MEMORIAM - To The End

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VÖ: 26.03.2021
Bandinfo: MEMORIAM
Genre: Death Metal
Label: Reaper Entertainment Europe
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Die Hintergründe zu MEMORIAMs Gründung sind allseits bekannt - und wenn man so will, sind sie Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite profitiert die Band seit jeher von den bekannten Namen ihres Lineups und wird zuweilen gar als legitimer BOLT THROWER-Nachfolger gehandelt. Auf der anderen Seite wird die Band teils bis heute auf ihre Vorgeschichte reduziert, was zwar in Anbetracht ihrer Gründungshistorie nachvollziehbar, aber unterm Strich zu kurz gegriffen ist. Schließlich haben die Briten mit ihrem überaus sportlichen Release-Rhythmus und dem damit einhergehend gewachsenen Backkatalog fleißig an ihrem eigenen Denkmal gearbeitet und sich hinreichend von ihren Wurzeln gelöst. Und so wahr sie zugleich mit jeder neuen Platte andere Töne anschlugen, stellt man sich gerne die Frage, wo man schließlich Album Nummer vier einordnen darf.

Obwohl MEMORIAM nie wirklich die Grenzen ihres Genres überschritten haben, schickten sie doch jeden neuen Dreher mit verhältnismäßig straffen Kurskorrekturen an den Start. Vor diesem Hintergrund kann man die Entwicklung von "Requiem For Mankind" zum aktuellen Werk "To The End" durchaus als konsistent und nachvollziehbar bezeichnen. Zwar segeln MEMORIAM seit ihrem Wechsel zu Reaper Entertainment unter neuer Flagge und auch der bisherige Kanonier Andy Whale musste aus gesundheitlichen Gründen von Spikey T. Smith abgelöst werden, doch unter der Panzerung ist dieses Mal fast (!) alles beim Alten geblieben. Der Sound bspw. hat sich gegenüber dem Vorgänger nicht wesentlich verändert, wirkt aber auf der neuen Platte eine Ecke dynamischer und natürlicher. Die Handschrift des erneut engagierten Produzenten Russ Russell sowie der weiterhin sehr gelungene Kompromiss zwischen Druck und Organik blieben erhalten. Der bereits zuvor löbliche Drumsound wurde sogar noch einen Deut verfeinert. Dazu hat Stammzeichner Dan Seagrave abermals ein stimmiges und durch seine Farbwahl bestechendes Artwork beigesteuert.

Beim Drumherum ist also alles in Butter - und auch das Liedgut weiß zu begeistern. Mit dem standesgemäßen Opener "Onwards Into Battle", dem treibenden "This War Is Won" und dem nicht minder mustergültigen "Failure To Comply" befinden sich typische Tracks an Bord, die auch auf "Requiem For Mankind" eine gute Figur gemacht hätten. Daneben manifestiert sich die Evolution zum Nachfolger in den Details und einer teilweisen Abkehr von brutalen OSDM-Riffs zu Gunsten verstärkter Leadgitarren-Arbeit sowie einem Plus an Melodie (vgl. "No Effect" oder "To The End"). Das bedrückend doomige "Each Step (One Closer To The Grave)" und der vom Bass getriebene Groovestampfer "Mass Psychosis" bieten als Exoten der Platte zusätzliche Würze... und der epische Rausschmeißer "As My Heart Grows Cold" setzt dem Ganzen mit seinem schweren, melancholischen BM-Vibe die Krone auf. Nicht zuletzt läuft Karl Willetts, dessen Gesang mich auf den ersten beiden Alben weniger überzeugt hat, inzwischen zu neuen Höchstleistungen auf und zeigt so manchem jungen Hüpfer, wie der Hase läuft (und brüllt).

Wenn man genau hinhört, sind "Requiem For Mankind" und "To The End" zwei grundverschiedene Alben. Doch mit dem neuen Eisen haben MEMORIAM das Ruder so dezent herumgerissen, dass man es auf den ersten oder zweiten Hörer kaum bemerkt. Anders ausgedrückt haben sie es geschafft, die Veränderungen und Impulse im Songwriting so nahtlos einzukomponieren, dass sie im Gemenge mit dem standesgemäßen UK-Abriss zu 100% natürlich wirken. Und ehe man sich versieht, sind MEMORIAM doch weit mehr geworden als BOLT DICTION 2.0, nämlich eine Band mit Profil und eine große Nummer in einem hart umkämpften Genre.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Lord Seriousface (22.03.2021)

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