STRYDEGOR - Isolacracy

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VÖ: 13.11.2020
Bandinfo: STRYDEGOR
Genre: Melodic Death Metal
Label: MDD
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Lineup  |  Trackliste

Das Album "Isolocracy" von STRYDEGOR ist zwar schon ein paar Wochen draußen, aber es lohnt sich auf jeden Fall dieser Scheibe noch ein Mal die wohlverdiente Aufmerksamkeit zu schenken. Schon das Cover-Artwork enthält so viele symbolische Elemente, dass es lohnenswert ist, sich damit etwas genauer auseinanderzusetzen. Die Farbgebung erinnert doch sehr stark an den aktuellen Retrohype, der vor allem durch Serien wie "Stranger Things" befeuert wurde. Neonfarbene Nebelschwaden zieren den Hintergrund und in Kombination mit den Bluetoothköpfhörern, die das Haupt eines Pestdoktors krönen, könnte man fast denken, dass man gleich auf den Wellen des Synthwaves surft. Aber dem ist nicht so, vielmehr erwartet den Hörer/die Hörerin absolut moderner Melodeath, der durch die Headphones dröhnt. Worauf die Schnabelmaske abzielt muss in diesem Jahr, welches mit dem Unwort des Jahres: "Coronapandemie" ausgezeichnet worden ist, wohl nicht weiter erläutert werden. Auch der Titel "Isolocracy" welcher sich vermutlich aus "Isolation" und "Cracy" von griechisch "kratein" also "herrschen" zusammensetzt, passt sehr gut zu der aktuellen Situation, Albert Camus gefällt das. Solange also die Quarantäne herrscht, bleibt genug Zeit sich die Platte mal auf die Ohren zu hauen.

Im Intro des Albums "Beware the Beast Man" bauen hintergründliche Chorgesänge, im Zusammenspiel mit Donner- und Regengeräuschen, sowie dem Ticken einer Uhr und einer Spieluhr-Melodie eine bedrohliche Stimmung auf, die von Paukenschlägen noch weiter hochstilisiert wird. Bei den Neonfarben auf dem Cover, dürfen natürlich auch die Synthesizer nicht fehlen. Abgeschlossen wird dieses Präludium mit einem spannungserzeugenden Gitarrenriff, welches nahtlos in den nächsten Song "Innocenced Corroded" übergeht. Hier sei der Einstieg schon mal positiv vermerkt, die Atmosphäre ist sofort greifbar und macht den Einstieg zu einer leichten Übung. Anschließend an die Gewittersounds des Intros wartet der Song mit einem wahren Gitarrensturm auf, der sofort ins Ohr geht und schnell für klare Verhältnisse sorgt. Im Refrain fühlt man sich an SOILWORK oder DISARMONIA MUNDI erinnert, wobei der gutturale Gesang noch eine Note aggressiver ist. Der folgende Song "Lucid" ist deutlich ruhiger, ohne dabei an Spannung zu verlieren, denn durch die Abwechslung der Stimme und der Tempiwechsel kann man sich als Hörer/Hörerin keinen Konzentrationsabfall erlauben. Vor allem in der zweiten Hälfte des Stücks werden die Gitarren wieder treibender, was nicht zuletzt auch den Soli anzurechnen ist. Alles in Allem ein sehr melodischer und atmosphärischer Song. Mit "Stars And Strife" schaltet die deutsche Band wieder zwei Gänge hoch. Spätestens hier sollte klar sein, dass diese Gruppe sich mehr als nur gut darauf versteht eingängige Songs zu schreiben, die staccatomäßigen Riffs in Abwechslung mit Doublebass und Doppelanschlägen machen schlichtweg Spaß und natürlich auch Lust auf mehr. "World in Your Hands" nötigt sofort dazu das "Stank-Face" aufzusetzen und zieht die gesamte Gesichtsmuskulatur aus Ehrfurcht nach unten, während das Kopfnicken gleichsam die Melodien würdigt, die wieder einmal sowohl atmosphärisch wie auch aggressiv sein können. Die Songs sind selten eindimensional und besitzen fast immer ein Moment, indem sich die aufgebaute Spannung entlädt, sodass jedes Stück in sich abgeschlossen wirkt und seinen eigenen Spannungsbogen markiert. 

Die erste Hälfte des Albums wir durch "Into the Unknown" abgeschlossen, welches als Instrumentalstück auch gleich die zweite Hälfte der Platte einläutet, diesmal aber nicht in den nächsten Song mündet, sondern wirklich nur als Interludium fungiert. Allerdings verliert die Scheibe keineswegs an Geschwindigkeit, oder verändert grundlegend ihren Stil. "Escape" führt die schnelle melodische Marschroute, die der Anfang bereits breitgetreten hat, weiter. Vor allem der cleane Gesang ist charakteristisch für diesen Song, obschon er sich selbstverständlich mit gutturalem Gesang das Mikrofon teilen muss, wir befinden uns schließlich im Melodeath. Nach diesem absoluten Brett, folgt "Enemy Inside" und auch diesem Stück könnte man durchaus das Prädikat "Gewitter" aufsetzen, denn die Gitarren werden nicht müde wie ein Beben über den Hörer/die Hörerin hinwegzuwalzen. Auch wenn der April nun schon einige Monde zurückliegt, schafft es "As April Fades Away" die Atmosphäre des schwindenden Frühlings zu übertragen, was vor allem durch die harmonischen Parts des Songs und den klaren Gesang, sowie die akustischen Passagen gewährleistet wird. Der Song ist allerdings, wie alle anderen auch, durch seine Dauer von circa 5 Minuten (in diesem Fall sogar 6) lang genug, um auch den aggressiveren und schnelleren Soli ihren wohlverdienten Platz einzuräumen. in dem vorletzten Stück "Oceans" fällt vor allem durch die gedoppelten klaren Vocals auf, wie sehr diese zu der Atmosphäre der Stücke beitragen, ebenso sind die akustischen Intermezzi dafür verantwortlich ein stetiges Gleichgewicht zwischen Aggressivität und Melancholie zu schaffen. Abgeschlossen wird die Platte, wenn man nicht gerade Spotify bemüht, von dem Song "Still Alive" der deutlich, deutlich ruhiger beginnt als der Rest der Platte, ein gebührender Abschluss, der durch seine melodische Konzeption ebenso überzeugen kann, wie die härteren Stücke. 

STRYDEGOR spielen unfassbar modernen, abwechslungsreichen Melodeath, dem man sich, hat man das Album erst ein Mal eingeworfen, kaum entziehen kann. Im Zeitalter des Streamings ist es vielleicht schwierig die breite Masse für Songs zu begeistern, die 5 Minuten lang sind und durch ihr Gesamtes überzeugen und nicht durch ihre Refrains allein. Das Album funktioniert dann am besten, wenn man es durchhört. Es gibt vielleicht nicht diese eine Single, die man in den metaphorischen Charts finden kann, auch wenn zum Beispiel "Escape" durchaus dazu geeignet wäre, aber jedes Stück ist es wert es sich anzuhören. 

 

 



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Joel Feldkamp (02.12.2020)

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