INTRONAUT - Fluid Existential Inversions

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VÖ: 28.02.2020
Bandinfo: INTRONAUT
Genre: Progressive Metal
Label: Metal Blade Records
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Lineup  |  Trackliste

Schwierige Zeiten haben die US-Progger INTRONAUT hinter sich. Nach intensiver Schaffensphase des vorangegangenen Albums fühlte man sich derart ausgebrannt (Sänger Sacha Dunable spielte sogar mit dem Gedanken, der Band den Rücken zu kehren), dass sie sich gezwungen sahen, die Notbremse zu ziehen und eine einjährige Auszeit einzulegen. Diese wurde genutzt, um wieder kreative Energie zu tanken, Dunable begann währenddessen wie von selbst, wieder neue Songs zu schreiben. So liegen gut fünf Jahre zwischen dem Vorgänger "The Direction Of Last Things" und ihrer aktuellen Veröffentlichung "Fluid Existential Inversions", ein noch nie dagewesener Abstand zwischen zwei INTRONAUT-Alben. Doch das tat der Band gut, man begann ohne Deadline-Druck wieder Musik zu schreiben und damit ihr, laut eigenen Angaben, bisher bestes Album vorzulegen. Erstmalig wurde der INTRONAUT-Sound um das Keyboard ergänzt, komplexe Riffs, der Stilmix aus Progressive Metal und Post Rock sowie eine Handvoll Growls bilden das typische INTRONAUT-Klanggerüst.

"We just wanted to be huge in every way", gibt Dunable zu Protokoll. Genau diese Ambition könnte ihnen trotz wiedergewonnenem, kreativem Flow letztlich ein wenig zum Verhängnis geworden sein. Denn obwohl INTRONUAUT gewohnt mit spannenden Instrumental-Sphären aufwarten können, fehlt dem Album etwas, was ich auch nach mehreren Durchläufen nicht zu fassen vermag. Ist es der Drive, der immer mal wieder ins Stocken gerät und dann braucht, um wieder an vorherige Höhen anzuknüpfen? Die Vocals von Frontmann Dunable, die sich zwar gut ins Klangpaket einfügen, aber auch nur "ihren Zweck erfüllen"?

"The things you've seen all melt in your mind
Drink of the liquid and discard the rind"

aus "Cubensis", eine Anspielung an den gleichnamigen Zauberpilz, der auch auf dem Cover zu sehen ist

Das Konzept von "Fluid Existential Inversions" ist nämlich nicht nur musikalisch interessant. Textlich greift man eine persönliche und gesellschaftskritische Thematik auf. "Speaking Of Orbs" (die Lyrics stammen von Gitarrist David Timnick) befasst sich mit der Unvermeidlichkeit der Zukunft und der Entscheidung, Fortschritt oder Zerstörung zu wählen. Musikalisch wird hier viel mit Atmosphäre gearbeitet, schon nahezu ein Ausflug zur Schwerelosigkeit. Den genauen Gegensatz hierzu wissen INTRONAUT aber genauso zu liefern. "Contrapasso" besticht mit Sludge-Anleihen, eingängigem Riffing und tighten Drums, die beigesteuert werden von Alex Rüdinger (WHITECHAPEL, ehemals THE FACELESS), driftet aber auch immer mal wieder ins Verträumt-Atmosphärische ab. "Pangloss" ist eine Anlehnung an "Candide" des französischen Schriftstellers Voltaire und behandelt die Gefahren von blindem Optimismus in einer chaotischen und unnachgiebigen Welt. Das spiegelt sich auch im Instrumentalen wider. "Check Your Misfortune" besticht durch schleppende Riffs, die in ein Outro münden, das genau die Atmosphäre schafft, die ich mir durchgehend auf dem Album wünschen würde.

Bei all der gewohnten Abwechslung und wirklich spannenden Passagen fehlt es "Fluid Existential Inversions" aber doch an durchgehendem Flow/durchgehender Nahtlosigkeit im Übergang der musikalischen Gezeiten, was sich bei den bewusst herbeigeführten, aber oftmals doch zu abrupten Tempowechseln abzeichnet.

Fazit: "Fluid Existential Inversions" ist ein Album voller Kontraste, mal aggressiv und angriffslustig, mal gefühlvoll und atmosphärisch - aber doch ohne den großen "Aha"-Effekt. Technisch gut, aber kein Meilenstein in der INTRONAUT-Historie. Am besten selbst ins entrückte Universum der Amerikaner eintauchen und sich ein Klangbild davon machen.



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Angelika Oberhofer (16.04.2020)

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