ROTTING OUT - Ronin

Artikel-Bild
VÖ: 10.04.2020
Bandinfo: Rotting Out
Genre: Hardcore
Label: Pure Noise Records
Hören & Kaufen: Amazon
Lineup  |  Trackliste

ROTTING OUT veröffentlichten am 10. April über Pure Noise Records ihr neues Album. Das erste nach einer langen Pause von sieben Jahren! In dieser Zeit ist dabei scheinbar sehr viel passiert, und so stellt sich die Band in einem Rutsch auch noch ihrer Vergangenheit.

Nicht alleine die Tatsache, dass sich die Band auflöste und erst 2018 wieder zusammenfand, sondern auch viele private Dramen bestimmten das Leben von Sänger Walter Delgado in den letzten sieben Jahren. Neben dem Tod von zweien seiner Freunde kam es für Delgado unter anderem zu einer Gefängnisstrafe aufgrund von Drogenbesitz. Die Pause der Band und seine Zeit in Haft konnte daher genutzt werden um das eigene Leben zu reflektieren und neues Material zu schrieben. 
Doch wie klingt diese Reflexion mit den eigenen Dämonen? 

Selbsthass direkt in eure Fresse 

"Ronnin" beginnt mit einem Faustschlag, vertreten durch den ersten Song „Vessel“. 
Ohne groß zu zögern geht es in typischer Hardcore Manier gleich mit einem Blastbeat und dem markanten Gesang von Delgado los. Eines lässt sich definitiv jetzt schon feststellen: Auch nach über sieben Jahren weiß die Band wie sie ihren ganz eigenen Sound zu kreieren hat. Der Song ist jedoch leider mit einer Spielzeit von unter zwei Minuten etwas kurz geraten, sodass die anfängliche Spannung extrem schnell wieder durchbrochen wird.  Lyrisch betrachtet thematisiert „Vessel“, die übergeordnete Thematik des Albums, welche die allgemeine Verarbeitung von Delgados Rückschlägen aufgreift und dabei immer die Frage nach den „Warum“ aufgreift.

Der folgende zweite Song "Last Man Standing“ sticht durch einen üppigen instrumentalen Beginn heraus, welcher jedoch beim Einsetzen des Gesangs an Dynamik verliert, sodass deutlich wird, dass die Message im Vordergrund stehen soll. Durch einen geschickten Einsatz von Gitarreneffekten erfährt der Song jedoch eine musikalische Steigerung, welche sehr gut die Thematik des Songs (L.A. und seine dunkle Seite) unterstreicht. 

Mit einer typischen Rückkopplung beginnt der dritte Song „Reaper“. Der Fokus auf dem Wort, wird hier gnadenlos fortgesetzt. Wo im zweiten Song nur eine Reduktion im Verhältnis zum Gesang zu vernehmen war, wird der Vocalpart quasi Acappela bestritten. 
Hervorzuheben ist der unverblümte Einsatz des Breakdowns welcher den Song wieder nach weniger als nur zwei Minuten beendet. Es fühlt sich einfach so an, als würde dem Hörer für einen kurzen Moment ein Vorschlaghammer durch das Gesicht gezogen werden. Alles nach dem Motto, „Weniger ist Mehr!“. 

Der folgende, sehr persönliche Song "Prisoners", über die Kindheit Delgados, steht in einem dichten musikalischem Bezugsverhältnis zum Song „Unforgiven“. 
Alleine die Thematik spricht für sich. "Prisoners" beschreibt die Gewalt welche Delgado in seiner Kindheit erleben musste woraufhin „Unforgiven“ das Gefühl beschreibt, als Kind sich für alles schuldig zu fühlen. 
Musikalisch wird diese Zusammengehörigkeit vor allem durch den Breakdown am Ende von Prisoners deutlich, wo das Ende des Songs direkt in den nächsten überleitet. Diese Zweigliedrigkeit wird am Ende  in dem Song „Unforgiven“ mit dem ersten (etwas belanglosen) Gitarrensolo des Albums durchbrochen und gleichzeitig zu einem Ende geführt. 

Der nächste Song „Thief“ geht nun eine etwas andere fast schon "punkig" angehauchte Richtung. 
Der Song ist dabei im Wesentlichen durch ein Mainriff charakterisiert, welches sich durch den versetzten Einsatz der Instrumente dynamisch entfaltet und sogleich steigert.  Über die Eingängigkeit dieser Songstruktur und das Riff an sich könnte man im Hinblick auf die vorherigen Songs jedoch streiten.
Trotzdem sticht dieser Song vor allem durch seinen Text positiv heraus, und dies im wahrsten Sinne des Wortes. So geht es dieses Mal nicht um die Schicksalsschläge oder die Vergangenheit, sondern den bewussten Willen im Hier und Jetzt an seinem Sein etwas zu ändern und sich selbst in eine positive Richtung, trotzt der Vergangenheit, weiter zu entwickeln. 

Die letzten beiden Songs des Albums „Visceral“ und  „Boy“ bilden einen würdigen Abschluss für das Album als Gesamtkonzeption an sich. Vor allem der Song „Boy“ lässt sich hier gesondert hervorheben, da dieser sich sehr langsam aufbaut und mit einer Laufzeit von über fünf Minuten der mit Abstand längste Song der Platte ist und somit einen sehr würdigen und durchdachten Abschluss der Platte liefert.

Ronnin aka. Coitus interruptus?

Es lässt sich, wie zu Beginn schon festgestellt, festhalten, dass ROTTING OUT ihren typischen Hardcore Sound nicht verloren haben.  Ohne viele Spielereien wirkt das ganze Album sehr klar und durchlässig ohne dabei jedoch, bis auf ganz wenige Passagen, eintönig zu geraten. Der Fokus des Albums liegt definitiv in erster Stelle auch auf dem Wort, sodass sich die Musik im Wesentlichen der lyrischen Thematik unterordnet. Das einzige was tatsächlich zu bemängeln ist, ist die Kürze einiger Lieder und die kurze Spieldauer des Albums an sich.  So wirkt es teilweise, als ob ein Song zu Ende ist, bevor es überhaupt richtig losgegangen ist, sodass viel aufgebaute Energie wieder sehr schnell verloren geht. Ansonsten ist das Album aber definitiv ein typisches ROTTING OUT Album, mit sehr schwerer Thematik bei denen Fans der Band auch mal den Repeat Button drücken können. 



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Niklas Radke (22.05.2020)

ANZEIGE
ANZEIGE