BLACK CROWN INITIATE - Violent Portraits Of Doomed Escape

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VÖ: 07.08.2020
Bandinfo: BLACK CROWN INITIATE
Genre: Progressive Death Metal
Label: Century Media Records
Hören & Kaufen: Amazon
Lineup  |  Trackliste

CALIGULA'S HORSE, PROTEST THE HERO, HAKEN - meine Liste der noch zu hörenden Progressive-Metal-Releases 2020 ist eigentlich gar nicht so angsteinflößend lange, wie ich ursprünglich vermutete, und doch ringt sie mir schon alleine aufgrund der illustren Namen Respekt und eine gewisse Ernsthaftigkeit, mit denen man sich solchen klanglichen Wälzern vielleicht auch annähern muss, ab. Schon länger auf der Liste finden sich hingegen die Amerikaner BLACK CROWN INITIATE wieder, die mit "Violent Portraits Of Doomed Escape" zufälligerweise ebenfalls in diesem Jahr ein neues Album (ihr Labeldebüt bei Century Media Records) vorstellen und bei vielen Hörern wohl die komplizierte Aufgabe lösen muss, das beliebte und vielfach gelobte "Selves We Cannot Forgive" qualitativ zu bestätigen. Also griff ich zu und wagte den Erstkontakt.

Aus der anfänglichen Unbedarftheit leitete sich schnell ein Narrativ ab, das sich mit jedem weiteren Song verfestigte: Wären OPETH eine amerikanische Band und hätten sich 2013 gegründet, klängen sie wie BLACK CROWN INITIATE - im positiven Sinne natürlich. Die Einladung, die der Opener höchstpersönlich an den Zuhörer übergibt, ist Machtdemonstration und Veranschaulichung dieses möglicherweise gewagten Vergleichs zugleich. Dass sich mit den akustischen Gitarren und modernen Clean Vocals zu Beginn ein tobender Sturm progressiven, zeitgemäßen Death Metals anbahnen würde, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar, doch nach diesem Intro explodiert "Invitation" förmlich und sorgt dabei alleine schon deshalb für Wohlgefallen, weil man statt der erwarteten Djent-Replika von klassischeren Rhythmen mit einem Hauch Moderne bearbeitet wird. Die abrupten Breaks, die in Sekundenschnelle verspielte Prog-Charakteristika in gewaltsame Eruptionen konvertieren, erinnern in puncto Vehemenz und Effektivität an große Momente eines "Ghost Reveries".

Manchmal, wenn mich ein Einstieg emotional so sehr packt, tue ich mir anschließend schwer mit dem, was darauf folgt. Bei "Violent Portraits Of Doomed Escape" ist das überwiegend anders, was u.A. daran liegt, dass BLACK CROWN INITIATE ein sehr gutes Gespür für ihre Songs haben und die Gelegenheiten für unterschiedlichste Stilmittel und Farbgebungen clever abpassen und ausloten. Während ein "Son Of War" also geradliniger und fast schon direkt auf den imposanten Auftakt reagiert (diesen Duktus setzt "Death Comes In Reverse" später fort), ist beispielsweise ein "Years in Frigid Light" an Theatralik bzw. Dramatik nicht zu überbieten oder ein "Sun Of War" wiederum eine verschachtelt-innovative Interpretation eines musikalischen Wechselbads. In "Trauma Bonds" wird mir diese Vorgehensweise im arg hellen Refrain zeitweise zu viel des Guten, doch unabhängig solch subjektiver Eindrücke hat das Quintett eine sehr klare Vision davon, wie es klingen möchte, und kann diese auch schlüssig mit Stücken à la "Holy Silence" (dieses irre akustische Zwischenspiel...) illustrieren. Hier klingt nahezu nichts überladen; die ritualistisch-angehauchte Ruhepause "Bellow" funktioniert dabei genauso gut wie der besonnene Abschluss, den die Reprise "He Is The Path" besiegelt. 

Der Spannungsbogen gelingt also bestens und so bin ich wirklich angetan von dem, was BLACK CROWN INITIATE auf "Violent Portraits Of Doomed Escape" anbieten. Ich muss gestehen, dass ich mir während dem Hören oftmals die Frage gestellt habe, wer oder was denn nun die Zielgruppe dafür sein könnte, aber so einfach machen es sich die fünf Herren nicht, was ich durchaus begrüßenswert finde. Was für mich definitiv feststeht: Eine Band, die so gekonnt zwischen klassischen Progmotiven, modernem Metal(-core) und derbem Death Metal wechselt, dass man keine Genregrenzen mehr erkennt, wird zwangsläufig Anhänger finden und mit etwas Fortune selbst die härtesten Puristen aus verschiedenen Genres aufweichen und für ihren eigenen autarken Stil gewinnen können. Ich jedenfalls bin gespannt, was mich zukünftig erwartet, denn "Violent Portraits Of Doomed Escape" ist unter dem Strich vielversprechend.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Pascal Staub (10.08.2020)

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