DELIRIUM'S DAWN - Horizons

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VÖ: 11.12.2020
Bandinfo: DELIRIUM'S DAWN
Genre: Progressive Metal
Label: iMD-DDawn
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Lineup  |  Trackliste

Metal made in Munich, so war mein Einstieg bei der Band DELIRIUM´S DAWN. Diese vermaledeiten Münchner mögen Alliterationen, meinetwegen, mag meinereiner ja auch. Da rezensiere ich für gewöhnlich Prog-Bands aus Feuerland, Tasmanien und Alaska von der kein Mensch je gehört hat, die flugs aus dem Wald preschen wie verwundete Bären. Eine Metal-Band, die drei Ecken weiter wohnt, seit 2004 existiert und nie vorstellig wurde, erstaunlich eigentlich. Ein weiteres Rätsel ist der Albumtitel: Wieviel Horizonte existieren eigentlich? Wird den Worten von Eddie Vedder Glauben geschenkt, nicht praktizierender Kosmologe bei Pearl Jam, sind es fünf, meinen jedenfalls die Lyrics zu "Black".

Das Gleiten vom gitarrengepickten Intro ins erste Lied „Forced Within“ ist altbewährt und funktioniert bestens. Der Sound ist, sagen wir mal, klassisch schwermetallisch, von den durchdringenden Gitarren, die drahtig aber nicht zu fett klingen, bis zum dezenten Bass und dem eher satten, zurückhaltenden Schlagzeug.

Erst bei „Prototype“ gibt es eine kurze Verschnaufpause, die uns indessen nicht lange gewährt wird. Es dauert an die zwei Minuten, bis sanftere Klänge an unser Ohr dringen, oh, ne Bridge, doch, wie, was warum, ein Solo unterbricht den Duktus, noch dazu ist hier das Schlagezeug der Spielverderber, immer feste drauf auf die Snare. Mal kurz bei Dave Lombardo zuhören, Jungs. Verdammt, was macht der alte Unruhestifter eigentlich, seit SLAYER aufgrund des Todes von Jeff Hanneman abgetreten sind? Eine sich multiplizierende Toxizität aus Lebezirrhose und Spinnenbiss haut selbst den geeichtesten Thrash-Metaler um. Schätze mal, Lombardo spielt bei irgendwelchen Symphonikern. Potz Blitz, nochmal eine angedeutete Bridge, doch, nein, weiter auf demselben Pfad und abrupt trifft uns mit einem Schlag das Ende.

Nahezu die gesamte Platte wirkt, als würde die Band auf der Flucht sein. Doch wovor? Irgendwie kömmt da nie Ruhe in den Spannungsbogen. Jedes Mal, wenn ich dachte, jetzt wird das eine ordentliche Bridge, grätschte nach wenigen Sekunden ein Instrument brutal hinein.

„Intersubjective Reality“ ist wahrlich der perfekte Lied-Titel, der die Platte beschreibt. Es ist meiner Meinung das beste Lied. Hier entsteht der Eindruck, dass sich zwei unterschiedliche Führungen nicht einig sind, in welche Richtung hin Entwicklung passieren soll. Das führt zu einer Unruhe, die schwer in Worte zu fassen ist. Wäre ich Trainer von Bayern-München würde ich die Plattitüde von mir geben: „Hätten sich Kapitän und Libero besser abgesprochen, wäre da mehr drin gewesen.“

Der Gesang, der wechselseitig clean und gescreamt ausfällt, ist an sich eine gute Idee. Der OPETH-Zaunpfahl-Wink muss hier nicht erfolgen. Ups. Am Ende ward Licht bzw. Klarheit, dieses Gehetze liegt daran, dass es Passagen gibt, die Thrash Metal lastig anmuten und wenn diese Schrauben angezogen werden, erhört sich eben die Schlagzahl.

Uff, bei „Transcendent“, jey, hoch die Hände, es ist das vorletzte Lied, endlich eine Bridge. Das haben mich die Jungs aus München ganz schön an der Nase herumgeführt. Das Outro des Liedes erinnert an ein Driften in den Weltraum, und das ist dann wiederum eine Idee, die musikalisch gut umgesetzt wurde.

Fazit: Ein solides Metal-Album, die Krone des Metals, also Prog, würde ich der Band (noch) nicht aufsetzten, dafür wurden hier zu klare Linien gezogen. Wenn es um Prog geht, wünschte ich mir die Auflösung von Zeit und Raum, dafür bürgt etwa "Lateralus" von TOOL, wie der Name bereits sagt, für ein Abdriften von altbewährten Linien, für eine Auflösung der Song-Struktur. Fibonacci rocks. Macht ja nix. DELIRIUM´S DAWN wollten ohnehin nur ins Bett und nicht zu unbekannten Gestirnen.

 



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Richard Kölldorfer (19.03.2021)

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