ISTAPP - The Insidious Star

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VÖ: 26.04.2019
Bandinfo: ISTAPP
Genre: Black Metal
Label: Trollzorn / SMP Records
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Lineup  |  Trackliste  |  Credits

Die vergangenen Jahre haben uns und selbst die Skandinavier gelehrt: Bereits im April ignorieren die hochsommerlichen Temperaturen immer häufiger ihren einstigen Seltenheitswert und schlagen schon frühzeitig erbarmungslos auf's Gemüt. Und da es auf unserem schönen Planeten - speziell im aktuellen Zeitalter - von orangefarbenen Clowns mitsamt treudoof hinterhermarschierender Geißel, deren intellektuelle Aufnahmefähigkeit für Wissenschaft und Fakten äußerst limitiert ist, nur so wimmelt, müssen unkonventionelle Methoden geboren werden, um dem heimtückischen Stern über uns Paroli zu bieten. ISTAPP aus Schweden machen den Anfang und haben sich stolze vier Jahre im heimischen Blekinge verschanzt, um ihren Lösungsansatz auszutüfteln. Ergebnis? Das großartig gestaltete Artwork von Pär Olofsson spricht eigentlich für sich.

Ihren ureigenen Humor haben die vier Eiszapfen aus dem hohen Norden (naja, eigentlich liegt Blekinge geografisch gesehen quasi am südlichsten Rand Schwedens) in all der Zeit jedenfalls genauso wenig wie ihre kunstschaffenden Kompetenzen einbüßen müssen - und bleiben damit eine der positiven Randerscheinungen im (melodischen) Black Metal. Wie schon der fantastische Vorgänger "Frostbiten" leistet sich "The Insidious Star" eigentlich keine Aussetzer und zelebriert dabei so viele großartige Melodie- und Spannungsbögen, dass man ISTAPP fast schon eine gewisse Hitlastigkeit nachsagen könnte, ohne dahinter eine allzu böse Mission verstecken zu wollen.

Für den Hörer erscheinen diese eingängigen Harmonien sicherlich als vermeintlich simples Konzept, für den Künstler allerdings muss es ein schwieriges Unterfangen sein, immer wieder neue Ideen dieser Machart zu entwickeln. So oder so: Studiert man "The Insidious Star" genauer, wird man unfassbar viele kleine, in die meterdicke Eisschicht eingeschnitzte Details entdecken können, die fernab der Oberfläche für ein nachhaltiges Hörerlebnis sorgen. Hier treffen nicht einfach nur permafrostige Melodien auf klirrend kalten Black Metal ("Vita döden" und "The Alliance Of Cold"), nein, man findet beispielsweise auch Reminiszenzen von oldschooligem Heavy Metal ("Eternal Winter"), einprägsame Einzeiler Refrains ("Snowball Earth"), ungewohnt dominantes Keyboardspiel ("Muspelheim") und im Titeltrack gar ein Metal-historisches, ikonisches Zitat, das ich an dieser Stelle allerdings nicht verraten möchte - nur so viel: es hat mit MAYHEM zu tun.

Ebenfalls erfolgreich umgesetzt ist auch der Einsatz von geschmackvollen Clean Vocals, die irgendwo zwischen Vintersorg und Fornjot (GALAR) rangieren. Erstmals fällt das in den Verantwortungsbereich von Neuzugang Gangleri (seit 2016 allerdings schon) und das verleiht dem Material, besonders gut nachvollziehbar in "Dit solen aldrig når" und "Natten då Gud blundade (1888)", eine pointierte folkige Note, die glaubhaft in das Gebilde eingearbeitet wurde und dem ISTAPP-Kosmos eine weitere Dimension beifügt.

Trotz seltener Momente ("Orrekulle" z.B.), die mich nach wie vor noch etwas kalt lassen (>insert badumtss.gif here<) ist "The Insidious Star" ein stimmungsvolles Black Metal-Album mit echtem Seltenheitswert, weil es, außer ISTAPP eben, eigentlich sonst kaum eine Band gibt, die so ungeniert derart eingängige Melodien mit Black Metal verbindet und dabei trotzdem so stilbewusst komponiert. Es bleibt mir weiterhin ein Rätsel, warum die vier Schweden immer wieder ausgeklammert wurden, wenn es sämtlichen Jahresrückblicken zum Thema Black Metal kam, aber vielleicht betreiben die weissen Wanderer aus Blekinge schlichtweg noch zu wenig Mummenschanz mit Kapuzen und pseudo-rituellem Brimborium, wer weiß? Ihnen scheint das trotzdem völlig egal, denn: Winter is coming.



Bewertung: 4.0 / 5.0
Autor: Pascal Staub (24.04.2019)

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