NOCTU - Gelidae Mortis Imago

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VÖ: 08.05.2020
Bandinfo: NOCTU
Genre: Doom Metal
Label: Transcending Obscurity Records
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

NOCTU ist ein italienisches Ein-Mann-Funeral-Doom-Projekt, das seit 2015 bestattet besteht und mit "Gelidae Mortis Imago" sein zweites Studioalbum zum Besten gibt. Die Platte mit dem schmucken Coverartwork bietet sechs Tracks und einen interessanten Aufbau, bei dem immer jeweils ein überlanger Song auf ein Intro bzw. Interlude folgt. Das Gesamtresultat ist - wie so häufig im langsam drehenden Bezirk - nichts für kurz Angebundene, denn der Schinken bringt es in Summe auf stolze 75 Minuten Spielzeit. NOCTUs Kompositionen setzen auf eine starke Orchestrierung und ambientöse Beigaben, die Stimme ist stark entfremdet und erinnert an den Versuch, nach dem Inhalieren stimmverändernder Gase durch einen Ventilator zu singen. Gute Karten also für die Kategorie "Originalität", denn ein solches Gebilde hört man freilich nicht alle Tage.

Steter Tropfen höhlt den Stein - diesem Motto getreu hört man es im Intro "Suicidio Al Chiaro Di Luna" ("Selbstmord im Mondschein") zunächst gut anderthalb Minuten plätschern, bis das Klavier schlussendlich mit seiner traurigen Melodie einsetzt. Das bedrohliche Dröhnen im Hintergrund wird unterdessen stetig lauter und lässt die unbehagliche Spannung sukzessive ansteigen. Dieser einleitende Spannungsbogen hat seinen Charme und führt nahtlos zum ersten, regulären Song "Fitte Tenebre (Le Radici Dell' Inferno)". Das gute Stück ist mit seinen 16 Minuten das unbestrittene Leichtgewicht des Albums. Der Aufbau ist stimmig, die dramatische Steigerung packt den Hörer an der Hand und zerrt ihn immer tiefer in den infernalen Klangsumpf. Interessant ist dabei auch, dass das Grundmotiv zwischenzeitig auf das Klavier überspringt und sich darauf Zug um Zug wieder mehr Lautheit und Intensität verschafft.

"Lucida Oscurita Senziente" spielt mit melodischen Gitarrenläufen, bringt vermehrt Lichtfunken ins musikalische Dunkel und punktet mit einem triumphal-epischen Finale. Bis hierhin ist die Platte also, wenn man sich die Muße und Zeit nimmt, sie zu ergründen, durchaus eine reizvolle Sache. Und wäre da nicht "Isolato Da Un Mondo Senza Speranza", würde sie sich vermutlich schnurstracks auf den Stapel der empfehlenswerten Neuentdeckungen prozessieren. Dass jedoch an dieser Stelle ein stattliches Maß an Drive verloren geht, liegt daran, dass dieser Track für das, was er zu bieten hat, entschieden zu lang ist. Eine geschlagene halbe Stunde Gruselkino mit zermürbend langen Spannungsbögen und wenigen Aha-Momenten ist des Guten dann doch zu viel.

Lange Songs sind immer eine songwriterische Herausforderung und in Anbetracht dessen ist die Trefferquote von "Gelidae Mortis Imago" garnicht mal so übel. Für bekennende Begräbnis-Doomer ist das wenig konventionelle Gebräu NOCTUs wahrlich einen Hörer wert, vorausgesetzt, der musikalische Terminplan verfügt über hinreichend auskömmliche Slots. Und wer weiß, vielleicht zündet die Scheibe am Ende doch noch stärker - schließlich dauert in diesem Metier alles ein wenig länger...



Bewertung: 3.0 / 5.0
Autor: Lord Seriousface (05.05.2020)

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