FEUERSCHWANZ - Das elfte Gebot

Artikel-Bild
VÖ: 26.06.2020
Bandinfo: FEUERSCHWANZ
Genre: Power Metal
Label: Napalm Records
Hören & Kaufen: Amazon
Lineup  |  Trackliste

Sauste vor zwei Jahren der „Methämmer“ auf uns nieder, so verkünden FEUERSCHWANZ nun „Das elfte Gebot“. Und im Vorbeigehen haben sich die notorischen Schlingel dabei quasi neu erfunden – der auf dem Vorgänger eingeschlagene Weg, ein Stück weit weg von mittelalterlichen Arrangements und zotigen Texten, erweist sich als goldrichtige Neuausrichtung von FEUERSCHWANZ, die sich mit ihrem neuen, deutlich powermetallischer tönenden Output in Richtung Decke, respektive Genrespitze recken.

Auf die folkigen Elemente braucht man selbstverständlich nicht ganz verzichten, doch kommen sie deutlich abgespeckter und weniger verspielt einher, was dem Album in seiner Gesamtheit nicht nur einen „erwachseneren“ Touch verleiht, sondern auch dem Sound mehr Direktheit und metallischere Durchschlagskraft spendiert. Die ausgewogene Produktion setzt die Gitarren, ganz so wie es sein soll, prominent und satt in Szene, während die hauptsächlich von Johannas Geige getragenen Melodiebögen wunderbar dazu korrelieren. Treibende Rhythmusarbeit und der sich gegenseitig ergänzende Gesang des Hauptmanns und Prinz Hodenherz machen das rundum gelungene musikalische Paket komplett, das sich in einer hohen Zahl an mitsingkompatiblen Nummern und hartnäckigen Ohrwürmern manifestiert.

Allen voran kann sich der Titeltrack „Das elfte Gebot“ hervortun, der mit seinem geradezu tiefsinnigen Text (inklusive Lovecraft-Verweis!) eine Ode an das Leben birgt und so nebenbei einen der wohl haltbarsten Ohrwürmer entzündet, der diesen Schreiberling in den letzten Jahren erwischte. Songs wie das stampfende „Schildmaid“, dessen Refrain sich ebenfalls nachhaltig im Gehörgang festzuhaken weiß, stehen dem in nichts nach. Am stärksten sind FEUERSCHWANZ immer dann, wie sie richtig saftig in die Saiten greifen, wie zum Beispiel im lässigen „Kampfzwerg“ oder auch im zackig-fetten Brett „Lords Of Powermet“, und natürlich auch dann, wenn sie ihre schelmische, alkoholschwangere Seite herauslassen, wie im eingängigen „Metfest“. Versuchte man in der Vergangenheit womöglich noch ob der zotigen Ausrichtung der Band, sich die Truppe erfolglos schönzusaufen, so ist das hier und jetzt nicht mehr nötig – das ist zu einem großen Teil lupenreiner Power Metal, den uns des Hauptmanns geiler Haufen da um die Ohren schmettert, und zwar richtig starker noch dazu!

Hat man nach dem episch-nachdenklichen „Im Bauch des Wals“ und dem darauf folgenden verspielten „Mission Eskalation“, das den einzigen nicht so ganz packenden Titel des Albums darstellt, zunächst Sorgen, dass FEUERSCHWANZ ihr Pulver schon verschossen hätten, so nimmt das Album nach dem Ohrwurm „Schildmaid“ mit dem abwechslungsreichen, enorm stark arrangierten „Malleus Maleficarum“ noch einmal richtig Fahrt auf. Sowohl das im Riffing streckenweise ordentlich hinlangende „Totentanz“, als auch die abschließende Hymne „Unter dem Drachenbanner“ zeigen FEUERSCHWANZ noch einmal von ihrer besten Seite.

Und weil das alles bisher viel zu „erwachsen“ und zu ernsthaft war, haben der Hauptmann und sein Haufen dem Album noch eine Bonus-CD in Form der sieben Cover-Todsünden beigelegt. Glaubt mir, ihr wolltet schon immer SEEED oder ED SHEERAN auf Metal hören! Was FEUERSCHWANZ bei der Auswahl der Coversongs geraucht haben, das weiß man zwar nicht, doch das Ergebnis ist teils haarsträubend gut. Das SEEED-Cover „Ding“ kommt nicht nur mit großartig abgedrehtem Video einher, sondern auch noch mit einer Gast-Performance von Melissa Bonny (ua. AD INFINITUM) sowohl in ihrer sanften als auch in ihrer garstigen gesanglichen Form und einem Maultrommel-Solo von Prinz Hodenherz (was kann der eigentlich NICHT spielen?!). Sowohl der HOSEN-Klassiker „Hier kommt Alex“ als auch POWERWOLFs „Amen And Attack“ und SABATONs „Gott mit uns“ werden unterhaltsam durch den FEUERSCHWANZ-Fleischwolf gedreht, und auch bei „Limit“ (DEICHKIND) und „Engel“ (RAMMSTEIN) kann man sich des Schmunzelns nur schwer erwehren. Der mit Abstand beeindruckendste Wurf ist aber mit „I See Fire“ von ED SHEERAN gelungen, dem Prinz Hodenherz' emotionale Intonation in Kombination mit der powernden Instrumentierung einen gar epischen Anstrich gegeben hat, der sich deutlich über das zahme Original erhebt.

Das Cover-Album ist ein nettes Goodie, das man schon nach ein paar Hördurchläufen nicht mehr missen möchte. Und es macht den verflucht starken neuen Streich von FEUERSCHWANZ in gewissem Sinne komplett – denn im Herzen sind die Folk-Power-Metaller aus Erlangen dann doch irgendwie Kind geblieben. Und gerade diese Kombination aus dem extrem starkem, „erwachsenem“ Liedgut auf „Das elfte Gebot“ und das Vermögen dem inneren Spaßvogel dennoch ein adäquates Ventil zu geben, macht die Gründe aus, für die man FEUERSCHWANZ inzwischen getrost in die Spitzenregionen des Genres hieven kann. Denn das ist fraglos das bisher beste Album ihrer Karriere.

Wer weitere Stimmen zum neuesten Streich von FEUERSCHWANZ lesen möchte, findet diese in Kürze bei unseren höchst unanständigen Gangbang-Reviews!

 

 



Bewertung: 4.5 / 5.0
Autor: Anthalerero (22.06.2020)

ANZEIGE
ANZEIGE