Abschluss des Jubiläums-Albums bildet das Liebeslied "Immer auf mich zählen (Alpaka Song)". Die Ballade soll nach Aussagen der Band gleichermaßen als Liebeserklärung für den Partner/die Partnerin genauso wie für die Kinder, die Eltern, die beste Freundin oder den besten Freund assoziiert werden können.

Fazit:

30 Jahre DIE PRINZEN und noch kein bisschen leise. Auch wenn die Jungspunde aus "Küssen Verboten"-Zeiten mittlerweile erwachsen geworden sind und auch schon die ein oder andere Falte und ein etwas intensiverer Bauchansatz/Körperumfang zu Tage treten - ihren Humor, ihren Wortwitz, ihre hintersinnigen Spitzen und die kindliche Vorliebe für Klamauk und Komik haben die Königsöhne sich bewahrt. "Die Krone der Schöpfung" ist ein gutes und vor allem würdiges Album zum 30-jährigen Bestehen geworden. Neben ein paar nicht so packenden Nummern, vor allem bei den Neueinspielungen, gibt es aber auch wieder jede Menge PRINZEN Hits, von denen einige bereits jetzt das Zeug zum Klassiker haben. In diesem Sinne, Alles Gute zum Jubiläum - und bis zur nächsten Scheibe! 



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Ernst Lustig (26.06.2021)

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