THRUDVANGAR - Vegvisir

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VÖ: 13.11.2020
Bandinfo: THRUDVANGAR
Genre: Viking Metal
Label: Trollzorn Records / Soulfood
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

THRUDVANGAR sind seit zwanzig Jahren in der deutschen Viking Metal Szene beheimatet und blicken auf bisher fünf Studioalben zurück. Und wenn man so lange im Geschäft ist wie die Köthener, kann es durchaus vorkommen, dass der Flow an neuen Outputs von einer kreativen Pause unterbrochen wird. So auch geschehen im Vorfeld des sechsten THRUDVANGAR-Albums "Vegvisir" (isländisch für "Wegweiser"). Sieben Jahre liegen zwischen besagter Scheibe und dem Vorgänger "Tiwaz" - eine lange Zeit, die mitunter diverse Veränderungen im Lineup mit sich gezogen hat.

Was aber bedeutet die vorangegangene Kryostase in Bezug auf das eigentliche Kernelement einer solchen Besprechung - die Musik? Zunächst einmal fällt auf, dass THRUDVANGAR kräftig an der Soundschraube gedreht haben und mit einer modernen Produktion aufwarten. Das Resultat drückt einer massiven Schallmauer gleich aus den Boxen und kann besonders mit den amtlich bratenden Gitarren punkten. Auch songwriterisch wirken die Wikinger ausgeruht und gereift. So bietet "Vegvisir" überwiegend starke Songs, die typische Texte mit ebenso typischen Melodien dramatisch in Szene setzen. Es wirkt wie der (gelungene) Soundtrack einer verfilmten Nordmänner-Saga; einem gehör-cineastischen Erlebnis, dem die eingesetzten Effekte einen gehobenen Dienst erweisen. Stellenweise erinnern die Stücke nach wie vor deutlich an AMON AMARTH, womit man aber letztlich gut leben kann. Immerhin gehört mit "Hravnagud" einer der un-AMON-AMARTH-igsten Songs zu den großen Hinhörern der Scheibe.

Das Einzige, was "Vegvisir" stellenweise zur Last fällt, sind die Texte...bzw. die Texte in Verbindung mit der Sprache. Dadurch kommt es nämlich zu einer Art RAMMSTEIN-Effekt, wodurch die Inhalte durch den Vortrag in deutscher Sprache bewusster wahrgenommen werden. Die Kritik betrifft freilich nicht jeden Song...aber gerade ein Beispiel wie "Sturm aus Eisen", dessen Text sich plakativ auf einen themenbezogenen Minimalkonsens ("Schwerter finden ihr Ziel, Männer schreien, Männer sterben") reduziert, kann so auf Dauer irritieren. Zu guter Letzt versucht "Alles was bleibt", zum Grande Finale noch einmal melancholisch und gefühlsecht auf epischen Pfaden zu wandeln, lässt den Hörer aber unterm Strich zumindest mit gemischten Gefühlen zurück. Sei es das hochdosierte Pathos oder kleinere Mankos im Klargesang...irgendwie will diese Nummer nicht den Schulterschluss zu ihren bärtigen Berserker-Kollegen finden [Anm. d. Verf.: und trotzdem klingelt der klebrige Refrain am Tage nach dem Review permanent in meinem Gehör...soviel zum Thema "gemischte Gefühle", meine Herren].

Zugegeben, das ein oder andere Defizit gibt es an "Vegvisir" zu bemängeln. Aber sollte man deswegen aus einem kleinen Wikingerschiffchen einen adretten Flugzeugträger machen? Definitiv nicht, zumal man dann die Güte des Songwritings und die positive Entwicklung in Sound und Gesamtbild komplett unter den Tisch fallen ließe. Und an dieser Front gibt es schließlich genug zu honorieren - das sollte man trotz konstruktiver Kritik nicht unerwähnt lassen. Und weil die Pluspunkte klar die Überhand behalten, soll sich dies auch in einem finalen Votum widerspiegeln.



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Lord Seriousface (15.11.2020)

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