GAMA BOMB - Sea Savage

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VÖ: 04.12.2020
Bandinfo: GAMA BOMB
Genre: Thrash Metal
Label: Prosthetic Records
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Lineup  |  Trackliste

In nicht allzu ferner Vergangenheit erachtete ich es noch als Pflicht, zeitig, also rechtzeitig zum Release, grinsend in ein neues Werk der Iren GAMA BOMB zu springen und rein technisch gesehen mag das auch auf deren "Sea Savage", den ich überpünktlich vor der Veröffentlichung im vergangenen Dezember genau ein einziges Mal durchgehört habe, zutreffen. Doch es lag nicht nur an SODOMs großartigem "Genesis XIX", dass ich mir seither schwertat, weitere Durchläufe überhaupt erst zu beginnen, geschweige denn durchzuhören. Natürlich falle ich hier direkt mit dem Haus in die Tür und greife vor, aber mir fehlen einfach immer noch die passenden Worte, die mein Dilemma mit dem Siebtwerk, dem verflixten Siebtwerk möchte man gar meinen, beschreiben können.

Fangen wir erst einmal mit der Produktion und meiner Verständnislosigkeit dafür, dass man einem Plastikchirurgen wie Zack Ohren immer noch freiwillig Arbeit gibt, an. Die Tendenz dorthin war zwar schon auf den beiden Vorgängern "Untouchable Glory" und "Speed Between The Lines", die in Zusammenarbeit mit Scott Atkins entstanden sind, zu erkennen, weswegen man durchaus von einer natürlichen (oder doch eher unnatürlichen?) Weiterentwicklung fantasieren kann, doch "Sea Savage" schießt buchstäblich den King Kong vom Leuchtturm. Ein geschätzter Kollege meinte einmal trefflich zum Sound eines Albums, dass dieser so klinisch sei, dass man Operationen am offenen Herzen durchführen könnte. Ich lege noch einen drauf und behaupte, dass die Herzchirurgie ein Szenario à la "Sea Savage" Freudentränen wegwischend als nächste Evolutionsstufe einordnen würde. Ja, ich werde alt, aber ich verabscheue dieses unsagbar künstliche, komprimierte Geklacker, dem Schärfe bzw. Biss in den Gitarren, Umfang im Schlagzeug und jegliche Wahrnehmbarkeit des Basses fehlen (man hört ihn tatsächlich nur dann, wenn die Gitarren gerade an der Bar nachschenken lassen), mit jedem weiteren Werk, das damit verschandelt wird. Ich kann selbstverständlich nicht von jedem Interpreten erwarten, dass alles so wunderbar oldschool wie auf besagtem "Genesis XIX" rumpelt, nein, selbst darüber kann man sich vortrefflich streiten. Aber es existieren auch noch Graustufen dazwischen, die Bands gerne wieder für sich entdecken dürfen.

Klammert man das kurzfristig aus und reduziert "Sea Savage" auf seine Songs, wird man allerdings auch nicht wesentlich glücklicher damit. Während auf dem Frontartwork eine gewaltige Flut zu tosen scheint, herrscht auf dem Tonträger überwiegend kreative Ebbe, wobei irgendjemand das Wort B-Sides in den Sand geritzt hat. Hat man alles schon besser und - vor allem - dynamischer gehört. Es ehrt GAMA BOMB, dass sie vermehrt Elemente aus verschiedenen klassischen Metal-Strömungen ("Sheer Khan", "Ready, Steady, Goat!" und "She's Not My Mother, Todd") und Tempodrosselungen einbinden wollen, um etwas mehr Abwechslung zu garantieren, sonderlich überzeugend gelingt dieses Vorhaben allerdings nicht, weil man dabei stets gehemmt wirkt. Lyrisch ist das immer noch alles so herrlich gaga wie eh und je, aber abgesehen von ein paar ganz netten Nummern wie "Sea Savage", "Miami Supercops" oder "Rusty Jaw" ist das leider alles sehr durchschnittlich, was GAMA BOMB hier anbieten. Und ehrlicherweise, nur um die Wertung hierfür richtig einzuordnen, müsste ich mittlerweile sogar "Speed Between The Lines" abstufen, da es sich leider nicht besonders gut gehalten hat und somit bereits ein erster Vorbote für das Mittelmaß des "Sea Savage" war.



Bewertung: 2.5 / 5.0
Autor: Pascal Staub (29.01.2021)

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