YNGWIE MALMSTEEN - Blue Lightning

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VÖ: 29.03.2019
Bandinfo: YNGWIE MALMSTEEN
Genre: Blues Rock
Label: Mascot Records
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Lineup  |  Trackliste

YNGWIE MALMSTEEN hat noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass seine heimliche große Liebe der Blues ist. In der Vergangenheit schlichen sich immer wieder mal blues-inspirierte Songs in die Setlists - das waren dann immer die Momente, wo man beruhigt an die Bar gehen konnte, um sich frisches Bier zu holen. Zumal der Maestro dann auch mal gerne selbst zum Mikrofon griff und man sich nur eine einzige Frage stellte: Warum?

Warum? Nun, der Liebe wegen - die ließ nämlich trotz aller Kritik auch über die Jahre hinweg nicht nach und so war Yngwie sofort Feuer und Flamme, als seine Labelbosse ihm ein neues Coveralbum (wir erinnern uns an das gut gelungene "Inspiration" von 1996) vorschlugen. Allerdings sollte es diesmal doch bitte ein bluesiges Album werden.

Also begab sich Malmsteen an den freien Tagen zwischen seinen Touren immer wieder ins Studio um im Alleingang 14 Songs (zwei davon sind nur auf der limited Edition enthalten) einzugrooven. Klar, dass Hendrix' "Foxy Lady" (auf dem Backcover übrigens irrtümlich(?) als "Foxey Leady" tituliert) und "Purple Haze" hier nicht fehlen durften. Beides Themen, die Yngwie in der Vergangenheit gerne mal in seinen Shows verwurstete. Ebenfalls zweimal zu Ehren kommt Ritchie Blackmore, einmal mit "Demon's Eye" und gegen Ende mit der ewigen PURPLE-Zugabe "Smoke on the Water". Jo, eh!

All das ist ganz nett, dürfte aber weder MALMSTEEN-Addicts (zu denen sich der Verfasser dieser Zeilen irgendwie schon noch zählt), noch Fans der Originale (auch hier hebt der Verfasser dieser Zeilen artig die Hand) so wirklich vom Hocker reissen. Der erste richtige Höhepunkt kommt überraschenderweise mit dem ZZ-Top Klassiker "Blue Jean Blues". Hier transportiert Yngwie erstmals sowas wie ein Blues-Feeling, während die anderen Darbietungen eher Blues-Licks in Überschallgeschwindigkeit mit der wenigst möglichen Portion Feeling darstellen. Überraschung Nummer zwei folgt mit der George Harrison-Komposition "While My Guitar Gently Weeps". Auch hier entfernt sich der Schwede teilweise gefühlte 20 Kilometer vom Original, doch hier passen sowohl das Feeling als auch Malmsteens gewöhnungsbedürftige Stimme zur Interpretation. Zugleich wird klar: Höhepunkt erreicht, besser wird's (auf diesem Album) nicht mehr. "Paint It Black" von den STONES: Tausendmal besser gehört, hier bis zur Unkenntlichkeit entstellt. "Forever Man" von Slowhand CLAPTON: Ambitioniert, aber buchstäblich zu Tode produziert.

Neben den Coverversionen enthält "Blue Lightning" vier Eigenkompositionen: Der Titeltrack fügt sich gut in die Tributes ein. Eine Blues-Lastige Midtempo-Nummer mit ausufernden Soli. Wäre auf einem gewöhnlichen Album der typische "Ich mach was ich will, ätsch!"-Füller geworden.
Das Instrumental "1911 Strut" hebt sich von den restlichen Songs insofern ab, als es überhaupt nicht dazu passt. Ein Uptempo-Boogie mit dutzenden Arpeggios und Fingerübungen. Blues? Naja, rein theoretisch erkennbar. Praktisch aber nicht vorhanden.
"Sun's Up Top's Down" folgt gleich nach dem hervorragenden "While My Guitar Gently Weeps" und stinkt daher etwas mehr ab, als es die Nummer eigentlich verdient hätte. Mit einem bluesigeren Sound und einem nicht so fürchterlich getriggerten Schlagzeug wäre hier viel möglich gewesen.
"Peace, Please" ist der zweite rein instrumentale Song auf dem Album. Eine nette Halbballade, die mit Blues etwas so viel gemeinsam hat wie ein Ferrari mit spritsparender Fortbewegung.

Der gute Yngwie Malmsteen kann aus seiner Haut halt nicht heraus. Langsame, gefühlvolle Noten, wie sie der Blues zwingend verlangt, sind einfach nicht sein Ding. Das weiß man, und trotzdem hatte man Hoffnung. Doch leider verzichtet Malmsteen darüber hinaus auch auf andere sich bietende Möglichkeiten, mehr aus dem Experiment heraus zu holen. Alle Regler gefühlt voll auf die Zwölf und immer der gleiche eiskalte Metal-Sound (der zwar hier besser als auf vielen anderen Malmsteen-Alben ist, aber längst nicht das Optimum herausholt) machen das Album auch für Hardcorefans zu einem Staubfänger im Plattenregal. Um kurz mal ein Bier zu holen ist es zu lange und irgendwie fragt man sich wieder: Warum?



Bewertung: 2.0 / 5.0
Autor: adl (24.03.2019)

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