FRANK ROHLES - Trapped In A New World Pt.2

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VÖ: 06.12.2019
Bandinfo: FRANK ROHLES
Genre: Progressive Rock
Label: Eigenproduktion
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

"Trapped In A New World Pt.1" kam bei mir außerordentlich gut an und war meine persönliche Überraschung des an überdurchschnittlichen Veröffentlichungen wahrlich nicht armen 2019 (hier nachzulesen).

Nur drei Monate später erscheint bereits der zweite Teil des Konzept-Werkes. Diesmal zwar ohne Gesang von Michael Sadler, der bei  "Pt. 1" auf zwei Songs zu hören war. Er wird aber in den Credits unter "Overall lyrical editing & Guidance" gelistet.

Nach dem hochwertigen Vorgänger durfte man gespannt sein, ob das teils schwindelerregend hohe Niveau gehalten werden wird. Das Artwork ist zwar schlicht gehalten aber effektiv und natürlich dem ersten Teil angelehnt. Mit Brigitte Oehlke findet man auch auf dem zweiten Teil keine Unbekannte. Wer das Kölner "We Will Rock You"- Queen-Musical gesehen hat, dem durfte Brigitte als "Killer Queen" sicher mit ihrer Stimmgewalt aufgefallen sein. Das war die ultimative Besetzung finde ich.

Der zweite Teil des Konzeptwerks ist über weite Strecken etwas ruhiger ausgefallen als der Erstling, was aber nichts Schlechtes bedeuten muss. Das lange Intro zu "Follow Me To The Other Side" beginnt recht sphärisch und eher World-Music-Like mit Vogelzwitschern inklusive. Erzeugt auf jeden Fall Gänsehaut-Atmosphäre. Das kraftvolle Piano (die Tasteninstrumente wurden wieder von Franks Sohnemann Marc bedient) schlägt nach einiger Zeit in eine Hammond Orgel um, ehe Frank spoken-word mit "People delude, people betray, people deceive......" in den Song einführt. Beim nachfolgenden Solo meint man DAVID GILMOUR von Pink Floyd zu hören. Sehr geiler Gitarrensound. Nach knapp sechs Minuten nimmt der Song dann etwas mehr Fahrt auf, die Drums steigen ein und die Reise kann so richtig losgehen. Der Track steigert sich in seiner stolzen Länge von 13 1/2 Minuten zusehends, auch vom Härtegrad her, bis dann relativ spät im Stück die angesprochene Brigitte Oehlke den hymnischen Chorus veredelt. Ein echter "Wow-Moment".

An zweiter Stelle folgt der Titelsong. Wer hier beim Gitarrenintro nicht sofort an "Shine On You Crazy Diamond" von PINK FLOYD denkt, der hat in der Rockmusik-Schule nicht aufgepasst. Das ist schon fast ein bisschen zu arg "inspired by....", wobei das Ganze noch mit Flamenco-artigen Klängen untermalt wird. Der Song ist auch eher eine melancholische Nummer, der es ebenfalls auf eine stolze Spielzeit von knapp 12 Minuten bringt. Die Kunst, die Frank perfekt beherrscht, ist es, einen derart langen Song immer abwechslungsreich zu gestalten, sei es durch Rythmuswechsel, Gitarrenfills oder eine Gesangsmelodie, die man nun nicht unbedingt erwartet hätte. Allein das Gitarrenspiel sorgt für offene Münder. Hobbygitarristen wie ich sind da kurz davor, ihr Instrument für immer ad acta zu legen, weil man weiss, dass man nie so geil spielen können wird. 

"Life Thru A Lense" zieht den Härtegrad um einiges nach oben. Erinnert mich etwas (arg?!) an "I'm runnin'" von NEAL MORSEs Opus Magnum "The Similitude Of A Dream", auch die Choruszeile kommt darin vor. Bis zur Dreiminutenmarke ist das ein harter straighter Heavy-Rocker, der dann aber auch mit ruhigen Passagen aufwarten kann. Auch hier wieder tolle Rythmus-Wechsel und Ausflüge in Floydsche Klangwelten. Die QUEEN-Einflüsse sind auf vorliegender CD zwar weit geringer als auf der Vorgänger-CD aber auch hier gibt es Chöre und Brian-May-artige Soli, die dieser leider nicht mehr auf neuem Songmaterial so hinbekommt. Der mit 14:43 min Spieldauer längste Song des Albums.

Auf "I May Break Out Of Here" geht es etwas poppiger zur Sache. Der Song ist ziemlich akustisch gehalten, mit schön fließenden Piano-Parts, NEAL MORSE-Freunde werden hier wieder Futter finden. Durchaus denkbar, den Song gekürzt als Edit-Version (Ich weiß, das ist Blasphemie, aber dennoch...) für den Radioeinsatz auszukoppeln. Der heimliche Hit des Albums.

"I Need To Break Out" ist wörtlich zu nehmen. Im Vordergrund stehen hier klassische Passagen. Auch wenn das Orchester wohl kein echtes ist wurde hier vorzüglich daran gearbeitet, dies beinahe unbemerkt zu belassen. Der einzige Song, der mit einer Spielzeit von UNTER zehn Minuten aufwarten kann, erinnert in manchen Passagen (vor allem denen mit prominentem Geigeneinsatz) schon fast an DAVID GARRETT. Das meine ich nicht negativ, denn ich mag den Kerl (ja ich gebs zu!). Ein moderner Klassik-meets-Rock/Pop-Song. Überraschend aber gut.

"After This Journey" hat auch ein sehr langgezogenes, klassisch angehauchtes Intro, hier klingt Frank zu Beginn der Verse sehr nach NEAL MORSE, keine schlechte stimmliche Visitenkarte. Der Song hat was von DREAM THEATERs "The Spirit Carries On" vom Meisterwerk "Metropolis Part 2: Scenes From A Memory", langsamer Start und Steigerung bis hin zum Bombast Chorus a'la QUEEN zu besten Zeiten. Ein vorzüglicher Abschluss-Song.

Was bleibt: "Trapped In A New World Pt.2" ist kein bloßer Abklatsch des ersten Teils, sondern ein musikalisch leicht anders ausgerichtetes Album als der härtere erste Part. Vielleicht ist das Ganze etwas zu ruhig angelegt, die härteren Passagen sind eher in der Minderzahl, aber letztlich muss man die beiden Teile als Einheit sehen und da wird einem zum Teil wirklich atemberaubende Musik serviert. Die manchmal etwas arg deutlich zitierten Passagen könnte man nun als Kritikpunkt anführen, aber das wäre wie das Haar in der Suppe zu suchen. Fakt ist, dass die beiden Alben ein großes Publikum verdient haben und es an sich unfassbar ist, dass das Ganze hier als Eigenproduktion läuft, was man zu keiner Sekunde hört. Im Gegenteil.

Teil eins hat mir vielleicht einen Hauch besser gefallen, aber eine sehr gute 4 von 5 Punkten kann ich besten Gewissens vergeben. Wer auch nur ein bisschen was übrig hat für modernen, etwas softeren Progrock, der dürfte an beiden "Trapped"-Teilen seine helle Freude haben. Ich hatte (und habe) sie in jedem Fall, denn es wird noch einige Zeit dauern, ehe das Teil  ins CD-Regal einsortiert werden wird. 

                  

 



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Martin Weckwerth (17.12.2019)

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