DIE DORKS - Der Arsch auf deinem Plattenteller

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VÖ: 19.10.2018
Bandinfo: DIE DORKS
Genre: Punk
Label: Coretex Records
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Lineup  |  Trackliste

Lange drumrum geschlichen, nun wird es ernst! Der Arsch nimmt auf dem heimatlichen Plattenteller Platz und rotiert dort mit punkiger Markigkeit. Der sprichwörtliche Arsch, das sind DIE DORKS aus unserem schönen Nachbarland (Das ist aber keiner von euch da auf dem Cover... oder?!), die einfach mal gegen alles und jeden wettern, der da blöd kommt. Dabei bleiben DIE DORKS aber höchstens mit ihren Texten und ihrer Attitüde im Punk-Bereich, während sie musikalisch überraschend vielfältige Wege beschreiten.

Überhaupt, als Punk-Band ein Album zu machen, das mehr als eine Stunde Spielzeit besitzt? Und dann hat der kürzlich an den Saiteninstrumenten runderneuerte Vierer auch noch die Frechheit, Songs zu schreiben, die länger sind als Drei Minuten Fünfundvierzig! Wie kann man nur! Verständlich, dass der Producer, der übrigens gesagt hat, man bräuchte ein Instrumentalintro, (So heißt das Intro dann auch, „Der Producer hat gesagt, wir brauchen ein Instrumentalintro“) gleich fröhlich drauflos wettert, was DIE DORKS so alles im Verlaufe ihres Albums falsch machen. Was für ein Riesenhaufen Scheiße kann das nur werden? Ganz einfach, genau jenes dampfende Häufchen, das die Truppe gleich direkt auf ihrem Cover mit Wonne auf dem Plattenspieler platziert - und in der Folge dann das komplette Booklet konsequent mit sich selbst auf die Schaufel nehmenden Anmerkungen zupflastert.

So wie man sich das Grinsen angesichts des Booklets kaum verkneifen kann, wird man im Verlaufe des Albums dann gut unterhalten. Zwischen simplem Punkrock-Riffing bis hin zu MAIDENesken Twin-Leads offenbaren DIE DORKS eine durchaus beeindruckende Bandbreite, die deutlich verspielter einher kommt als der Genre-Einheitsbrei nach Schema F. Das macht „Der Arsch auf deinem Plattenteller“ vielleicht zu einem etwas kantigerem Album, das nicht immer ganz flüssig reinläuft, aber dafür längerfristigere Substanz erhält. Da fiedelt im Titeltrack schon einmal eine Violine in der Gegend herum, während „Mehr als nur verschwendete Jugend“ gar karibisches Feeling versprüht. Dann vermeint man sich gar in einem Country-Saloon wie im beschwingten „Weil es jeder von uns braucht“ mit Banjo-ähnlichen Klängen, und plötzlich geht es gar powermetallisch zackig dahin wie im lässig dahin galoppierenden „Der Stock im Arsch des Undergrounds“. Lediglich „Borderline Flashmob“ hakt ein wenig und das halbballadeske „Am Tresen einer anderen Stadt“ bremst sich ein wenig durch die Spielzeit. Obig angesprochene MAIDEN-Reminiszenzen findet man vor allem in „Barrikaden aus Fleisch und Blut“ und „Zeit der Lügengesten“, die beide recht metallisch orientiert einher kommen.

Die sozialkritischen Texte kommen dabei nicht zu kurz, wie die Breitseite gegen die scheinheilige Berliner Schickimicki-Gesellschaft (im groovigen „Zu lange Winter in Berlin“) oder in „Wenn die Angst zum Zeitgeist wird“, welches mit tatsächlich sehr intelligentem Text die allgemeine Panikmache anprangert. „Mach die Dorks aus Blues“ trägt seinen Titel zu Recht (ja, das „Blues“ im Titel hat seine volle Berechtigung) und zeigt einmal mehr die musikalische Vielseitigkeit, während im Vorbeigehen die Musikszene an sich ziemlich gründlich abgewatscht wird. Bei all dem erhobenen Zeigefinger ist aber auch Zeit für sinnbefreiten Klamauk, der einfach nur Spaß machen soll – stellvertretend dafür steht „Zu fett für deine Lederjacke“, das mit Ulknudel Wölfi von den KASSIERERN einen wie die Faust aufs Auge passenden Stargast hat und mit albernem Text den fröhlichen Niveaulimbo tanzt. Im „Hidden Dreck“ folgt dann – nomen est omen – noch eine eine Beschwerde über sinnlose Hidden Tracks um den thematischen Bogen, bei dem in alle Richtungen gut ausgeteilt wird, angemessen abzuschließen.

DIE DORKS sind durch und durch Punk – aber auch wieder sowas von viel mehr als Punk. Neben der musikalischen Vielfältigkeit, die sich nachhaltig aus dem Genresumpf erhebt, wird das Album vor allem durch die charismatische Stimme von Frontröhre Lizal getragen, die mit ihrem speziellen Stimmcoleur vielleicht nicht jedermanns Sache sein mag, aber dafür deutlichen Wiedererkennungswert besitzt. Wer seinen Punk nicht gern von der Stange mag und auch längeren Songs und musikalischer Wilderei in anderen Genres nicht abgeneigt ist, der sollte DIE DORKS mal auf seinem Radarschirm behalten.

 



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Anthalerero (08.10.2019)

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