PORN - The Darkest Of Human Desires Act II

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VÖ: 22.02.2019
Bandinfo: PORN
Genre: Gothic Metal
Label: Echozone
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Lineup  |  Trackliste

Gleich mal vorweg: PORN hat nichts mit Porno zu tun! Jeder, der in die Richtung denkt, wird nach dem ersten Reinhören und vor allem beim Lesen der Texte sofort eines Besseren belehrt. Die Band leitet ihren Namen vom Album „Pornography“ von THE CURE ab. Mit der Kürzung in PORN begeben sich die Franzosen garantiert absichtlich in falsche Gewässer, was zu Vor- und Nachteilen führt. Den Bandnamen vergisst man nie, aber andererseits kann es für den einen oder anderen Fan schon mal peinlich werden, wenn man gefragt wird, was man denn grad hört. Dazu noch die unzähligen in die Irre gehenden Suchen bei Google und youtube – spannende Sache fürs Band Marketing. Da steckt auf jeden Fall jemand mit einem speziellen Humor dahinter.

Was oder wer ist nun PORN? Wo platziert sich die Band in der Musiklandschaft? Nach der Einleitung völlig klar: bei PORN steht weder ein Dildo am Mikro noch hört man Gestöhne aus dem Lautsprecher. Stattdessen erklingt mehr oder weniger harte und aggressive, aber auf jeden Fall dunkle, mulmig machende Musik mit Texten, die von den Abgründen der menschlichen Seele sprechen. Der Hörer bleibt mit einem Gefühl zwischen „geil“ und „uff“ zurück. O-Ton der Band zu ihrem Sound und den Inhalten: “Something like a beautiful, tasty fruit with a razor blade inside.”

Mastermind hinter dem Ganzen: Der ehemalige Psychologie und Soziologie Student Philippe Deschemin aka Mr Strangler. Wobei dieser Typ es vor allem mit der Psychologie hat, konkret mit der kranken Psyche des Menschen und all den Abgründen, die sich in einem verstecken. Philippe ist auch ein Fan von Gothic, Industrial und Metal Bands (PARADISE LOST, MARILYN MANSON, MINISTRY…). Insofern völlig logisch, dass er sich für die Umsetzung seiner Konzeptalben bei den düsteren, aggressiven Musikrichtungen bedient. Teilweise geht es soweit, dass man zweimal schauen muss, ob man nun wirklich PORN hört und nicht doch MARILYN MANSON, ROB ZOMBIE, oder MOONSPELL.

Seit der ersten EP sind 15 Jahre vergangen. Man machte ein Album und verarbeitete zwischendurch bekannte Songs wie „Call Me“ von BLONDIE zu genialen heavy Electro-Gothic-Werken oder versagte beim Cover von „Dream On“ von AEROSMITH, weil man bei weitem nicht das herausholte, was man hätte können.

Seit ein paar Jahren sind PORN auf „Murder Rock“ fixiert. Philippe stellte dafür ein Konzept für eine Album-Trilogie auf die Beine, bei der die Thematik „das Biest im Menschen“ behandelt wird. Irgendwie völlig an uns vorbei gegangen ist der erste Teil. „The Ogre Inside – Act 1“ erschien 2017, bestach durch eine brütende Gothic Atmosphäre und nahm den Hörer mit auf einen Trip in die düsteren, verwinkelten Ecken des Geistes. Da gibt es den Ogre, der einen auf die dunkle, wilde Seite ziehen und vereinnahmen will. Siehe dazu das beklemmende Video zum düster-schönen Gothic Titeltrack „The Ogre Inside“. Die Figur, um die es sich dreht, ist dieser ominöse „Mr. Strangler“. Der Mensch kann sich dem Druck der Außenwelt und seiner finsteren Bedürfnisse nicht entziehen und entwickelt sich zu dieser zweiten Person, die nun im zweiten Teil die Hauptrolle spielt. Ganz nach dem Vorbild diverser Figuren mit gespaltener Persönlichkeit, wie Dr. Jeckyll & Mr. Hyde.

In "The Darkest Of Human Desires - Act II" lässt Mr. Strangler seinen Wünschen freien Lauf, es gibt keine Grenzen, nur Abgründe und Schwärze, Mr. Strangler wird zum Mörder, sein Weg ist gezeichnet von Massakern, sein Totenkult ein Club, dem man beitreten soll. Die Personen, die Ideenlieferanten für die Songs sind bzw. in diesen beschrieben werden, sind Horrorfiguren/Massenmörder wie Charles Manson oder Jeffrey Dahmer. Und hier schließt sich der Kreis zum „Murder Rock“, weil eben die musikalische Untermalung zu dieser psychologischen Analyse mit düsteren, beklemmenden Melodien geliefert wird.

„Murder Rock“ und Massenmörder - eine Thematik, die sicher viele Fans des Dunklen und Morbiden anziehen wird. Wer jetzt aufgrund der Beschreibung des Albums oder beim Reinhören in alte Songs auf den Geschmack gekommen ist, den muss ich leider ein wenig enttäuschen. Dieser „Act II“ ist musikalisch nicht ganz so gut gelungen. Auch wenn ich davon ausgehe, dass ich vielleicht nicht das Original höre, sondern ein vorab zur Verfügung gestelltes Album, bei dem der Sound noch nicht 100 % fertig abgemischt ist, lässt es zu wünschen übrig. Mich stört, dass ein großer Teil des Albums eine Art Soundklau ist. Zu viele Melodien und Stile, die von berühmten Gothic Wegbereitern bekannt sind, werden zu eigenen Songs gemacht. Es mag für die Band nett sein, ihre Idole zu würdigen, aber ich erwarte mir schon etwas mehr Eigenständigkeit.

Der Opener geht noch, das ist eine gute Kombination aus Industrial und Gothic - einerseits hämmernde Beats, andererseits leidende Vocals mit dazu passendem düsteren Soundkleid von Gitarre, Bass und Keyboard. Bei „My Rotten Realm“ wird zum Industrial eine punkige Attitüde dazu gemischt. „Eternally In Me“ ist eine düstere Elektro-Hymne, die mit entsprechender Lautstärke ziemlich unter die Haut geht und für gruselige Stimmung sorgt. Für mich eine der besten Nummern des Albums. Aber "Abstinent Killer" fällt ab und ist fast zum Einschlafen und auch der letzte Song "The Last Of a Million" ist eine zu angepasste Nummer im Stile von SISTERS OF MERCY.

„Soundklau“:
Bei „Evil 6 Evil“ hört man THE CURE raus, es besteht ein gewisser Retor-Vibe.
Das kraftvolle, dunkle wummernde „Here For Love“, wo die Anleihen zu MARILYN MANSON nicht zu überhören sind.
„Tonight, Forever Bound“, “The Radiance Of All That Shines”: SISTERS OF MERCY

Fazit: PORN versuchen eine Kultfigur wie MARILYN MANSON zu sein, aber das klappt nicht. Nur entsprechende Titel und Lyrics zu haben, ist zu wenig. Das gehört musikalisch entsprechend glaubwürdig umgesetzt und vor allem mit eigenen Ideen versehen. Hier mangelt es gewaltig an Höhen und Tiefen und in weiterer Folge an der Umsetzungskraft.

 



Bewertung: 2.5 / 5.0
Autor: Lady Cat (09.03.2019)

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