VARULV - Kerker, Todt und Teyfl

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VÖ: 07.03.2020
Bandinfo: VARULV
Genre: Black Metal
Label: Talheim Records
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Lineup  |  Trackliste

VARULV haben einen teils steinigen Weg hinter sich. Mit Steinen, die sie sich teilweise auch selbst in den Weg gelegt hatten (siehe dazu unser Interview am Kaltenbach Open Air 2018, in dem die Band mit alten Gerüchten und auch mit Jugendsünden aufräumt). Musikalisch haben sie sich nie verraten, immer war der rudimentäre Black Metal der Dreh- und Angelpunkt, und die Geschichten hinter den Liedern waren mystisch, mittelalterlich, vernebelt, düster. So wurde auch immer wieder, und besonders in den letzten Jahren, regionales, aus grauer Vorzeit überliefertes Kulturgut aufgegriffen („Sagenlieder“ 2017), was fast wohltuend wirkt zwischen all den Nihilismus-, Kirchenverbrennungs-, Satans- und Germanenkult-Theatereien verschiedenster Genre-Kollegen. Wo andere auf Klischees rumreiten wollen, gehen VARULV halt in den dunklen Wald, kriechen in verwunschene Höhlen, besingen bedrohliche Felswände oder ziehen der Oma daheim einfach alte Märchen aus der Nase.

Klischee ist man sich im Black Metal natürlich immer auch selbst, und die Nesseln, in die man sich so mannigfaltig setzen könnte, sie sind überall. Weswegen hier auch nichts wirklich absolut Neues von statten geht. Aber im tiefsten Grunde ist „Kerker, Todt und Teyfl“ große, schwarzmetallische Handwerkskunst, aus mehrerlei Gründen. Der Sound drückt schön - man kann ausnahmsweise auch alle Teile vom Schlagzeug hören, die Riffs sind traditionell, doch oft nicht vorhersehbar (hier haben VARULV wahrscheinlich mehr mit alten BEHEMOTH gemein als mit DARKTHRONE, MAYHEM und anderen nordischen Dunkelheimern). Trotzdem tönt es nicht überproduziert aus den Speakern, nein – es ist schon fast herzerfrischend natürlich, erdig, als würde man der Band im Proberaum beiwohnen, als säße man mittendrin. Das eröffnende „Der Rattenpakt“ zeigt gleich mal, wo der Bartl die Sense schleifen lässt, „Alter Pfad“ hat fast schon Hitcharakter (nun, zumindest hat es ein einprägsames Gitarrenriff…), und für das kurze Intermezzo „Teyfl“ holt man alte, knorrige Streichinstrumente hinter dem ebenso knorrigen Schrank vor.

Zwecks der Übersicht ist die Thematik übrigens in drei Kapitel unterteilt, eben in Kerker, Todt und Teyfl, jeweils mit kleinem Intro. Ein Höllenritt wie „Der Leichenfresser“ ist für VARULV heutzutage aber ebenso selbstverständlich wie das gebremste Liedgut, etwa das schön genickschonende „Erwachen“. Die Band hat anscheinend über die Jahre gelernt, dass Black Metal ein relativ dehnbarer Begriff ist, dessen Kern man trotzdem immer herausziselieren muss und dessen Wesentliches man niemals aus den Ohren verlieren darf. Das machen Heimdall’s Auge, Woltan, Malthus und Irrah Den Fryktelige aber ganz gut, letzterer keift sich nach allen Regeln der Kunst die Seele aus dem geschundenen Leib, dass die Fenster sich mit Eis beschlagen, die Nadeln von den Tannen fallen und sämtliche Fledermäuse fluchtartig ihre angestammte Höhle verlassen. VARULV gelingt mit „Kerker, Todt und Teyfl“ ein relativ großer Schritt nach vorne, hoffentlich auch aus dem eigenen Schatten, und - ungelogen - auch eines der besten (heimischen) Black Metal-Alben der letzten Zeit, das man sich getrost von Beginn bis zum Ende ohne nennenswerten Aussetzer in die Gehörgänge blasen kann. Nein, muss.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Mike Seidinger (11.04.2020)

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