HENRY KANE - Age Of The Idiot

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VÖ: 22.05.2020
Bandinfo: HENRY KANE
Genre: Death Metal
Label: Transcending Obscurity Records
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

HENRY KANE ist ein ausgeglichener Mensch, man könnte ihm ein gar sonniges Gemüt attestieren. Aber selbst diese Frohnatur unter den Altruisten hat ihre Grenzen - zum Beispiel und vorzugsweise dann, wenn die Welt um ihn herum mal wieder verrückt spielt und der letzte Rest menschlichen Verstands in einem Meer aus Ignoranz, Egomanie und Idiotie versinkt. Dann, aber nur dann - und selbst dann nur manchmal - läuft diesem friedliebenden Menschen die Galle über. Dann scheißt HENRY KANE auf's Kriegswaffenkontrollgesetz, poliert seine beiden vollautomatischen Streitschlichter und verwandelt die Straßen in ein Trümmerfeld - and the "Age Of The Idiot" will come to an end.

Wenn dem HENRY der Frack brennt, gibt es nichts mehr zu Lachen! Dann sucht selbst Chuck Norris Zuflucht in verlassenen Atomschutzkatakomben, die derweil nur noch der Aufzucht von Kulturchampignons dienlich sind. "Die Erde ist eine Scheibe?!" - BÄM! "Bill Gates will klammheimlich die Weltherrschaft an sich reißen?!" BÄM! "Corona-Impfungen machen schwul und die Maskenpflicht ist eine Ausgeburt der neuen Weltordnung?!" BÄM BÄM! Den aluhütigen "March Of The Dumb" mäht der sonst so gutmütige HENRY gnadenlos um und terminiert die Pandemie, den Klimawandel die Autolobby und auch die Novelle der deutschen Straßenverkehrsordnung gleich mit. Die rot glühenden Läufe seiner Anti-Terror-Nothelfer retroperistaltisieren [Anm. d. Lekt.: Wortschöpfung des Jahres, Herr Kollege.] unnachgiebig blaue Bohnen. Autoreifen, Ziegelsteine und blutige Ärsche fliegen durch die Gegend, der betörende Duft von Schießpulver und verkohlter DNA erfüllt die Luft - doch ehe die Nationalgarde anrückt und den Engel der Gerechtigkeit mit einer 120mm-Panzergranate zum "Sweet Escape" animiert, wechselt die Szene und der Protagonist schreckt schweißgebadet in seiner von behaglichem Kaminfeuer beheizten Waldhütte auf...

Furchterregende und absonderliche Träume wie dieser begleiten den intellektuell und ethisch vorangeschrittenen HENRY KANE von Kindesbeinen an - doch statt der morbiden Versuchung nachzugeben und gnadenlos alles umzumähen, das sich ihm in den Weg stellt, übt sich die Ein-Mann-Armee mit dem rekordverdächtigen Bartwuchs im Schreiben von Musik...dem Verfassen gehobener Tonkunst, die pathologische Seelenleiden aller Art kanalisiert und im Keim erstickt. Denn eines steht fest: schwedische Musik ist schwedischen Gardinen in den allermeisten Fällen klar vorzuziehen. Und wenn sich besagter HENRY KANE, auch bekannt als der umtriebige Mr. Jonny Pettersson (u. a. WOMBBATH, HEADS FOR THE DEAD, BERZERKER LEGION), von derart absonderlichen und obendrein frei erfundenen Phantasien nicht weiter auf den Stiefel getreten fühlt, dann sei ihm an dieser Stelle herzlich zu diesem genialen, 19 Songs umfassenden Schlachtfest gratuliert.

Zugegeben, für diese blastbeatreiche, kompromisslose und hochintensive Ballerei muss man erst einmal in Stimmung kommen - und auf den ersten Hörer mochte ich diese Scheibe ehrlich gesagt nicht. Doch wenn man sich ein wenig Geduld antut und sich auf einen zweiten oder dritten Durchlauf einlässt, entfalten die zumeist kurz gehaltenen Hassbatzen HENRY KANEs ihre volle Wirkung und erweisen sich obendrein als sehr facettenreich. Besonders hervortun können sich dabei die wilde Heizerei auf den Becken (z. B. "Age Of The Idiot", "Mitt Hjärtas Mörker"), sinistre BM-Einflüsse in "My Sweet Escape" und natürlich das schmissige ASTA KASK-Cover "Psykopaten". Unterstrichen und abgerundet wird das Ganze von einer rüstigen Produktion, die neben den brettharten Gitarren mit einem amtlich dröhnenden Bass-Rückgrat brilliert und auch in puncto Drums eine tolle Balance zwischen Natürlichkeit und Durchschlagskraft erreicht. Im Gesamtbild entpuppt sich "Age Of The Idiot" als unbarmherziges Soundmonster, das man so nicht alle Tage zu hören bekommt - Hut ab, Mr. KANE!

In Verbindung mit dem endzeitlichen Cover, das dem vertonten Zerstörungs-Fetisch eine sichtbare und die eingangs vorgetragenen Wahnvorstellungen illustrierende Komponente verleiht, erweist sich "Age Of The Idiot" als eine massiv stachelbewehrte Perle, die man als Szenegänger nicht verpassen sollte. Für eine Onemanshow ist der Dreher sogar noch eine Ecke erstaunlicher. Dass er es daneben vermag, den Verfasser zu einem gänzlich Absinth-freien Realitätsverlust zu verleiten, sollte ausdrücklich als zusätzlicher Pluspunkt verstanden werden.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Lord Seriousface (17.05.2020)

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