THE VICIOUS HEAD SOCIETY - Extinction Level Event

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VÖ: 28.05.2021
Bandinfo: THE VICIOUS HEAD SOCIETY
Genre: Progressive Metal
Label: Hostile Media
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Lineup  |  Trackliste

Der prog-affine Raum. Endliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2021…

Wollte endlich mal eine Prog-Metal-Band schlecht bewerten, weil, verflucht, die können nicht alle gut sein.  Unverhofft landete eine Scheibe aus Gefilden der grünen Insel im Atlantik auf meinem digitalen Schreibtisch. Okay, die erste irische Band, die ich rezensiere: THE VICIOUS HEAD SOCIETY. Wer ein ernst zu nehmender Gitarrist sein will und seiner Band, diesen Namen zueignet, das kann ja wohl nicht gut gehen. Verweise auf Sid Vicious, seines Zeichens Punk-Freak. Leider, spielen die Iren nicht so recht mit, das heißt, die Platte ist in der Tat gut. Würde ich sie schlecht bewerten, käme das einem Sakrileg gleich und wie sich in der Geschichte gezeigt hat, ist es nicht von Vorteil, die Iren bezüglich der Gretchen-Frage blöd anzumachen.  

Bereits das erste rein Lied „Extinktion Level Event“ ist hart an der Zehn-Minuten-Grenze instrumentaler Ausformung angelegt und gibt die Richtung vor: mehrfach destillierter progressiver Metal, eine irische Spezialität mit herber Note und starkem Abgang. Um die Führung dieses Liedes matchen sich Lead-Gitarre und Keyboard. Die Gitarre macht das Rennen, was nicht weiter verwundert, ist doch Graham Keane Gitarrist und Janus-Kopf dieser Truppe. Bereits mit der ersten Nummer ist klar determiniert, wohin die Reise bei THE VICIOUS HEAD SOCIETY geht.
Die Instrumente sind meinem Hörempfinden zur Folge nicht gleichberechtigt und musikalische Eingebungen werden bis zum Ende durchdekliniert. Es gibt keine ständigen Breaks, Takt- und/oder Rhythmuswechsel. Ob das gut, schlecht oder wurscht ist, liegt im Ohr der Rezipienten. Die beste Stelle dieses Liedes ist der Übergang von dem sensitiv dezenten Intro zum ersten Gitarren-Riff, das sehr knackig und verwegen reingrätscht.  

Dabei mutet es wie ein schräger Witz der Protagonisten an, dass das zweite Lied „Solipsism“ heißt. Frage: Wessen Solipsismus? Gitarrist und Keyboarder schenken sich hier weiter nichts. Etwa bei den DIRE STRAITS führt Mark Knopfler die Mannen mit eiserner Hand an, was aber an deren Musik nicht wirklich zu merken ist. SMASHING PUMPKINS, dito. Bei THE VICIOUS HEAD SOCIETY hört man meiner Meinung zu sehr, wessen Projekt hier auf das Podium gehievt wird, die des Gitarristen Graham Keane. Der Bass etwa ist nicht mehr als existent.

Es tut „The Signal“ gut, dass hier Gitarre und Schlagzeug den Duktus forcieren. Insgesamt ist mir die Sache hier fast zu unrund, zu verworren. Ein ruhig von der Gitarre getragener Plot hätte hier meiner Meinung nicht geschadet. Nur weil Prog draufsteht, müssen nicht Schnörkelkaskaden drin sein.

 

Das nächste Lied heißt „Judgement“ und es soll kein Urteil gefällt werden. Es erinnert mich an die neueren OPETH-Platten, etwa „Pale Communion“, der Gesang changiert zwischen clean und gescreamt und die lange Bridge, die anmutet wie orientalische Musik, die von einer Prog-Metal-Band übernommen wurde, würde ich als interessant und gelungen bezeichnen, ich weiß aber nicht, ob wirklich Zigeuner-Dur/Moll (Entschuldigung, die heißen wirklich so.) bzw. arabische Tonleitern verwendet wurden.

Bei „Throes of Despair“ verzweifeln wir nicht, wir sind hier fast im Reinen, einziger Kritikpunkt: Das Keyboard könnte etwas dezenter ihre Anwendung finden, wenn schon einnehmender Gebrauch dieses Instruments, dann so wie bei IRON BUTTERFLY, „In A Gadda Da Vida“.

YP138“ ist ein Programm-Modul für ein Keyboard. Fragen? Dieses Lied, es ist wieder eine Instrumental-Nummer, ist meiner Meinung die interessanteste dieses Albums. Sehr abwechslungsreich, schräg und ja, hier ist kämpft das Keyboard sehr um die Führungsrolle, derer es aber gerecht wird. Alles flirrt, sogar Bass und Schlagzeug dürfen mal kurz aus dem Schatten treten, sehr gut gemacht.

Nicht nur, dass Silber den Strom bzw. den Impuls besser leitet als die meisten (Schwer-) Metalle, in etwa hab ich jetzt gecheckt, wohin die Reise bei THE VICIOUS HEAD SOCIETY gehen soll, darum ist an „On a Silver Thread“ nichts weiter auszusetzten. Guter Song.

Oje, da  kömmt wieder Kritik auf, dieses Hintergrundgezirpe zu Beginn von „Absolution“ lässt uns deswegen keine solche erteilen. Na gut, der wuchtigen Death-Metal anmutende Teil ab etwa Minute drei besänftigt mich wieder, wenngleich er zu kurz ausfällt. Der Ohrwurm-Charakter des Refrains lässt uns weiter gechillt zurück.

Hymn of Creation“ bildet den würdigen Abschluss dieses Weltuntergangsszenarios. Weil angekündigte Apokalypsen nicht stattfinden, machen wir munter weiter und freuen uns darauf, wenn THE VICIOUS HEAD SOCIETY die nächste Offenbarung des Graham auf uns zurasen lässt, wie einen Kometen in einer metallurgischen Zusammensetzung, wie sie auf der Erde nicht zu finden ist.

By the Way: Weil Italien den Grand Prix de la Chanson mit nach Hause nehmen durften und Irland nicht, muss ich gestehen, dass ich den Ukrainischen Beitrag viel interessanter fand, nicht in der Kategorie der Marke JINJER, aber ich mag dieses schräge Etwas.

Bam, Review abgeschickt und guad is.  



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Richard Kölldorfer (26.05.2021)

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