NATTVERD - Vandring

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VÖ: 30.04.2021
Bandinfo: NATTVERD
Genre: Black Metal
Label: Osmose Productions
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Es geschehen noch Zeichen und Wunder! Noch vor gut einem Jahr zählte das norwegische Gespann NATTVERD zu den stolzen Inhabern einer gelangweilten 2,5-Punkte-Kritik von Seiten des Verfassers...der sich wohlgemerkt nie zu schade ist, ein gut gemachtes Schulbuch-Album schamlos zu glorifizieren. Doch wenn man über eine knappe Stunde behäbig das ein und selbe Gitarrenriff aufwärmt wie einen 50-Liter-Großhandels-Suppentopf, der über vier Wochen den Mittagstisch eines Singlehaushalts decken soll, dann ist es auch mit der Geduld dieses Tastenverkloppers mal zu Ende. Dass die Schwarzheimer nun - gerade mal dreizehn Monate später - bereits mit einem Nachfolger namens "Vandring" auf der Matte stehen, stimmte mich zunächst skeptisch. Kann die Fortsetzung eines vertonten Schuhsohlen-Steaks nach so kurzer Zeit ein Erfolg werden?

Scheiße ja, das kann es! Der neue Dreher hat mit 43 Minuten nicht nur die nahezu ideale Spieldauer, sondern auch alles, was man so für den Stempel "True Norwegian Black Metal" braucht. Das Gebräu ist grimmig, knarzig und von einer rohen Produktion in Szene gesetzt - OK, das war der Stoff des Vorgängers auch, aber hier ist es um Größenordnungen vielfältiger und spannender komponiert als auf "Styggdom". "Martyrer Av Kristus" oder "I Moerket Slumrer Ravnen" zum Beispiel gehören zu diesen rabaukig-punkigen Oldschool-Winkelschleifern, wie man sie auf dem Zweitwerk vielfach in weniger gelungener Komposition hören konnte. Wenn man diese Nummern mit einem alten Ghettoblaster vor dem örtlichen Betstall abspielt, übt sich der Dachstuhl vor Ehrfurcht in spontaner Selbstentzündung [selbstreflektierendes Statement des Verfassers: der Gag war nicht der beste, trifft die Sache aber sehr genau].

Andere Stücke bereichern sich mit Leads von schwedischer Melodiösität, wobei "Naar Taaken Fortaerer Alt" sogar dezente Viking-Anleihen verspüren lässt. Chöre, Leads, Klavierklänge...die Palette an frischen Zutaten ist lang und die Ausbrüche sind zumeist kurz. Doch sie lockern die grantige Grundstimmung immer wieder auf und lassen der zuvor vielbeklagten Eintönigkeit keinen Millimeter Raum. Manche Tracks wie das erwähnte "Naar Taaken Fortaerer Alt" oder der abschließende Longtrack "Langt Der Borte I Det Fjerne" bauen auf episch-heroische Stimmungsbögen und setzen einen dritten Grundpfeiler neben das aggressive straight-forward-Gerumpel und die leadschwangeren Melodiepole. So macht Black Metal Spaß!

"A more dynamic album than our last", "we have pushed some boundaries", "more diverse tracks": euer Wort in Satans Ohr! Diese Packungsbeilage hält endlich mal, was sie verspricht. Und dass der Unterhaltungswert-Sprung von "Styggdom" zu "Vandring" so bedeutend ist, dass selbst ich nach meinem ausdrücklichen Misstrauensvotum gegen Album Nummer zwei ins Schwärmen gerate, will etwas zu bedeuten haben. So setzt der aktuelle Dreher einen sehr runden Schlusspunkt hinter die Trilogie aus "Skuggen", "Styggdom" und "Vandring" und macht bereits heute gespannt auf Album Nummer vier. Möge der Deibel mit euch sein!



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Lord Seriousface (29.04.2021)

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