KÄRBHOLZ - Herz & Verstand

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VÖ: 08.03.2019
Bandinfo: KÄRBHOLZ
Genre: Punk Rock
Label: Metalville Records
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Lineup  |  Trackliste

Punkiger Deutschrock hat ja, dank einiger nicht unbedingt unbekannter Kapellen, seit jeher einen eher zweifelhaften Ruf. Dennoch gibt es immer noch Bands, die sich nach Kräften bemühen, dem Klischee entgegenzusteuern und dem Deutschrock den Nimbus der assigen Proll-Musik zu nehmen. KÄRBHOLZ sind eine dieser Gruppen, die dem Rezensenten in der Vergangenheit bereits des Öfteren positiv aufgefallen sind und die nun, nach dem von 2017 datierenden Vorgänger „Überdosis Leben“ und der Neuaufnahme des Debüts „Spiel des Lebens“, mit dem brandneuen „Herz & Verstand“ vorstellig werden.

Natürlich ist eine Portion schrammeliger Riffs und obligat windschiefen Gesangs an Bord, doch KÄRBHOLZ bringen die Sache einmal mehr charmant und augenzwinkernd rüber, auch wenn man mit dem Saufsong „Alle Systeme auf Vollgas“ schon mal kurz im Niveaukeller vorbeischaut. Muss ja auch mal sein. Im Gegenzug dazu wird der Intellekt im Video zu „Keiner befielt“ befeuert, wo die Band unterstützt von ungewöhnlich aggressiv-metallischen Klängen die Shopping-Kanäle herzhaft aufs Korn nimmt – spätestens, wenn RAMMSTEIN-like die Kettensäge geschwungen wird, hat das kurze Filmchen das Potenzial, so richtig abgefeiert zu werden.

Zwischen klassig schmissige Punkrocker, wie den beiden Auftakt-Ohrwürmern „Tabula Rasa“ und „Musizin“, mischen sich auch sanftere Töne, wie im beschwingten „All meine Narben“, und in „Mutmacher“ wird eine dem Titel des Songs entsprechende Message transportiert. Bisweilen hakt hier vielleicht das Reimschema ein wenig, doch dafür gibt es massig ins Ohr gehende Melodien, die man nicht so schnell wieder loswird. Am stärksten präsentieren sich KÄRBHOLZ, wenn sie für ihre Begriffe kantiger zu Werke gehen, was vielleicht in „Zwischen uns“ noch recht holprig wirkt und nicht so recht zünden will, dafür im Uptempo bei „Mein persönlicher Krieg“ und vor allem „Falsche Alternativen“, das mit astreinem teutonisch geprägtem Powermetal-Riff böllert, ganz gewaltig Stoff gibt. Die beschwingten Country-Experimente des Vorgängers sind in gut gesetzten homöopathischen Dosen nach wie vor eingegliedert und bereichern das musikalisch erstaunlich vielfältig gewordene Album.

Ein paar durchschnittliche Titel wie „Herztier“ oder „Meine Melodie“ runden das Album ab, während ein Song wie „Gewitter“ konträr zum den vielen aufbauenden Texten einigermaßen fatalistische Züge aufweist, indem er direkt vom Schlimmsten ausgeht, gegen das sich der Protagonist natürlich herzhaft auflehnt. Das „Underdog – wir gegen die anderen“-Prinzip wird damit nicht über die Maßen strapaziert, was KÄRBHOLZ weiterhin angenehm von der Masse der dauerbeleidigten Deutschrock-Bands abhebt.

Selbst wenn man sich nicht zur Klientel solcherart schmissiger, mitgrölfähiger Klänge zählt, sollte man KÄRBHOLZ' neuem Album „Herz & Verstand“ eine Chance geben. Es könnte sein, dass man frei von Genrevorurteilen positiv überrascht wird und ein starkes Scheibchen vorfindet, das einem so manches verschmitzte Lächeln und so einige Ohrwürmer bescheren kann.

 



Bewertung: 3.5 / 5.0
Autor: Anthalerero (06.03.2019)

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