DIVINE WEEP - The Omega Man

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VÖ: 08.06.2020
Bandinfo: DIVINE WEEP
Genre: Heavy Metal
Label: Ossuary Records
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Lineup  |  Trackliste

DIVINE WEEP aus Polen konnten vor einigen Jahren mit dem soliden Release von "Tears Of The Ages" mittelprächtig gut überzeugen und haben sich nun ein wenig Zeit gelassen und gleichzeitig etwas an ihrer Struktur herumgegraben, um sich nun mit "The Omega Man" an den Start für einen ziemlich schwungvollen Dauerlauf durch 45 Minuten Heavy Metal zu begeben. Egal, wie viele Jahre ins Land ziehen, DIVINE WEEP bleibt auch weiterhin vor Lineup-Changes nicht verschont. Erneut hat sich am Mikro was getan, gleichwohl bleiben sie ihrem Stil weitgehend treu, packen im Vergleich zum Vorgänger allerdings gleich noch eine ordentliche Wagenladung Speed und stimmliche Power oben drauf. Man darf sich also über den Vocal-Wechsel durchaus nicht beschweren. Und ja, man darf sich über den Release freuen!

Generell geben DIVINE WEEP auf der neuen Scheibe weitaus mehr Gas, klingen wuchtiger, versierter, durchdachter, vielschichtiger. Jeder Song in sich hat mehr Erkennungswert als noch auf dem Vorgänger. Zudem wirkt die oftmals getätigte Überlänge ("Walking Through Debris Of Nation" kann mit seinen geschlagenen sieben Minuten durchaus in dem Bereich mithalten) durch durchdachten Aufbau und teils eingewechselten Passagen in Tempo oder das Springen über Genre-Grenzen hinaus kurzweilig und intelligent genutzt. Titelgeber "The Omega Man" rauscht da zum Beispiel mit speedigen sechs Minuten und einer Mischung aus screamigen Hauptanteil und wuchtigen-power-heavy Refrains dem Ende der Scheibe entgegen und steigt dann tatsächlich mit fast schon epischen (spanischen) Vocals aus.

Dass die Truppe in ihren Anfängen durchaus dem Black Metal nicht abgeneigt war, bezeugen sie unter anderem in einem Abschnitt in "Firestone", der unverhofft und plötzlich zwischen dem stampfenden Heavy-Aufbau einschlägt. Dazwischen gibt es natürlich auch relativ klassisch aufgebaute Heavy-Tracks mit einigem Drum-Gewitter und ordentlich Feier-Attitüde, wie der Opener "Cold As Metal", "Journeyman" oder "The Screaming Skull Of Silence", wobei bei letzterem ziemlich genial durch Tempowechsel massig Druck aufgebaut wird und somit zu einem geheimen Favoriten auf der Scheibe avanciert. Insgesamt wirkt der erste Teil der Scheibe etwas klassischer, wird gegen Ende hin immer versuchskaninchenlastiger. Wobei das Kaninchen durchaus überlebt! Und passagenweise sogar zum Hulk wird. 

Textlich lehnt sich "The Omega Man" auch mal an literarische oder verfilmte Werke an, wie der Track "Die Gelassenheit" verrät, der mehr oder minder aus einem gesprochenen Filmausschnitt besteht. (Stichwort Richard Mathesons "I am a Legend"). Dem gefolgt reißt "Mirdea Lake" eine brachiale Schneise, die sich auch mal durch schräge, eine unheimliche Stimmung vermittelnde Vocals auszeichnet und gleichzeitig nicht nur dem Old-School-Lastigen fröhnt, sondern auch thrashige Fußabdrücke in den Boden stampft. Einziger Durchhänger auf der Scheibe bietet sich im ziemlich langen, relativ balladesquem Teil von "Riders Of Navia", das ein wenig zu sehr offenbart, dass eine Stimme mit Druck nicht für alle Stilmittel uneingeschränkt geeignet ist, wirkt der langsame Anteil doch ein wenig gepresst und gezwungen, auch wenn der Track trotzdem irgendwie irgendwas hat - also nicht grenzenlos überflüssig ist. Und das nicht nur, weil "Riders Of Navia" dann doch noch Gas gibt. (Oder es ist einfach meine persönliche Aversion balladesquen Stücken gegenüber). 

So! DIVINE WEEP hat mich mit "The Omega Man" tatsächlich ziemlich durchschlagend überrascht! Viel mehr Wucht, viel mehr Power, sehr kurzweilig und musikalisch gut durchdacht. Da haben die Polen im Vergleich zum mittelmäßigen Vorgänger einen ordentlichen Schritt nach vorne gemacht! So kann das weitergehen, die Richtung stimmt! Sehr empfehlenswert, nicht nur für eine Umdrehung!



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Lisi Ruetz (08.07.2020)

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