NECRONOMICON - The Final Chapter

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VÖ: 26.03.2021
Bandinfo: NECRONOMICON
Genre: Thrash Metal
Label: El Puerto Records
Lineup  |  Trackliste

NECRONOMICON sind eine dieser Bands, die es irgendwie geschafft haben, immer an mir vorbei zu gehen. Tolle Leistung! Nein, ist natürlich mein Versäumnis, Asche auf mein Haupt. Dabei zocken die Herren seit vielen Jahren bockstarken Thrash Metal wie ich derzeit beim Durcharbeiten ihres Backkatalogs staunend merke. Ja, wirklich erstaunlich. Denn wie kann es zum Beispiel solche Alben wie „Invictus“ (2012), „Pathfinder... Between Heaven and Hell“ (2015) oder „Unleashed Bastards“ (2018) geben, ohne dass es bei mir und meinen Metal-Freunden irgendwie vorgedrungen ist? Klar, auch in all den Jahren gab es viel zu viele Veröffentlichungen, sodass da schon mal schnell was verpassen kann. Okay, Sänger Volker „Freddy“ Fredrich klang da wie auch auf den vier anderen Alben seit dem Band-Comeback 2004 hier und da ausbaufähig, das tat den Riffgranaten aber ja keinen Abbruch. Zumal der Mann sich von Album zu Album gesteigert hat.

Bei der Durchsicht von ein paar Plattenkritiken drängt sich des Rätsels Lösung auf: Einige Rezensenten warfen der Band aus Südbaden immer wieder mangelnde Eigenständigkeit, ja, Austauschbarkeit vor, sodass NECRONOMICON oft keine sonderlich hohen Punktebewertungen bekamen. Nun gut, irgendein Rad erfindet die Gruppe auch jetzt mit „The Final Chapter“ nicht neu. Das ist durch und durch old-school Thrash Metal der Marke KREATOR, DESTRUCTION oder vielleicht noch treffender HEADHUNTER. Aber warum sollte das per se etwas Schlechtes sein?  Zumal die Band trotz ihres langen Wirkens – Gründung war 1983 – weiterhin wie Jungspunde frisch und motiviert klingen. Daran geändert haben die beiden Neuzugänge Rik Charron (ex-EXCITER, Drums) und Glen Shannon (ex-SAVIOR FROM ANGER, ex-MIND ASSASSIN, Gitarre) jedenfalls nix. Sie thrashen mit dem letzten verbliebenen Gründungsmitglied und Frontmann „Freddy“ Fredrich sowie Basser Marco Lohrenz fröhlich als gebe es kein gestern und kein morgen.

So schreddern die Jungs mit „I Am The Violence“ messerscharf mit Double-Bass-Dauer-Geboller ins Album, dass man sich sofort einen gottverdammten Mosh-Pit herwünscht. Der Titeltrack donnert so weiter und man denkt sich schon: Wow! NECRONOMICON hören sich wütender an, vielleicht auch etwas mehr auf den Punkt. Double-Bass satt gibt’s dann auch bei „Wall Of Pain“, das mit einer tollen Rhythmik aufwartet, bei der Frontmann Freddy die einzelnen Worte nur so raushackt. Zusammen mit dem Grundriff macht der Song dadurch auch dauerhaft Spaß. Nach diesem Up-Tempo-Dreier ist nun ein guter Zeitpunkt für etwas Durchatmen: „Purgatory“ startet mit einem Intro, brettert dann los, geht in einen Mid-Tempo-Part über, um schließlich wieder anzuziehen und beim Refrain wieder auf die Bremse zu gehen. Ordentlicher Track, es fehlt aber eine zündende Idee. Besser macht es da gleich zu Anfang „Burning The Fury“ mit rasiermesserscharfen Gitarren, die den Song aus dem Gros der Thrash-Masse herausheben. Auch das Solo kann sich hören lassen. Das ist auch bei „Spilling Blood“ der Fall, ein Höhepunkt des Albums, weil Frontmann Freddy hier mehr als zuvor unter Beweis stellt, dass er an seinem Gesang gefeilt hat. Hinter einer Genregröße wie Schmier von DESTRUCTION, dem er in puncto Klangfarbe und Phrasierung ähnelt, braucht sich Freddy keinen Deut zu verstecken. Sehr variabel, passend zum Song, der in der Mitte sogar einen IRON-MAIDEN-Moment hat – gelungene Abwechslung vom sonstigen Thrash-Geballer.

„Selling Nightmares“ läutet die zweite Albumhälfte ein und auch hier ist es der Gesang von Freddy, der den Song auf ein höheres Level hebt. Denn eigentlich ist der Track nur okay, dank des Gesangs aber etwas mehr als das. Wie sehr Freddys Gesang das Album trägt wird bei „World On Fire“ deutlich: Hier wird er zum Teil sogar nur minimalistisch von Schlagzeug und Bass begleitet und trotzdem wirkt das nicht blass, schwach oder dünn. Im Gegenteil, der Song ist ein weiteres Highlight, vor allem wegen der Vocals. Das Ding wird live ein Burner! Und die Thrash-Sause geht weiter: „The Devil`s Tears“ nimmt zwar das Tempo etwas raus, lässt dafür so etwas wie epische Atmosphäre aufkommen. Einen Abfall der Qualität gibt’s auch nicht bei „The Unnamed“ (großartige Gitarren-Licks und -Soli), der hitverdächtigen Riff-Granate „Me Against You“ und dem furiosen Schlusspunkt „The Stormreaper“. Vor allem die beiden letztgenannten Tracks hauen es nochmal so richtig raus, sodass der Finger schnell auf der Repeat-Taste ruht.

„The Final Chapter“ ist hoffentlich nicht das letzte Album von NECRONOMICON. In dieser Verfassung können sie es locker mit den bekannten Genregrößen aufnehmen. Sänger Freddy legt seine bislang beste Performance vor, was auch an der sehr guten Produktion von Achim Köhler liegt, der bereits bei BRAINSTORM und SINNER an den Reglern saß. Dadurch und dank der vielen messerscharfen und doch melodiösen Riffs ist dieses Album für jeden Thrash-Fan ein Muss, zumindest zum Anchecken. Neu erfunden wird hier nix, dafür herrlich old-school mehrmals die Rübe abgeschraubt, weil der Kopf einfach nicht still halten will bei solchen Songs, das blöde Ding.



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Tobias (23.03.2021)

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